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Viele Menschen wollen verhindern, dass Gras über die Sache wächst. Dort, wo das Auto von Daphne Caruana Galizia explodierte, erinnert heute eine kleine Gedenkstätte an die Enthüllungsjournalistin.

Foto: Reuters / Darrin Zammit Lupi

Valletta/München/London/Wien – Ein halbes Jahr nach dem Mord an der maltesischen Enthüllungsjournalistin Daphne Caruana Galizia erhöht sich in Europa der Druck auf die Ermittlungsbehörden. So fordert unter anderem Dunja Mijatović, Kommissarin für Menschenrechte im Europarat, verstärkte Bemühungen bei der Aufklärung des Falls: "Sechs Monate nach dem Mord sieht es so aus, als ob Maltas Behörden bei der Identifizierung der Hintermänner keinerlei handfeste Fortschritte gemacht hätten", erklärte Mijatović.

Die Kritik wurde unmittelbar nach der Publikation erster Enthüllungen im Rahmen des sogenannten Daphne-Projekts laut. Die Initiative, an der unter anderem die "Süddeutsche Zeitung", der britische "Guardian", die französische Zeitung "Le Monde", die "New York Times" und die Nachrichtenagentur Reuters beteiligt sind, war ins Leben gerufen worden, um Galizias Recherchen fortzuführen.

So hatte etwa die "Süddeutsche Zeitung" am Mittwoch einen Artikel veröffentlicht, der sich kritisch mit der Vergabe maltesischer Pässe an reiche Ausländer auseinandersetzt – eines der vielen Themen, die Galizia im Visier hatte. Gegen die Zahlung von mehreren Hunderttausend Euro würden die EU-Pässe vor allem an Interessenten aus Russland, China und Saudi-Arabien vergeben werden, heißt es in dem Bericht.

Gekaufte Staatsbürgerschaft

An sich sind die Vorwürfe nicht neu. Malta hat bereits 2013 begonnen, zahlungskräftige Kunden zu EU-Bürgern zu machen, und sich dabei heftige Kritik zugezogen – unter anderem vom Europäischen Parlament, von der Europäischen Kommission und nicht zuletzt von Europol. Deren Befürchtung: Die neue Staatsbürgerschaft könnte dabei helfen, Sanktionen zu umgehen, Steuern zu vermeiden oder Schwarzgeld zu verstecken. Später, im Zuge der Recherchen über die Panama Papers, wurde jedoch auch der Vorwurf laut, Gelder aus einer Offshore-Gesellschaft seien an den Stabschef von Maltas Premier Joseph Muscat geflossen. Der mutmaßliche Konnex zu der Affäre um die Staatsbürgerschaften: Die Firma soll einem maltesischen Finanzberater gehören, der Pässe seines Heimatlandes an Kunden vermittelte.

Außerdem berichtet die "Süddeutsche" von einer Anwaltskanzlei auf der Kanalinsel Jersey, die Maltas Pass-Programm angestoßen habe. Diese habe auch Kontakt zur Muttergesellschaft von Cambridge Analytica gehabt, jener Firma, die im Zentrum des Skandals um Facebook-Daten steht. Daphne Caruana Galizia, die in der Causa recherchiert hatte, sei von der Anwaltskanzlei und der maltesischen Regierung juristisch massiv unter Druck gesetzt worden. Allerdings seien zum Zeitpunkt ihrer Ermordung insgesamt 47 Verleumdungsklagen gegen sie anhängig gewesen.

Sorge um den Rechtsstaat

Entsprechend kompliziert gestaltet sich die Suche nach den Hintermännern. Derzeit gibt es lediglich drei unmittelbar tatverdächtige Männer. Sie sollen die Bombe unter dem Fahrersitz des Autos platziert haben, die die Journalistin Mitte Oktober 2017 in den Tod riss.

Die portugiesische EU-Abgeordnete Ana Gomes, die nach dem Mord eine Parlamentsdelegation zur Prüfung der Rechtsstaatlichkeit in Malta angeführt hatte, rief nun den dortigen Polizeichef persönlich zu mehr Engagement auf: Per Videobotschaft fordert sie, die Behörden sollten ein Auge auf all jene werfen, die "ein Motiv hatten, Daphne zum Schweigen zu bringen". (schub, 20.4.2018)