Die Baustellen am Arbeitsmarkt sind vor allem auch Sache der Regierung.

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Beim Arbeitsmarktservice wird der Ball nun flachgehalten. Ein Eklat wurde bei einem Treffen der Regierungsspitze mit den AMS-Vorständen vermieden, die Ablöse von Johannes Kopf und Herbert Buchinger steht vorerst nicht zur Debatte. Vielmehr sollen bis zum Sommer Reformen ausgearbeitet werden. Das erweckt auf den ersten Blick den Eindruck, dass die Regierung das heikle Thema Arbeitsmarkt erst einmal vom Tisch haben will.

Tatsächlich agiert das Kabinett von Kanzler Sebastian Kurz auf dem Gebiet ziemlich unglücklich. Gleich nach Angelobung der Koalition leistete man sich einige Schnitzer rund um die Abschaffung der Notstandshilfe und löste eine heftige Debatte über eine angeblich geplante Einführung des deutschen Grundsicherungssystems Hartz IV aus. Dann folgte das Tauziehen um das AMS-Budget, das in eine saftige Kürzung der Integrationsmittel für Flüchtlinge mündete. Der vorläufige Gipfel war die über die Medien verkündete "Einladung" der AMS-Chefs, die nun am Mittwoch zum Rapport antanzen mussten.

Vielschichtige Probleme

So unprofessionell die Politik bei dem Thema auch agiert: Den Umkehrschluss, dass beim AMS alles paletti sei, sollte man daraus nicht ziehen. Wobei es hier nicht in erster Linie um Kritik an der Institution Arbeitsmarktservice geht, sondern um eine an den Rahmenbedingungen.

Wo liegen nun die Probleme? In erster Linie an der mangelnden Überschneidung von offenen Stellen und Jobsuchenden, zudem an fehlenden Arbeitsanreizen. Es gibt einerseits regionale Diskrepanzen. Nicht nur bei den vielzitierten Köchen existiert in manchen Bundesländern ein Jobmangel und in anderen ein Überangebot. Die gute Konjunktur fördert immer stärker zutage, dass ein beachtlicher Teil der Arbeitslosigkeit schwer abzubauen ist, weil die nachgefragten Qualifikationen fehlen oder die Einkommensmöglichkeiten nicht den Ansprüchen entsprechen.

Zu geringe Anreize

Dazu kommen Fehler im System, die dafür sorgen, dass sich die Annahme von Arbeit in manchen Fällen schlicht nicht lohnt. Das gilt vor allem in Niedriglohnsektoren. Zwar verfügt das AMS über strenge Sanktionsmöglichkeiten, wenn Jobangebote grundlos abgelehnt werden. Doch in der Praxis stellen sich diese Strafen oft als untauglich heraus. Wie soll beispielsweise ein Verhalten geahndet werden, bei dem mangelnde Motivation signalisiert wird, ohne die Stelle formal abzulehnen? Jeder Arbeitgeber verzichtet dankend auf einen Mitarbeiter, der de facto nicht am Job interessiert ist.

Es gibt also allerlei Reformbedarf. Hilfreich wäre es dabei, wenn die Regierung ihre Vorstellungen konkretisieren würde. Das gilt insbesondere für die Abschaffung der Notstandshilfe und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Mindestsicherung. Türkis-Blau sollte erst einmal die Hausaufgaben erledigen, bevor die AMS-Vorstände öffentlichkeitswirksam zum Rapport zitiert und abkanzelt werden. Die politische Verantwortung für den Arbeitsmarkt liegt nämlich nicht bei staatlichen Stellenvermittlern, sondern bei der Regierung. (Andreas Schnauder, 18.4.2018)