Erst Stunden nach dem Unfall auf dem Wörthersee konnte die Leiche des von der Schiffsschraube getöteten Mannes geborgen werden. Er hatte, so die Verantwortung des Hauptangeklagten vor Gericht, ins Ruder gegriffen und damit den Unfall verursacht.

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Dunkelgrauer Businessanzug, kurz fassonierte Haare, vorn recht schütter, an den Schläfen ergraut. Er wirkt wesentlich älter als 45. Topmanager altern bisweilen schneller.

Sein Auftreten vor Richter Matthias Polak im Klagenfurter Landesgericht ist so, wie man es von ihm kennt: professionell, gefasst, gut vorbereitet, tough, eloquent. "Einkommen? Netto, also, das was übrig bleibt nach all den Ausgaben?", fragt der Richter. "Weniger als vor dem Unfall, unterschiedlich, rund 6000 Euro", sagt der Angeklagte. Neben ihm sitzt der Zweitangeklagte. Ebenfalls kurzes, aber dunkelbraunes Haar, gestutzter Fünftagebart, schwarze Jeans, weißes Hemd. Er ist 33, "Marktfahrer" und komme auf einen knappen Tausender netto im Monat.

Sie beide verbindet eine feuchtfröhliche Bootspartie unter Freunden in Kärnten auf dem Wörthersee im Juni 2017, die in einem grausamen Bootsunfall, bei dem ein Mann mit dem Kopf in die Schiffsschraube geraten war, geendet hatte. Fahrlässige Tötung lautet die Anklage. Der Staatsanwalt macht die zwei Männer für den Unfall verantwortlich. Den Medienmanager und Unternehmer dafür, dass er das Boot alkoholisiert mit Höchstgeschwindigkeit gelenkt und riskante Fahrmanöver durchgeführt habe. Dadurch sei das spätere Opfer durch die Zentrifugalkräfte aus dem Boot geschleudert worden und, nachdem der Retourgang eingelegt worden war – von wem, ist noch nicht klar -, durch den rotierenden Schiffspropeller getötet worden.

Angeduselte Männerpartie

Der Kärntner Marktfahrer, der als Bootsführer und Vertreter des Bootseigners fungiert und nicht zur vierköpfigen Freundesrunde gehörte, wird beschuldigt, seine Aufsichtspflicht als Bootsführer missachtet und nicht verhindert zu haben, dass die nach einigem Alkoholkonsum angeduselte Männerpartie ins Boot gestiegen sei und er auch nicht eingegriffen habe, um den Unfall zu verhindern.

Beide bekennen sich beim Prozessauftakt am Dienstag für unschuldig, für beide gilt die Unschuldsvermutung. Noch bevor der angeklagte Unternehmer aus Niederösterreich zu Wort kommt, will sein Anwalt noch einen aus der Sicht des Beschuldigten wesentlichen Punkt deponiert haben: Sein Mandant lege Wert "auf seinen rechtlich garantierten Identitätsschutz". Sein Name dürfe nicht genannt werden. Er würde sich gegen Veröffentlichungen wehren.

"Er war einer meiner allerbesten Freunde", sagt der anonym bleiben wollende Manager. Dieser, sein bester Freund, sei es aber gewesen, der den Unfall herbeigeführt habe. Er selbst sei am Ruder gestanden, habe nur eine leichte Rechtskurve angedreht, da habe ihm sein Freund mächtig ins Ruder gegriffen. Binnen Sekundenbruchteilen habe es ihn aus dem Boot geschleudert. Er habe nichts weiter mitbekommen. "Ja, es war ein großer Fehler, Herr Rat, dass ich was getrunken hatte und mich spontan ans Steuer gesetzt habe."

"Ein Rumpler"

Es hatte sich in den Stunden zuvor allerhand angesammelt: ein paar Flaschen Roséwein, Gin Tonics, Biere, "Hafencola" (Rum). Einer aus der Viererclique stützt die Aussagen des Angeklagten. Ja, er habe gesehen und gehört, wie das spätere Opfer schon zuvor versucht habe, ins Steuer zu greifen. Aber der Manager am Ruder habe dies abgewehrt und gesagt: "Schleich di."

Der junge Bootsführer gibt hingegen ganz andere Wahrnehmungen zu Protokoll. Der Unternehmer sei am Steuer gesessen und habe etliche Manöver – Achter, Drehungen, enge Wendekreise – zum Gaudium der Freunde durchgeführt. Der Manager widerspricht umgehend und heftig. Er sei zu riskanten Manövern gar nicht fähig.

Und dann kam, erinnert sich der Bootsführer, diese Rechtskurve, und mit einem Mal habe sich das Boot wuchtig bewegt und ihn zur anderen Bootsseite geschleudert. Zuvor habe der Motor aufgeheult und sich das Boot rückwärts bewegt. Dann dieser "Rumpler" – etwas war in die Schiffsschraube geraten. Das Wasser um das Boot färbte sich rot. Auch der angeklagte Manager war im Wasser. Der Bootsführer habe jedenfalls nicht wahrgenommen, dass das spätere Opfer zuvor ins Ruder gegriffen habe. Der Richter: "Wäre Ihnen aufgefallen dass er ins Lenkrad griff?" Der junge Mann: "Schon, ich hätte ihn angewiesen, das zu unterlassen." Prozessfortsetzung am Donnerstag. (Walter Müller, 17.4.2018)