Unternehmen in Grenzregionen haben einen gewaltigen Vorteil: Sie können Mitarbeiter ganz nach Belieben wählen, egal, ob sie aus dem eigenen Land kommen oder zum Beispiel aus Deutschland. Die österreichischen Betriebe entlang der bayerischen Grenze haben praktisch die freie Auswahl, jeweils die besten Mitarbeiter aus beiden Ländern einzustellen – so zumindest die Theorie. Manch einer in dieser Region befürchtet eine regelrechte "Piefke-Invasion", die den Österreichern die Jobs wegnimmt. Aber ist da überhaupt etwas dran? Und hat vielleicht die Digitalisierung mit Wanderungsbewegungen in der Arbeitswelt zu tun?

Gefühlte Invasion: Ist das Internet Schuld?

Der Großteil der Neuzuzüge nach Österreich kam in den letzten Jahren immer aus Deutschland, gefolgt von Menschen aus Rumänien, Ungarn, Polen und der Slowakei. Unabhängig von Flüchtlingsbewegungen sind die meisten Arbeitsmigranten europäisch und aus der direkten staatlichen Nachbarschaft.

Doch hat das Internet Schuld daran, dass mehr Arbeit ins Ausland wandert – zumindest gefühlt? Mit Zahlen lässt sich das nur schwer nachweisen. Das "Handelsblatt" zitierte 2015 den Präsidenten des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Ulrich Grillo, der meinte, dass neben die alte Arbeitsmigration – also die Zu- und Abwanderung von Arbeitskräften, eine neue Arbeitsmigration trete: Eine der Digitalisierung geschuldete Auswanderung bislang ortsgebundener Arbeit durch die Ortsunabhängigkeit des Internets.

Neue Arbeitsformen wie Remote-Working zuhause oder im Ausland unterliegen gewissen Regeln.
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Auch digitale Mitarbeiter müssen sich an Regelungen halten

Grundsätzlich ist es absolut kein Problem, Mitarbeiter aus der Grenzregion anzustellen. Einzig wichtig scheint hier, wie so oft, die Art der Besteuerung. Denn zahlt ein österreichisches Unternehmen Österreichern einen Arbeitslohn, wird dieser bereits mit der Lohnabrechnung in Österreich besteuert. Bei deutschen Angestellten ist dies nicht unbedingt der Fall. Mit einem Wohnsitz in Deutschland ist er uneingeschränkt steuerpflichtig in diesem Land. Gleichfalls besteht aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens aber eine eingeschränkte Steuerpflicht in Österreich. Das Doppelbesteuerungsabkommen unterteilt die Steuerländer in den Ansässigkeitsstaat und den Quellenstaat. Hier gibt es drei Möglichkeiten:

  • Deutschland: Steuern werden uneingeschränkt in Deutschland als Ansässigkeitsstaat fällig. In diesem Fall zieht der Arbeitgeber zwar Sozialversicherungsbeiträge vom Gehalt ab, die Steuern muss der Angestellte aber eigenständig in Deutschland abführen.
  • Freistellung: Deutschland stellt die Einkünfte aus Österreich steuerfrei, sie werden daher in Österreich versteuert. Dies findet oft in den grenznahen Regionen statt, wenn weder der Arbeitsplatz noch der Wohnsitz weiter als 30 Kilometer von der Grenze entfernt liegen.
  • Österreichische Besteuerung: In diesem Fall besteuert Deutschland die Einkünfte, nutzt aber den österreichischen Satz. Hier hat der Arbeitgeber auch keine gesonderten Angaben zu machen. Er stellt die Lohnabrechnung ohne Steuern aus, der Rest obliegt dem Angestellten.

Ein wenig komplizierter ist es, wenn Angestellte sich einen weiteren Wohnsitz in Österreich zulegen. Nun ist die Doppelbesteuerung komplett und es müssen der Ansässigkeitsstaat und Quellenstaat festgelegt werden.

Grundsätzlich ist vieles einfacher, als es aussieht. Wenn auch viele Gründer aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens zurückschrecken, können Gründer und Arbeitnehmer in Grenzgebieten beinahe aufatmen. Denn die Doppelbesteuerung entfällt nahezu ausschließlich, wenn sich der Ort der Tätigkeit sowie der Wohnsitz höchstens 30 Kilometer von der Grenze entfernt befinden.

Grenzüberschreitende Verwaltung dank Europa einfacher

Da der Ort der Tätigkeit in Österreich ist und die Doppelbesteuerung oder die deutsche Besteuerung oft entfallen, können österreichische Unternehmen ihre deutschen Mitarbeiter ganz normal in die Buchhaltung aufnehmen und abrechnen. Durch Schengen und diverse Verträge ist das seit vielen Jahren bereits einfach möglich.

Dank Digitalisierung vereinfachen sich zudem einige Prozesse:

  • Eingangs- und Ausgangsrechnungen: Jeder Betrieb hat buchhalterische Aufgaben. Häufig sind inzwischen auch digitalisierte Versionen von Rechnungen beispielsweise als PDF-Datei möglich.
  • Löhne allgemein: Unabhängig davon, welcher Nationalität der Angestellte angehört, müssen die Löhne monatlich gebucht und ausgezahlt werden. Hierzu zählt auch die Zahlung der Sozialabgaben und die Beachtung der Überstunden. Immer häufiger werden auch digitale Transaktionen getätigt. Zwar sind Kryptowährungen wie Bitcoin hier weiterhin die Ausnahme, aber der Bezahldienst PayPal ist eine beliebte Alternative für digitale Überweisungen geworden.
  • Digitale Lösungen: Es empfiehlt sich, gleich von Anfang an mit einem entsprechenden Buchhaltungsprogramm für Lohnbuchhaltung zu arbeiten. Es hilft nicht nur beim Ordnung halten, es unterstützt auch bei der korrekten Buchung und der Erstellung von Lohnabrechnungen. Hier müssen nämlich ins Programm relevante Daten eingegeben werden, sodass es den Ersteller auf Fehler oder Tücken hinweist. Gute Buchhaltungsprogramme rechnen übrigens auch die Abgaben wie Sozialversicherungsbeträge korrekt aus.
  • Steuern/Sozialabgaben: Die Buchhaltungsprogramme verfügen über Schnittstellen, über die den jeweiligen Behörden gleich die notwendigen Meldungen eingereicht werden können.

Vor allem für Deutsche könnte irritierend sein, dass es in Österreich keine freie Krankenkassenwahl gibt und die Mitgliedschaft automatisch bei der jeweiligen Gebietskasse erfolgt.

Digitale Nomaden: Gewinner der digitalisierten Arbeit?

Die EU hat mit offenen Grenzen nicht nur dafür gesorgt, dass es ungleich einfacher für Arbeitgeber ist, Arbeitnehmer aus dem grenznahen Ausland zu beschäftigen, auch die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten sind – mit wenigen Ausnahmen – sehr einfach geworden.

Gerade bei Beschäftigungsverhältnissen zwischen Österreich und Deutschland ist kaum noch ein Problem vorhanden. Besonders die Szene der sogenannten digitalen Nomaden ist hier sehr aktiv unterwegs. Digitale Nomaden ist eine Eigenbezeichnung und bezeichnet hypermobile Unternehmer, aber auch Arbeitnehmer, die vor allem mit digitalen Technologien arbeiten und umgehen.

Weltspiegel

Für diese Art Angestellte oder Auftragnehmer sind staatliche Grenzen häufig nur noch ein lästiges Übel. In Bali oder Norderney wohnen, aber in Graz arbeiten ist ein neuer Trend, der aber alltäglicher wird. Insofern sollten nationale Steuermodelle ein Ding der Vergangenheit werden.

Ob nun in einem Europa mit Grenzen oder in einem freien Europa: Barrieren behindern immer. Digitale Nomaden sehen sich hier auch eher als Weltbürger und eigenständige Menschen. Nationale Identitäten sind für diese Szene kein Thema mehr. Es geht um menschliches Miteinander, Verstehen, Verständnis und gemeinsame Kooperation. Vielleicht nicht bei allen, aber so doch den meisten. (Christian Allner, 12.7.2018)

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