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Frankreichs Staatschef Macron vor dem US-Kongress.

Foto: Win McNamee/Getty Images/AFP

Washington – Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat sich zum Abschluss seines USA-Besuchs äußerst pessimistisch zur Zukunft des Iran-Abkommens gezeigt. Zwar wisse er nicht genau, was US-Präsident Donald Trump bezüglich des Abkommens entscheiden werde, er rechne aber mit einer Aufkündigung der Vereinbarung durch Trump, sagte Macron am Mittwoch laut US-Medienberichten bei einer Pressekonferenz in Washington.

Er glaube, dass Trump "diese Vereinbarung aus innenpolitischen Gründen eigenständig loswerden wird", sagte Macron. Er sei nicht "eingeweiht", höre aber zu, was Trump sage. "Und es erscheint mir so, dass er nicht besonders erpicht darauf ist, es zu verteidigen", sagte Macron mit Blick auf das Abkommen.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat am Mittwoch seine mit Spannung erwartete Rede vor den beiden Kammern des US-Kongresses gehalten. Dabei beschwor er die gemeinsamen Werte Frankreichs und der USA.
ORF

Trump droht mit der Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran, sollte die Besorgnis über das iranische Raketenprogramm und die Rolle des Landes in regionalen Konflikten nicht stärker thematisiert werden. Er muss bis zum 12. Mai aufgrund der Vorgaben eines US-Gesetzes entscheiden, ob er die im Rahmen der Atom-Vereinbarung ausgesetzten Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft setzt oder nicht.

Leidenschaftliches Bekenntnis

Zuvor hatte Macron mit einem leidenschaftlichen Bekenntnis zu multilateraler Zusammenarbeit die USA dazu aufgerufen, die nach 1945 geschaffene liberale Weltordnung mit aller Kraft zu verteidigen – und dabei nicht mit Kritik an Politikern gespart, die einem Rückzug hinter nationalistische Schranken das Wort reden, so wie Donald Trump es im Wahlkampf gepredigt hatte.

Der französische Präsident spricht vor beiden Kammern des Kongresses – dies ist eine Ehre, die Washington in aller Regel nur engen Verbündeten zuteil werden lässt. Er beginnt mit einem Bonmot, indem er von dem Philosophen Voltaire und dessen amerikanischem Gast Benjamin Franklin erzählt. Die beiden hätten sich nicht nur die Hände gereicht, sondern einander auch umarmt und die Wangen geküsst, gibt er einen Zeitzeugen wieder. "Das könnte Sie an etwas erinnern", fügt er schmunzelnd hinzu und spielt auf die Verbrüderungsszenen mit Trump an, wie sie die Optik seines Staatsbesuchs prägten. Was dann folgt, ist eine robuste Abrechnung mit Populisten, die zwar Ängste schüren, aber nichts Konstruktives anbieten.

Westliche Werte "bedroht"

"Im Kern sind unsere westlichen Werte bedroht. Wir können keinen Erfolg haben, wenn wir unsere Prinzipien vergessen", mahnt Macron. Gerade gewählte Volksvertreter müssten demonstrieren, dass die Demokratie die beste Antwort auf Fragen und Zweifel sei. Die neue Weltordnung des 21. Jahrhunderts basiere auf Grundsätzen, denen Amerikaner und Europäer nach dem Zweiten Weltkrieg gemeinsam zur Geltung verholfen hätten, allen voran die Herrschaft des Rechts.

In markanten Sätzen spricht Macron von sozialer Ungleichheit, die sich im Zuge der Globalisierung verstärkt habe, er spricht von der Destabilisierung durch neue Mächte und kriminelle Akteure. "All diese Risiken lasten auf unseren Bürgern, in Amerika wie in Europa. Wir leben in einer Zeit der Wut und der Angst." Mit Wut und Angst könne man vielleicht für eine gewisse Zeit spielen, nur baue man damit nichts auf, sagt er, um als Nächstes Franklin Delano Roosevelt zu zitieren.

Multilateralismus verteidigen

"Das Einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht selbst", hatte der frisch gewählte US-Präsident seiner Nation 1933, in der Talsohle der Weltwirtschaftskrise, neuen Mut eingeflößt. Als der Gast aus Paris Roosevelts Worte wiederholt, wird er mit stehenden Ovationen gefeiert. Man könnte sich theoretisch für Isolationismus, Rückzug und Nationalismus entscheiden, für eine verführerische Medizin, um die Schmerzen zu lindern, sagt er. Das aber würde die Ängste der Bürger nur schüren, statt das Feuer zu löschen. Wer Türen schließe, werde nicht stoppen, was in der Welt passiere. "Wenn Sie mich persönlich fragen, ich teile sie nicht, diese Faszination für starke Mächte, für den Verzicht auf Freiheit und die Illusion des Nationalismus." Die Vereinigten Staaten, betont Macron, hätten den Multilateralismus erfunden, nun müssten sie das Land sein, das ihn bewahre und neu erfinde.

Kein Planet B

Handelskriege seien keine Antwort, wendet er sich gegen protektionistische Barrieren, wie auch Trump sie errichtet, zuletzt mit Zöllen für Stahl und Aluminium. Die Welthandelsorganisation habe Regeln aufgestellt, diese Regeln gelte es zu befolgen. Er hoffe, sagt er, dass Amerika dem Pariser Klimavertrag eines Tages wieder beitreten werde. Die Differenzen, die es beim Thema Klimaschutz gebe, seien nur kurzfristig, "denn auf lange Sicht haben wir es mit denselben Realitäten zu tun". Man wohne nun mal auf demselben Planeten, einen Planeten B gebe es nicht. (Frank Herrmann aus Washington, 25.4.2018)