Spurensicherung in der Nähe der Parkbank, auf der die Skripals gefunden wurden

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Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) hat nach dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal die Erkenntnisse der britischen Behörden bestätigt. Premierministerin Theresa May hatte im März erklärt, Skripal und seine Tochter Julia seien mit einer Substanz der Nowitschok-Gruppe vergiftet worden. Der Stoff wurde in den 1970er- und 1980er-Jahren in der Sowjetunion entwickelt. Die OPCW nennt allerdings keinen mutmaßlichen Urheber der Attacke.

Die Regierung May sieht sich durch das OPCW-Ergebnis zum Skripal-Gift bestätigt. Russland dagegen will den Bericht der unabhängigen Experten nicht akzeptieren. Dieter Rothbacher analysiert die Lage.
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Bei einer Untersuchung von Blutproben von Skripal und seiner Tochter seien die "Untersuchungsergebnisse Großbritanniens in Bezug auf die Identität der toxischen Chemikalie bestätigt" worden, erklärte die OPCW am Donnerstag in einem Kurzbericht. Die OPCW-Experten hatten Blutproben der Opfer und Proben des verwendeten Gifts in unabhängigen Labors analysieren lassen. Großbritannien will den Bericht auch Vertragsstaaten zur Verfügung stellen. Außenminister Boris Johnson erklärte, es gebe "keinen Zweifel" mehr über das Gift. Nur Russland habe Mittel und Motive für einen solchen Anschlag. Großbritannien hat eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates beantragt.

Russland weist OPCW-Bericht zurück

Russland hat die Ergebnisse der Chemiewaffenexperten zum Fall des vergifteten Ex-Agenten Sergej Skripal zurückgewiesen. Russland akzeptiere keinerlei Ermittlungsergebnisse, so lange Moskau keinen Zugang zu den Untersuchungen Großbritanniens und der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) erhalte, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Donnerstag Agenturen zufolge.

In dem OPCW-Bericht gebe es keine Hinweise, wie, wo und unter welchen Umständen Proben genommen wurden, kritisierte Sacharowa. Dies werfe bei russischen Experten Fragen auf. Sie bekräftigte aber Russlands Bereitschaft zur Zusammenarbeit.

Julia Skripal lehnt russische Hilfe ab

Skripal und seine Tochter waren vor knapp sechs Wochen bewusstlos auf einer Parkbank im südenglischen Salisbury gefunden worden. London bezeichnet Moskau als Drahtzieher des Anschlags. Der Kreml weist das zurück. Der Fall hat eine diplomatische Krise ausgelöst.

Die kürzlich aus dem Krankenhaus entlassene Julia Skripal lehnte unterdessen die angebotene Hilfe der russischen Botschaft in London ab. "Im Moment möchte ich von deren Leistungen nicht Gebrauch machen. Aber wenn ich meine Meinung ändere, lasse ich sie es wissen", teilte die 33-jährige Russin am Mittwochabend in einer über Scotland Yard verbreiteten Stellungnahme mit. Die russische Botschaft zweifelte umgehend die Echtheit des Schreibens an.

Sergej Skripal hatte früher für den russischen Militärgeheimdienst GRU gearbeitet und dem britischen MI6 Informationen weitergeleitet. 2004 flog er auf und wurde in Russland zu 13 Jahren Lagerhaft verurteilt. Bei einem Gefangenenaustausch kam er 2010 nach Großbritannien. (Reuters, 12.4.2018)