Als Viktor Orbán nach seiner Rückkehr als ungarischer Premier 2012 daran ging, die Kontrollinstitutionen der Demokratie nach und nach auszuschalten, nahm er sich als erstes das staatliche Fernsehen vor und verwandelte den öffentlich-rechtlichen Sender in ein Propagandainstrument seiner Regierung. Auch andere autoritäre Herrscher, von Wladimir Putin bis Tayyip Erdogan, folgen diesem Drehbuch: Kontrolle über den Staatssender ist ein entscheidender Schritt zur Absicherung der Macht.

(In den USA, wo öffentlich-rechtliches Fernsehen nur eine Nebenrolle spielt, geschieht das, indem die Trump-Regierung rechte TV-Ketten wie die Sinclair-Gruppe fördert und unabhängige Sender wie CNN und NBC zu schädigen versucht.)

"Streichen, wer sich nicht korrekt verhält"

Auch die FPÖ hat sich diese Taktik aus dem Arsenal autoritärer Regierungen abgeschaut und nimmt seit längerem den ORF im Visier. Bisher ging es bei den Angriffen von Parteichef Hein-Christian Strache, Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein und anderen meist um angeblich unfaire Berichterstattung über die FPÖ. Das war ärgerlich genug, aber wehleidig haben sich auch schon andere Parteien gezeigt.

Nun ging der FPÖ-Vertreter im ORF-Stiftungsrat, Norbert Steger, einen Schritt weiter. Er kündigte in den Salzburger Nachrichten an, man werde die Auslandskorrespondenten "um ein Drittel streichen, wenn diese sich nicht korrekt verhalten" – und nannte als Beispiel die hervorragende Wahlberichterstattung von Ungarn-Korrespondent Ernst Gelegs, die angeblich einseitig abgelaufen sei.

Als Stiftungsrat disqualifiziert

Nun hat jeder ORF-Zuseher das Recht, sich auch über inhaltlich korrekte Berichte gelegentlich zu ärgern. Dass dies ein Stiftungsrat öffentlich macht, ist bereits eine Grenzüberschreitung. Dass aber Steger gleich danach de Ablöse des Reporters fordert, weil er die Botschaften nicht mag, ist ein Skandal und disqualifiziert ihn als Stitungsrat. Sein Credo lautet: Wer Orbán kritisiert, gehört – als lebten wir schon in Orbans Ungarn – weg.

Einst war Steger der liberale Fahnenträger der FPÖ; heute passt er eher in Erdogans Türkei als in eine liberale Demokratie. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat richtig reagiert, indem er Gelegs sogleich verlängerte.

Er darf nicht Vorsitzender werden

Allerdings ist Steger nach dem Umbau des ORF-Stiftungsrats durch die türkis-blaue Koalition als Vorsitzender im Gespräch. Das darf nach diesem Interview nicht mehr geschehen. Nur die ÖVP kann es verhindern.

An der Wahl des Stiftungsratsvorsitzenden wird man erkennen können, wohin die Republik unter Sebastian Kurz steuert. Wird Steger – oder ein anderer Blauer mit ähnlicher Geisteshaltung – Chef des Kontrollgremiums des öffentlich-rechtlichen Senders, dann ist Feuer am Dach. Dann beginnt – mit Duldung oder gar unter Beteiligung der ÖVP – die Orbánisierung Österreichs. (Eric Frey, 14.4.2018)