Keine Freunde von George Soros: Norbert Hofer, Heinz-Christian Strache, Barbara Rosenkranz (von links).

foto: apa/techt

Wien – Es gebe "stichhaltige Gerüchte", dass George Soros daran beteiligt sei, "gezielt Migrantenströme nach Europa zu unterstützen": Mit derlei Interviewäußerungen gegen den Gründer der Open Society Foundations ist der freiheitliche Klubobmann Johann Gudenus nicht der erste hochrangige FPÖ-Repräsentant, der derlei Verschwörungstheorien öffentlich verbreitet. Aber Gudenus ist der Erste, der das für die Leser eines bürgerlichen Mediums wie "Die Presse" tut.

Am Dienstag distanzierte sich Kanzler Sebastian Kurz von Gudenus' Aussagen. Er lehne sie, wie sie ja auch von Ungarns Premier Viktor Orbán verbreitet werden, "klar ab". FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprang dagegen Gudenus zur Seite und betonte, dass es sich um sachliche Kritik "abseits jeder Konfession" gehandelt habe, womit er indirekt den Vorwurf des Antisemitismus gegen seinen Parteifreund zurückwies.

Tatsächlich fallen Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) nur dezidiert rechte Publikationen ein, in denen FPÖ-Politiker Derartiges davor zum Besten gaben. So publizierte etwa das Magazin Alles Roger? im Oktober 2017 ein Doppelinterview mit FPÖ-Chef Strache und seinem Vize Norbert Hofer. Zwei Monate vor Abschluss des Koalitionsvertrags mit Sebastian Kurz' ÖVP zog Hofer darin über Soros und Kurz gleichzeitig her.

Hofer bekräftigt Aussage: "Das weiß man"

Auf die Frage, was beide FPÖler "zu der Verbindung zwischen Kurz und Soros" sagten, der "Lenker der Masseneinwanderung und ein Förderer von Kurz" sei, antwortete Hofer: "Soros steuert mit Sicherheit einiges auf der Welt, auch die Flüchtlingsströme. Das weiß man." Kurz wiederum sei "gerade bei Henry Kissinger gewesen". Auch hier bestünden "gute Verbindungslinien zu Soros".

Auf die Frage, ob er das heute immer noch so sieht, sagte Hofer am Dienstag zur APA: "Ich glaube, dass Kritik an einer Person gerechtfertigt sein darf, dass diese Kritik aber niemals überzogen sein soll." Wie lautet also die Kritik? "Was ich damals gesagt habe, muss erlaubt sein – persönliche Haltungen kritisch zu sehen." Auch was Gudenus gesagt habe, müsse erlaubt sein zu sagen. Hofer sagte auch, er habe für sich "entschieden, hier nicht weiter zu emotionalisieren, damit hier Ruhe hineinkommt".

"Wichtig" ist für Hofer auch folgendes: "Wenn mich jemand kritisiert, dann ist es keine Kritik an der evangelischen Kirche, ich bin evangelisch. Wenn jemand Soros kritisiert, dann ist das nicht automatisch eine antisemitische Haltung. Da muss man schon unterscheiden. Da soll man nicht sofort eine Haltung sehen, die wir in Österreich nicht haben", so Hofer zu Vorwürfen des Antisemitismus in Aussagen gegen Soros.

Je rechtslastiger ein Anti-SorosKommentar, umso drastischer die Formulierungen und vermittelten Bilder, sagt DÖW-Mitarbeiter Weidinger. Dann ist rasch von angeblichen Todesgefahren für weiße Europäer die Rede.

Drohende "Ausrottung"

So in einem dem Standard vorliegenden Facebook-Eintrag der langjährigen FPÖ-Politikerin Barbara Rosenkranz, die die Partei im August 2017 verließ: "Wenn wir es zulassen, werden die Soros-,Zivil'-Organisationen mithilfe der muslimischen Barbaren die europäische, weiße, christliche Zivilisation ausrotten – wie es Absicht von Soros ist", teilte sie im Mai 2017 den Text eines Ungarn.

"Es handelt sich hier um eine Aneinanderreihung typischer antisemitischer Klischees ", sagt die Sprachwissenschaftlerin und Vorurteilsforscherin Ruth Wodak. Da gebe es das Traditionelle Stereotyp der Weltverschwörung, also "mächtiger jüdischen Lobbys", die ganze Regierungen in der Hand hätten: "In der Waldheimaffäre wurde auf "die Ostküste" angespielt, mit einem ganz ähnlichen Vorurteilsinhalt.

Wodak: "Früher Rothschild, heute Soros"

Verbunden werde dies mit dem Stereotyp des "reichen jüdischen Kapitalisten". Wodak: "Früher war Rothschild die Zielscheibe, heute Soros. Das führe zu falschen Vereinfachungen, "als ob ein Einziger, Soros, für die Fluchtbewegung aus Kriegsgebieten verantwortlich sein könnte".

Dass derlei Ansichten nun auch hierzulande in der "rechten Ecke" geäußert würden, ist laut Wodak sehr bedauerlich, aber nicht überraschend: "Ein Sündenbock und Feindbild haben sich verselbstständigt und werden politisch instrumentalisiert". (Irene Brickner, APA, 24.4.2018)