Im Frühling blüht Balkonien, das wunderbare Land knapp außerhalb der eigenen vier Wände, wieder sichtbar auf. Mehr als die Hälfte aller Haushalte in der Alpenrepublik verfügt über einen Balkon oder eine Terrasse – die meisten davon, das hat eine Bestandsaufnahme der AMA-Marketing ergeben, in Tirol und Salzburg. Aber auch in Wien soll bereits jeder zweite Haushalt ein paar Quadratmeter zum Begrünen haben. Neben den Klassikern wie Geranien, Begonien und Petunien werden immer öfter Stauden, Kräuter, Gemüse und sogar Obstgehölz in einen Topf geworfen, wo sie sich prächtig entwickeln. Urbanes Garteln ist angesagt wie nie zuvor, Messen und Tauschbörsen für rare Pflanzen abseits kommerzieller Sortimente boomen. Nicht immer geht auf, was angesetzt wurde. Doch wer einmal eine Tomate von der eigenen Rispe geerntet hat, ist der Idee der Selbstversorgung auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Aber Vorsicht: Die Eisheiligen kommen erst Mitte Mai.

Petra Eder

Marienkäfer sind nicht nur schön anzusehen, sie fressen auch Blattläuse. Marienkäferlarven sind leider ganz und gar nicht hübsch und wurden zu Beginn unserer terrassengärtnerischen Laufbahn radikal entfernt. Bis ich auf einer Gartenseite ein Foto der "begehrten Nützlinge" fand. Mittlerweile werden die hässlichen schwarz-orangen Larven gehegt und gepflegt und händisch vom Salbei zur Rose und zur Chilipflanze getragen, um sich an Läusen sattzufressen. Bis sie sich verpuppen und zu Marienkäfern werden.

Hübsch und nützlich: Marienkäfer fressen Blattläuse.
Foto: Michael Simoner

Florian Vetter

"Weil der Knöchel vom Sport eh noch wochenlang marod ist und man quasi zum Daheimhocken gezwungen ist, bietet es sich ein neuerlicher Versuch an, den devastierten Balkon frühlingsfesch zu machen. Es muss Saatgut sein fürs Gemüse. Die Arbeit soll Früchte tragen, für einen schönen Anblick reichen auch ein paar Kunstpflanzen. Als Ahnungsloser setzt man sich wie im Vorjahr Paradeiser in den Kopf. Was unterschätzt wird: Vielen normalen Gemüse- und Kräutersorten gefällt es auf dem Balkon nicht, weil es dort oft zu windig ist, sagt der Berater in der Gärtnerei. Deshalb versuchen Sie bitte immer, in kompakten Formen anzubauen. Das gilt vor allem für empfindliches Gemüse wie Paradeiser oder Gurken, die neben viel Sonne auch einen windgeschützten Platz wollen. Das wird wieder nix. Ein Topf Basilikum bleibt das Höchste der Gefühle."

Bei guter Pflege erntet man auch mal ein Smiley (Ranke einer glücklichen Gurke).
Foto: Michael Simoner

Bettina Pfluger

Am Wochenende war es so weit. Sonnenschein. Frische Erde, frische Blumen – weil komischerweise selbst die winterharten Pflanzerln bei uns am Balkon w. o. gegeben haben. Und endlich ein Megatopf für meinen Apfelbaum (das bin ich im Baumhoroskop). Er hatte eine Umtopfung schon schwer nötig. Kaum fertig, die Stimme vom Mann: Der Baum sollte einmal gedreht werden, dann steht er besser. Befehl ausgeführt. Gefällt mir aber nicht. Noch eine Drehung. Auch nicht besser. Noch zwei Mal das 50-Kilo-Teil gedreht. Der Baum steht jetzt wie vorher, und die ersten Knopsen lassen mich die dabei entstandenen Rückenschmerzen wieder vergessen.

Auch Bienen mögen Apfelblüten.
Foto: apa

Birgit Baumann

Blattläuse, Millionen kleine Käfer im Terrakottatopf, fehlende Blüten, gelbe Blätter, wo grüne sein sollten – alles hat einem schon die Laune verdorben. Die Lösung: Man macht – auf gut Berlinerisch – nüscht mehr. Gar nix. Was immer Freunde an Samen mitbringen oder der Wind von den Nachbarbalkonen daherträgt, es ist willkommen. Nur herbei, die Erde wartet. Und es kommt jeden Frühling irgendwas und entwickelt sich prächtig. Mannshohe Sonnenblumen sind wild erwachsen, ebenso Gräser und sogar eine Hainbuche. Man staunt und merkt: Wer nichts tut und loslässt, wird umso mehr belohnt.

Blattläuse können zur Plage werden.
Foto: APA

Karin Tzschentke

Raus aus der Wohnung, nur zwei Schritte über den Hausgang, Glastür öffnen – und schon grüßt der Kahlenberg aus der Ferne. Zurzeit wird mein Blick auf den Wiener Hausberg von kräftigen grünen, gelben, rosa und blütenweißen Farbklecksen behübscht, untermalt von emsigem Vogelgezwitscher. Keine 2,5 Quadratmeter ist es groß, mein kleines Himmelreich im ersten Stock eines Ottakringer Gründerzeithauses. Doch bietet der von mir zum innerstädtischen Erholungsort erhobene Klopfbalkon, der früher sein Leben als Teppichreinigungsknecht fristen musste, genügend Platz für eine kleine Bank und ein Tischchen. Im Sommer sitze ich des Abends an diesem schattigen Ort oft mit einem Glas Wein oder Bier, lese Zeitung oder lasse meine Gedanken über die Stadt fliegen. Die in zwei hellgrünen Kästen gepflanzten Geranien und Kräuter würden bei einem Wettbewerb zwar nicht einmal einen Blumentopf gewinnen. Doch geben sie sich reichlich Mühe, mit ihrem Nachwuchs das Grau der Mauern zu übertünchen und mich zu erfreuen. Gartenglück in Kleinstausführung.

Der Klassiker auf Balkonien: Geranien.
Foto: APA

Michael Hausenblas

Als ich einzog, glaubte ich, die alte verglaste Pawlatsche wäre zum Anlegen eines kleinen Garten Eden geschaffen. Mir träumte von einem Paradiesgärtchen, von My-own-private-Schmetterlinghaus. Einen Sommer lang brauchte ich, um zu erkennen, dass sich dieser Ort als teuflischer Ableger der Sahara entpuppte. Lediglich einer hat seit jenen Tagen da draußen überlebt: ein Ohrenkaktus, der mir treuer Begleiter ist und noch immer ein Ohr für mich hat, nachdem all die floralen Schattenparker längst ihre grünen Patschen streckten.

Regelmäßiges Gießen verhindert die Verwüstung der Balkonflora.
Foto: AFP/Senna

Bianca Blei

Einmal an Rosmarin geschnüffelt, und schon befindet man sich am Mittelmeer, trinkt ein Gläschen Wein in der Abendsonne und hört das Lied der Singzikaden. Doch der Rosmarinbusch auf meinem Balkon erwidert diese meine Liebe nicht. Oder besser gesagt: die Büsche. Denn selbst nach stundenlangen Recherchen im Internet schaffe ich es nicht, diese Pflanze zufriedenzustellen. Nach maximal einer Woche tritt der langsame Tod ein, und die verdörrten Äste erinnern mich zum wiederholten Mal an mein Versagen. Jetzt weiß ich, dass es der mediterrane Duftbusch eher trocken braucht. Nur mir fehlt die Geduld. Ich gestehe: Ich bekomme Panik bei trockener Pflanzenerde, und so ertappe ich mich immer wieder dabei, wie ich ihm ein wohlgemeintes Gläschen in den Topf kippe – inklusive flehender Worte, doch dieses Mal durchzuhalten. Unerkannte Staunässe ist die Folge, und ich trete wieder den Walk of Shame zur Biotonne an. An meinem Geburtstag vergangene Woche überraschte mich meine bessere Hälfte. Mit einem satt-grünen Rosmarinbusch. "Probieren wir es noch einmal", waren ihre Worte als sie mich anlächelte. Nun gut. Probieren wir es noch einmal.

Rosmarin will gekonnt, also wenig gegossen werden.
Foto: Robert Newald

Eric Frey

Es sollte das Leben mit Terrassenpflanzen eigentlich erleichtern: das elektronisch gesteuerte Bewässerungssystem Marke Gardena. Aber so sicher bin ich mir nicht. Einmal verrutscht eine Halterung, und eine Pflanze wird so lange nicht bewässert, bis sie sich braun färbt. Da um sechs Uhr früh gespritzt wird, merkt man das vorher nicht. Ein andermal reißt ein Schlauch, und der Wasserstrahl landet auf der Wäscheleine des Nachbarn. Es lebe der gute alte Gartenschlauch!

Bewässern auf dem Balkon kann zur Dusche für die Nachbarn werden.
Foto: APA

Stefanie Ruep

Ein lauschiger Abend auf der Loggia zwischen duftenden Kräutern. Nur ein ungebetener Gast stört mit dem Sonnenuntergang den gemütlichen Feierabend. "Sirrr" – man hört die stechende Gefahr bedrohlich näherkommen. Die Gelsen wollen zu Abend essen. Doch es ist ein Strauch gegen die lästigen Blutsauger gewachsen: Tomaten. Der Geruch der Staude vertreibt die Stechmücken. Die selbstangebauten Cherrytomaten gehören deshalb seit Jahren zu den Fixstartern auf dem Balkon. Zum Naschen und als Abwehr.

Bild nicht mehr verfügbar.

Gelsen wollen das Leben auf dem Balkon ebenfalls genießen. Tomatenstauden mögen sie angeblich nicht.
Foto: Reuters

Walter Müller

Eines Sommertages sahen wir ein Blattstück durch die Luft fliegen. Da war noch etwas Lebendiges dran: eine Biene. Eine Biene, die Blätter absägt? Der Forschergeist war geweckt: Es waren Blattschneiderbienen, auch Tapezierbienen genannt, die die grüne Weinwand devastierten. Sie tapezieren – erzählt uns Wikipedia – ihre Nester mit Blattstücken aus. Wieder etwas gelernt über die Natur. Mitten in der Stadt.

Die Blattschneidebiene säbelt so manches Blatt ab.
Foto: imago

(simo, 21.4.2018)