Nach 17 Jahren tritt Andreas Mailath-Pokorny zurück. Die Gruppe Maschek widmete dem rund zwei Meter großen Kulturstadtrat eine eigene Puppe, die in seinem Büro ein Platzerl fand.

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Sandra Frauenberger fasste als Erste eine Entscheidung und ging als Gesundheitsstadträtin.

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Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (links) gilt als Fixstarter unter Michael Ludwig.

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Nun steht der nächste Wechsel in der Wiener Stadtregierung fest: Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ), Stadtrat für Kultur, Wissenschaft, Digitalisierung und Sport, teilte am Donnerstag in einer knappen Aussendung seinen Rücktritt mit. Sein Schritt sei "in bestem Einvernehmen" mit Bürgermeister Michael Häupl und dem neuen SPÖ-Landesparteivorsitzenden Michael Ludwig erfolgt, betonte Mailath-Pokorny. Er will seinen Posten am 24. Mai in der Gemeinderatssitzung, in der Ludwig zum Bürgermeister gewählt wird, übergeben.

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Auf seiner Facebook-Seite schrieb der Stadtrat: "Aufhören, wenn’s am schönsten ist. Nicht leicht, aber gut so." Laut Medienberichten soll Mailath-Pokorny ein Angebot des Austrian Cultural Forum in New York erhalten haben, was nicht bestätigt wurde.

Dass Mailath-Pokorny dem neuen Regierungsteam nicht mehr angehören wird, ist für viele nicht überraschend. Er galt wie auch Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger im internen Machtkampf um die Nachfolge Häupls als Unterstützer von Ludwigs Konkurrent Andreas Schieder. Mailath-Pokorny hatte sich selber nie für einen der beiden Kandidaten ausgesprochen. Trotzdem galt er als Ablösekandidat in der Stadt. "Ludwig ist ihm nichts schuldig gewesen", sagt ein SPÖ-Insider.

Große Projekte

Zudem stehen gerade im Ressort Mailath-Pokornys große Projekte an. So hatten die Wiener Roten sich bei ihrer Zukunftsklausur auf eine Donaubühne für diverse kulturelle Veranstaltungen und eine Mehrzweckhalle für Sportangebote geeinigt. Aber auch darauf, dass Wien "Digitalisierungshauptstadt" werden soll. Die "Leuchtturmprojekte", die Ludwig auf dem Wiener Kahlenberg präsentiert hatte, kann er nun in vertrauensvolle Hände legen.

Nach der Wien-Wahl 2015 hatte sich der Aufgabenbereich Mailath-Pokornys um den Sport erweitert. Bei der Debatte um das Ernst-Happel-Stadion, dessen Eigentümer die Stadt Wien ist, pochte er auf die Einhaltung des Denkmalschutzes, während Sportminister Heinz-Christian Strache (FPÖ) sich für den Abriss und einen Neubau eines Fußballnationalstadions starkgemacht hatte. Ein Termin der beiden Politiker steht kommenden Donnerstag an. Eine Einigung ist in weite Ferne gerückt.

Geschrumpfte "linke" Front

Nach Frauenberger ist Mailath-Pokorny bereits der zweite Stadtrat des sogenannten "linken Flügels" der Wiener SPÖ, der – zumindest scheinbar – freiwillig das Feld geräumt hat. Die Front hat sich nun auf Finanzstadträtin Renate Brauner verringert. Aus ihrem Büro heißt es auf Anfrage: "Wir arbeiten ganz normal weiter. Wir stehen vor großen Herausforderungen." Brauner sei keineswegs "amtsmüde", sagte ein Sprecher der Stadträtin.

Die Wiener Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) spricht stellvertretend für alle Bundesländer über deren Forderungen an den Bund und über die Kommunikation mit Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP). Ab Minute 5:45 spricht sie über die Wiener SPÖ: An Spekulationen will sie sich nicht beteiligen.
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Dass sich auch Brauner von selbst zurückzieht, schließen SPÖ-Kenner aus. Brauner werde es Ludwig nicht einfach machen. Wenn er will, dass sie geht, müsse er diese Entscheidung selbst treffen, heißt es in den Rathausgängen. Dass dies passiert, sei allerdings sehr wahrscheinlich. Ludwig hatte angekündigt, sein neues Team am 14. Mai bei einer internen Sitzung der SPÖ-Gremien zu präsentieren. Den Rücktritt Mailath-Pokornys bezeichnete Ludwig als sehr persönlichen Schritt". Mailath-Pokorny schätze er "außerordentlich".

Einziger Fixstarter der neuen Stadtregierung ist dem Vernehmen nach Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky. Er gilt in der Wiener SPÖ als Nachwuchshoffnung, war sogar als möglicher Nachfolger Häupls und Gegenkandidat Ludwigs im Gespräch. Offen ist die Frage, wie es mit der Karriere von Umweltstadträtin Ulli Sima weitergeht.

Alles neu macht der Mai

Sicher ist durch Mailath-Pokornys Rücktritt jedenfalls, dass Ludwig nun mindestens drei neue Stadträte suchen muss: Nicht nur die Kultur- und die Gesundheitsagenden brauchen eine neue Leitung, auch Ludwig selbst benötigt einen Nachfolger im Wohnbauressort. Tag für Tag häufen sich Spekulationen über ein neues Team. Der Vorsitzende schweigt dazu und will sich nicht beteiligen. "Es wird eine Mischung aus Neu und Erfahren sein", beschrieb er bereits mehrfach seine Mannschaft.

Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung

Für Ludwigs Ressort fällt am häufigsten der Name Kathrin Gaal, Vorsitzende der SPÖ Favoriten. Die Gemeinderätin gilt als enge Vertraute Ludwigs und als "Joker" für die Stadtregierung. Dass sie Verantwortung übernemhmen wird, halten viele SPÖ-Kenner für fix. Aber auch Josef Ostermayer soll Chancen haben. Als ehemaliger Geschäftsführer des Wohnfonds Wien und Mitarbeiter von Exkanzler Werner Faymann als Wohnbaustadtrat hätte er jedenfalls Erfahrung in diesem Feld.

Kultur, Wissenschaft und Sport

Der ehemalige Kulturminister Ostermayer gilt allerdings auch als Kandidat für den Job als Kulturstadtrat. Ostermayers Nachfolger, Thomas Drozda, wird in diesem Zusammenhang ebenfalls genannt, doch seine Chancen gelten als Mitglied von Christian Kerns Team als gering. Gemeinderat Ernst Woller soll ebenso im Gespräch sein. Für wahrscheinlicher halten SPÖ-Kenner aber, dass ein externer Nachfolger aus dem Kulturbereich zum Zug kommen wird.

Gesundheit, Soziales, Frauen

Eine weitere Exministerin, die immer wieder für Ludwigs Team genannt wird, ist Pamela Rendi-Wagner. Für sie gilt jedoch dasselbe wie für Drozda: Sie steht auf der falschen Seite. Zudem ist die Exgesundheitsministerin kaum in der Wiener Partei verankert. Der Chef des Fonds Soziales Wien, Peter Hacker, wurde bereits als möglicher Nachfolger von Sonja Wehsely gehandelt. Auf Anfrage wollte er sich nicht dazu äußern. Damals wie heute war auch Gemeinderätin Claudia Laschan aus Rudolfsheim-Fünfhaus im Gespräch. Ein weiterer Externer ist Ärztekammer-Chef Thomas Szekeres.

Finanzen, Wirtschaft und Stadtwerke

Als unwahrscheinliche Variante wird für das Finanzressort Andreas Schieder genannt, allerdings könnte Ludwig durch das Einsetzen seines Konkurrenten ein Entgegenkommen signalisieren. Auch der Simmeringer Bezirksparteichef Harald Troch hatte sich im internen Wahlkampf für Ludwig ins Zeug gelegt, weshalb Parteikenner eine Belohnung vermuten.

Umwelt und Öffis

Sollte Sima tatsächlich das Feld räumen müssen, gilt auch hier Gaal als mögliche Kandidatin.

Klubobmann und Landtag

Aber nicht nur der Stadtsenat könnte umgebaut werden, auch im Gemeinderat soll eine Veränderung anstehen. So heißt es, dass Klubchef Christian Oxonitsch abgelöst werden soll. Als möglicher Nachfolger gilt Gemeinderat Marcus Schober, der bereits als Parteimanager gehandelt wurde und leer ausgegangen war. Landtagspräsident Harry Kopietz dürfte nicht in der Gunst Ludwigs stehen, obwohl sich die beiden Floridsdorf als politische Heimat teilen. Hier könnte Exparteimanager Christian Deutsch ins Spiel kommen. (Oona Kroisleitner, 12.4.2018)