Kiew/Wien – Die österreichische Justiz wird weiter auf Peter Seisenbacher warten müssen. Durch Fernbleiben hat der Ex-Sportler die Verschiebung einer Verhandlung in Kiew bewirkt, in der es am 20. März um Seisenbachers Rechtsmittel gegen eine Anordnung der Migrationsbehörde gegangen wäre. Dies geht aus einer Veröffentlichung der Gerichtsdatenbank am Donnerstag hervor. Nächster Termin ist am 17. April.

In seinem mit deutlicher Verspätung veröffentlichten Beschluss zur Verschiebung einer vorbereitenden Verhandlung nannte Richter Ihor Smolij keine Gründe für die Abwesenheit Seisenbachers und seines Anwalts. Die klagende Seite sei jedoch ordnungsgemäß über den Termin am 20. März informiert worden. Ein Vertreter der beklagten Migrationsbehörde war indes anwesend.

Laut einem bereits zuvor veröffentlichten Gerichtsbeschluss hat Seisenbacher Ende Februar gegen die ukrainische Migrationsbehörde und deren Dienststelle in der Kiewer Region Rechtsmittel eingelegt und verlangt, eine Anordnung vom 18. Jänner 2018 als rechtswidrig aufheben zu lassen. Weitere Details zur beeinspruchten Anordnung fehlen in den bisher veröffentlichten Beschlüssen.

Ein gescheiterter Versuch

Dass Seisenbacher vor dem Kiewer Gericht gegen eine "Anordnung" vorgeht, ist jedoch ein weiteres Indiz dafür, dass der von österreichischen Behörden wegen des Verdachts des Missbrauchs Minderjähriger gesuchte Ex-Sportler in der Ukraine um politisches Asyl angesucht hat und dieser Antrag im Jänner abgelehnt worden sein dürfte. "Anordnungen" sind laut Paragraf 8 des ukrainischen Asylrechts jene rechtliche Form, mit der ein Asylstatus gewährt oder abgelehnt wird.

Fest steht, dass Seisenbachers ukrainischer Anwalt Serhij Koschelnyk nach einigen gescheiterten Versuchen in den vergangenen Monaten darauf verzichtet hat, gegen eine im Oktober von der Migrationsbehörde verordnete Verpflichtung zur Ausreise vorzugehen.

Die Migrationsbehörde unterließ ihrerseits aber auch einen gerichtlichen Antrag auf Zwangsabschiebung. Hätte der Österreicher keinen Asylantrag gestellt, wäre ein solcher Antrag seit Monaten möglich gewesen.

Anwalt Koschelnyk wollte am Donnerstag nicht auf die Frage antworten, weshalb Seisenbacher der Verhandlung am 20. März fernblieb. Er sei beschäftigt, sagte er gegenüber der APA und unterbrach die Verbindung.

Kein Kommentar der ukrainischen Migrationsbehörde

Auch die ukrainische Migrationsbehörde will einstweilen weder bestätigen noch dementieren, dass Seisenbacher in der Ukraine um politischen Asyl angesucht hat. Mit Verweis auf den Datenschutz lehnte Behördenleiter Maksym Sokoljuk am 29. März Auskunft zu einer diesbezügliche APA-Anfrage ab.

Der Judo-Doppelolympiasieger, für den die Unschuldsvermutung gilt, soll nach seiner aktiven Karriere in einem Wiener Judo-Verein zwischen 1997 und 2004 zwei im Tatzeitraum jeweils unmündige Mädchen missbraucht haben. Der Ex-Spitzensportler war im Dezember 2016 unentschuldigt nicht zu seiner Verhandlung im Wiener Landesgericht erschienen.

Die österreichische Justiz hatte sich im vergangenen Jahr vergeblich um eine Auslieferung Seisenbachers aus der Ukraine bemüht. Das ukrainische Justizministerium lehnte im Oktober wegen der ukrainischen Verjährung der in Österreich inkriminierten Delikte dieses Begehren ab.

Gleichzeitig wurde Vertretern der österreichischen Botschaft in Kiew ermöglicht, zwei österreichische Reisepässe Seisenbachers zu entwerten. Der Ex-Judoka verfügte daher nach letzten Informationen über keine gültigen Reisedokumente und könnte nur in Absprache mit österreichischen Behörden nach Österreich ausreisen. (APA, 12.4.2018)