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Foto: ADREES LATIF / REUTERS

Die aktuelle Debatte über den Datenskandal bei Facebook, in dessen Zentrum die Weitergabe von 87 Millionen Nutzerdaten an die Firma Cambridge Analytica steht, wirft auch grundlegende Fragen auf: Welche Daten sammeln all diese großen Unternehmen eigentlich so über mich, was tun sie damit – und wer hat ihnen das eigentlich erlaubt? Neben Facebook ist fraglos Google einer der größten Datensammler unserer Zeit. An den Services des Android-Herstellers kommt kaum jemand vorbei. Ob Gmail, Google Maps oder natürlich auch die Google-Suche selbst – all diese Dienste haben Nutzerzahlen in Milliardenhöhe. Das Geschäftsmodell ist ebenfalls sehr ähnlich zu Facebook, basiert dieses doch – zu weiten Teilen – auf dem Verkauf von Werbung, nur wenige Dienste lässt sich Google noch einmal extra zahlen.

Insofern ist dies also eine durchaus interessante Ausgangsposition, um einmal in aller Ruhe nachzuforschen, was Google eigentlich so alles über seine Nutzer weiß. Und ohne vorab zu viel verraten zu wollen: Es ist eine ganze Menge. Zunächst aber noch ein kleiner Disclaimer: Die folgende Auflistung fokussiert bewusst auf fünf Bereiche, die den meisten Usern in ihrem Ausmaß so nicht bewusst sein dürften. Anderer Dienste – also vor allem jene, bei denen die Nutzer die entsprechenden Daten selbst beisteuern – kommen hingegen nur am Rande vor.

Location

Will man einen unbedarften Google-Nutzer schocken, reicht oft der folgende Link: In der Google Maps Timeline kann jeder bis ins letzte Detail nachsehen, wo er sich die vergangenen Jahre herumgetrieben hat. Die Standorterfassung von Google ist dabei so gut, dass sie nicht nur weiß, wann man in welchem Lokal war oder wo man wie lange eingekauft hat. Auch ob man sich auf dem Weg dorthin zu Fuß, mit dem Auto, dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln bewegt hat, kann Google Maps mittlerweile ziemlich genau einschätzen.

Ein Tagesausflug nach London in der Google Maps Timeline. Wird auch Google Photos genutzt, werden diese Informationen noch mit Aufnahmen angereichert.
Screenshot: Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Welche Daten werden gesammelt? Der eigene Standort, basierend auf GPS, WLAN und Mobilfunkinformationen.

Habe ich dem zugestimmt? Ja. Üblicherweise holt sich Google die Genehmigung bei der Einrichtung eines Android-Geräts ein. Diese Punkte sind zwar von Haus aus angewählt, die Nutzer können sie aber mit einem Klick leicht deaktivieren – eine Opt-Out-Möglichkeit. Am iPhone wird die Zustimmung über einzelne Apps wie die Google Suche oder Google Maps abgefragt.

Wofür werden die Daten verwendet? Google bekommt damit ein recht detailliertes Bild der globalen Verkehrslage. Darauf basieren dann jene Stauwarnungen, die Google Maps bei der Routenplanung anzeigt. Zudem werden diese Informationen auch genutzt, um anzeigen zu können, wie viel in Geschäften im Verlauf des Tages so los ist – zum Teil sogar live. Google betont, dass die Verknüpfung der Daten für all diese Massenanalysen anomymisiert erfolgt, diese also nicht auf einzelne Nutzer zurückzuführen sind.

Kann ich die Daten wieder löschen? Ja. Die Standort-Informationen können sowohl einzeln als auch in einem Durchgang komplett gelöscht werden. Am einfachsten geht dies über die Timeline-Seite von Google Maps selbst, wo es einen eigenen Menüpunkt für die Entfernung der Location History gibt. Die weitere Erfassung von Location-Daten kann wiederum sowohl über das Smartphone als auch eine eigene Webseite deaktiviert werden.

Das Kleingedruckte: Es gibt noch eine zweite Zustimmung, die Android-Nutzer üblicherweise bei der Einrichtung eines neuen Smartphones in Hinblick auf die Sammlung von Standortdaten erteilen. Mit dieser wird Google die Sammlung von Daten zum Akkustand sowie zur Qualität und Nutzungsdauer jeglicher Netzwerkverbindungen erlaubt. Google betont, dass dies sowohl zur besseren Ortung als auch zur Optimierung des Akkuverbrauchs genutzt wird. Auch diese Datensammlung lässt sich entweder anfänglich ablehnen oder nachträglich deaktivieren.

Web-, App-, und Suchnutzung

Der nächste große Bereich lässt sich grob mit allgemeinen Aktivitäten der Google-Nutzer im Internet umreißen. Wie umfangreich das Wissen von Google über den eigenen Online-Alltag ist, lässt sich dabei über die "My Activity"-Seite einsehen, die jegliche Interaktionen mit Google-Diensten auflistet.

Google protokolliert jede Aktivität seiner Nutzer minutiös.
Screenshot: Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Welche Daten werden gesammelt? Jede Sucheingabe bei Google sowie jegliche Nutzung von Apps, die Google Services benutzen – womit ein bedeutender Teil aller Android-Apps abgedeckt wird. Details, was mit den Apps dann gemacht wird, werden davon allerdings nicht erfasst, sondern nur der Umstand, dass die App eingesetzt wurde – und wann. Wer den Chrome-Browser verwendet, liefert Google zudem auch noch eine Liste sämtlicher besuchter Webseite. Dazu kommen jede Menge Metadaten, so werden in vielen Punkten auch die IP-Adresse, das verwendete Gerät, der ungefähre Standort und die verwendete Sprache mitprotokolliert. Auch ob die Nutzer auf (Google-)Werbung klicken, und ob dies schlussendlich zu einem abgeschlossenen Kauf führt, kann Google erfassen. Ein Teil dieser Daten wird übrigens auch dann erfasst, wenn das Gerät gerade offline ist.

Habe ich dem zugestimmt? Auch hier heißt die Antwort wieder: Ja. Google holt sich die Erlaubnis der User bei der ersten Nutzung der betreffenden Services oder bei der Einrichtung eines Android-Smartphones.

Wofür werden die Daten verwendet? Hier handelt es sich quasi um den Kernbereich der Datensammlung von Google, auf Basis dieser Informationen bietet das Unternehmen eine Fülle von individuell zugeschnittenen Diensten an. Das geht von passenden Vorschlägen in der Google-Suche über Restaurant- und Artikel-Empfehlungen bis zu individuell angepassten Antworten des Google Assistant. Und natürlich das, womit Google sein Geld verdient: Auf die einzelnen Nutzer zugeschnittene Werbung.

Kann ich die Daten wieder löschen? Über die Aktivitätskontrollen können alle dieser Daten einzeln oder in einem Rutsch entfernt werden. Zudem kann jegliche weitere Datensammlung über eine eigene Webseite deaktiviert werden. Einen Spezialfall stellt Chrome dar: Hier muss zusätzlich auch noch die Synchronisierungsfunktion im Browser deaktiviert werden, sonst werden die Daten beim nächsten Start einfach wieder frisch abgeglichen.

Spracheingabe

Ein weiterer Link zum Gruseln für eifrige Google-Nutzer ist jener zur "Voice & Audio Activity". Kann man dort doch sämtliche der eigenen Sprachanfragen an Google nachhören.

Sämtliche Spracheingaben können sogar online nachträglich wieder angehört werden.
Screenshot: Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Welche Daten werden gesammelt? Jegliche Spracheingabe mittels Google-Such-App, Google Assistant oder auch bei smarten Lautsprechern wie Google Home.

Habe ich dem zugestimmt? Bei diesem Punkt scheint sich ein Muster abzuzeichnen: Auch diesem Vorgang müssen die User nämlich vor der ersten Nutzung explizit zustimmen. Die Antwort heißt also: Ja.

Wofür werden die Daten verwendet? Um die individuelle Stimme der Nutzer besser zu erkennen. Aber auch generalisiert – und anonymisiert – um die Spracherkennung von Google zu verbessern und weiterzuentwickeln.

Kann ich die Daten wieder löschen? Auch das geht über die Aktivitätskontrollen recht einfach, ebenso kann wieder über die entsprechende Google-Webseite jegliche weitere Speicherung von Audiodaten abgeschaltet werden.

Das Kleingedruckte: Die Deaktivierung der "Voice & Audio Activity" führt nur dazu, dass die Daten nicht mehr dauerhaft gespeichert werden. Hochgeladen werden sie bei einer Eingabe zunächst trotzdem – wenn sie auch laut Google danach wieder gelöscht werden. Das ist an sich auch nicht weiter überraschend, bieten doch Consumer-Geräte wie Smartphones oder Laptops bisher nicht jene Leistungsfähigkeit, die für eine Spracherkennung von Nöten ist. Entsprechend ist dieser Ablauf auch nicht auf Google beschränkt, bei anderen Anbietern wie Apple oder Amazon wird die Spracherkennung ebenfalls in der Cloud abgewickelt.

Werbung

Wie bereits mehrfach angesprochen bildet personalisierte Werbung das wichtigste Standbein von Googles Geschäftsmodell. Entsprechend erstellt das Unternehmen über jeden Nutzer ein detailliertes Werbeprofil.

Wer personalisierte Werbung nicht mag kann diese deaktivieren – muss aber vorsichtig sein, dass das nicht wieder reaktiviert wird.
Screenshot: Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Welche Daten werden gesammelt? Hierfür laufen die Daten aus unterschiedlichsten Google-Quellen zusammen. Was Google aus all dem schließt, kann auf einer eigenen Webseite eingesehen werden, wo die eigenen Interessen im Detail aufgelistet werden. Je nachdem wie intensiv man Google nutzt, ist diese Einschätzung mal mehr, mal weniger zutreffend. Auch grundlegende Profilinformationen wie Geschlecht oder Altersgruppe werden erfasst.

Habe ich dem zugestimmt? Ja. Schon bei der Einrichtung des Google-Accounts. Und dann wieder bei der Nutzung jener Services, aus denen die Daten stammen.

Wofür werden die Daten verwendet? Für personalisierte Werbeeinschaltungen, die von Google selbst auf einer Vielzahl von Webseiten ausgeliefert werden.

Kann ich die Daten wieder löschen? Google bietet die Möglichkeit, personalisierte Werbung generell zu deaktivieren. Dann bekommt man zwar nicht weniger Werbung, diese wird aber ohne Einbeziehung der eigenen Google-Aktivitäten ausgeliefert. Im Google-Sprech heißt dies, dass die Werbung dann weniger "relevant" ist. Wer den umgekehrten Weg gehen will, und besser angepasste Werbung haben will, kann aber stattdessen auch einzelne Themen / interessen manuell korrigieren. Unter Android wird zudem eine Advertising ID erstellt, die fix mit dem Nutzer verbunden ist, diese kann über die Google Settings am Gerät zurückgesetzt werden, womit dann ein neues Profil erstellt wird. Auch hier lässt sich die personalisierte Werbung auf Wunsch generell deaktivieren.

Das Kleingedruckte: Der Opt-Out aus der personalisierten Werbesammlung wird beim Löschen der Browser-Cookies zum Teil wieder rückgängig gemacht. Wer das Verhindern will, kann sich eine Browser-Erweiterung für Chrome, Firefox oder Edge installieren, die garantiert, dass die personalisierte Werbung immer deaktiviert bleibt.

Bonus-Track: Verkauft Google seine Nutzerdaten? Die kurze Antwort darauf heißt: Nein. Im Detail wird es aber dann doch etwas komplizierter. Google selbst betont immer wieder, dass man keinerlei Daten der eigenen User verkauft. Und hat dafür ein durchaus schlagkräftiges Argument: Das widerspräche schlicht dem eigenen Geschäftsmodell. Immerhin sind es die User-Profile, auf deren Basis man dann selbst Werbung verkauft. Diese Daten an Dritte weiterzugeben, wäre also auch aus einer wirtschaftlichen Sicht schlicht dumm. Insofern ist die Behauptung, dass man keine Nutzerdaten verkauft fachlich durchaus richtig. Das ändert aber nichts daran, dass Google natürlich sehr wohl Geld mit den Daten seiner User macht – und diese somit auch gewissermaßen "verkauft".

Der Google-Account

Die Datensammlung von Google beginnt aber natürlich schon früher: Nämlich beim Einloggen in den Account selbst.

Bei jedem Login werden gewisse Daten von Google erfasst – und zwar laufend.
Screenshot: Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Welche Daten werden gesammelt? Unter anderem ungefähre Standort, die IP-Adresse und das verwendete Gerät.

Habe ich dem zugestimmt? Natürlich, und zwar beim Anlegen des Google-Accounts.

Wofür werden die Daten verwendet? Vor allem zur Absicherung des Accounts. So kann Google mithilfe dieser Informationen – und einer guten Portion Maschinenlernen – mittlerweile ganz gut erkennen, ob es sich um den eigentlichen Besitzer des Accounts handelt oder um eine andere Person, die irgendwie an Login und Passwort gekommen ist. Geht Google von Letzterem aus, werden solche Login-Versuche blockiert.

Kann ich die Daten wieder löschen? Nicht wirklich. Über die Account-Einstellungen können zwar mit dem Account verbundene Geräte nachträglich entfernt werden, die Daten im Hintergrund speichert Google aber weiterhin.

All der Rest

Zu den erwähnten Bereichen kommen dann natürlich noch all die Daten, die durch die direkte Interaktion der Nutzer mit einzelnen Services kreiert werden. Dass Google etwa weiß, welche Musik man über die Play-Music-App gehört hat, oder welche Kalendereinträge man selbst bei dem Service eingetragen hat, sollte dabei allerdings niemanden überraschen. Ebensowenig, dass Google Photos sämtliche Bilder speichert, deren Upload man zuerst explizit über die Backup-Funktion auf einem Android-Smartphone zugestimmt hat. Und auch nicht, dass Mails im Spam-Folder oder Trashcan nicht wirklich vollständig gelöscht sind.

Einige jener Dialoge, in denen Android-Nutzer Google die Zustimmung zur Datensammelung gegeben haben.
Screenshot: Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Zusätzlich sei noch erwähnt, dass natürlich auch Youtube Informationen über Suchanfragen und betrachtete Videos auswertet, um damit dann neue Clips vorschlagen zu können. Und Android legt auf Wunsch der Nutzer Backups von zentralen System- und App-Einstellungen im Google Drive ab – wo sie auch gelöscht werden können. Der Browser Chrome speichert wiederum von Haus aus neben den zuvor bereits erwähnten Dingen auch noch Passwörter und Autofill-Informationen ab, all dies kann deaktiviert werden. Alternativ ist es bei Chrome auch möglich, die ganzen synchronisierten Daten mit einem zusätzlichen Passwort abzusichern, womit Google dann ohnehin keinen Zugriff mehr auf diese Informationen hat.

Transparenz

Was Google in Summe alles an Daten von den Nutzern hat, kann über das Google Dashboard eingesehen werden. Zudem gibt es mit Google Takeout bereits seit Jahren eine Seite, über die praktisch all diese Daten heruntergeladen werden können. Das reicht von den eigenen Kontakten über Dateien im Drive, Fotos und manuell erfassten Fitness-Informationen bis zu den favorisierten Orten in Google Maps. Zudem bietet Google einen "Privacy Checkup" an, in dessen Rahmen die Nutzer all die oben erwähnten Einstellungen Schritt für Schritt durchgehen können – und der insofern allen Google-Nutzer angeraten sei.

Es ist alles sehr kompliziert

Das Fazit ist kein allzu überraschendes. Google sammelt viele Daten über seine Nutzer – sehr viele. Gleichzeitig muss man aber auch festhalten, dass das Unternehmen mit all dem zumindest vergleichsweise transparent umgeht. Denn auch wenn ein rascher Blick auf die Google-Maps-Timeline oder die My-Activity-Seite schon einmal erschrecken kann, so ist dies doch allemal besser als die Intransparenz vieler anderer Hersteller, bei denen die Nutzer keinerlei Ahnung haben, was über sie gespeichert wird.

Wenn alle Datensammlungen deaktiviert sind, sieht die My-Activity-Ansicht ziemlich einsam aus.
Screenshot: Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Das bedeutet natürlich nicht, dass Datenschutzbedenken im Umgang mit Google abgetan werden sollten. Ganz im Gegenteil. So kann man zwar all dieses Datensammlungen deaktivieren oder gleich von vorneherein ablehnen, die Wege auf denen Google seine Nutzer dazu zu bringen versucht, ihre Zustimmung zu geben sind aber mannigfaltig. Gerade Android-Nutzer können davon ein Lied singen: Wenn hintereinander zig Zustimmungen für diverse Services abgefragt werden, kann das schnell einmal dazu führen, dass man einfach nur mehr weiterklickt – ohne zu lesen, welchen Dingen man da im Detail eigentlich zustimmt.

Viel zu kritisieren

Zudem ist es ärgerlich, dass Google weiterhin viele dieser Optionen als Opt-Out gestaltet hat. Das heißt, dass die betreffende Auswahlbox bereits selektiert ist, und die Nutzer sie einzeln abwählen müssen, wenn sie die Zustimmung versagen wollen. Hier wäre ein Opt-In eine wesentlich datenschutzfreundliche Variante – was aber natürlich dazu führen würde, dass wesentlich weniger User ihre Zustimmung geben. Insofern ist der Anreiz für Google, diese Praxis zu ändern, enden wollend. Eventuell ist hier also die Politik gefragt. In den USA wurde die Möglichkeit entsprechender Regulierungen jedenfalls im Rahmen des Facebook-Skandals bereits ins Spiel gebracht.

Im Endeffekt geht es bei all dem eigentlich um einen zentralen Punkt: Nämlich um die bewusste Entscheidung der Nutzer, was mit ihren Daten passiert – und der Fokus liegt hier auf dem Begriff "bewusst". Immerhin steht es außer Zweifel, dass Google auf Basis all dieser Daten auch durchaus nützliche Services anzubieten hat. Ob man dafür allerdings bereit ist, dermaßen viel über sich preis zu geben, ist wiederum eine ganz andere Frage – und zwar eine, die Google seinen Nutzern nicht immer ganz einfach macht. (Andreas Proschofsky, 15.4.2018)