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Die Aufsichtsratssitzung wurde auf Donnerstag vorverlegt – dabei sind einschneidende Beschlüsse gefallen. Der Konzern wird massiv umgebaut.

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Der neue Chef: Herbert Diess.

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Wolfsburg – Neuer Chef, neuer Vorstand, neue Struktur: Der Volkswagen-Konzern leitet den größten Umbau seiner Geschichte ein. Der Aufsichtsrat beschloss am Donnerstag eine Reihe tiefgreifender Veränderungen – auch um sich für die Elektromobilität fit zu machen.

Mit sofortiger Wirkung löst der bisherige VW-Markenchef, der Österreicher Herbert Diess, den im Dieselskandal gebeutelten Matthias Müller an der Spitze des weltgrößten Autobauers ab. Der neue Vorstandschef, der schon die lange ertragsschwache Hauptmarke auf Kurs brachte, drückte dem Konzern gleich seinen Stempel auf: Die zwölf Fahrzeugmarken werden in drei Markengruppen zusammengefasst; insgesamt wird es künftig sechs Geschäftsfelder sowie die Region China geben. Die Nutzfahrzeugsparte wird durch die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft für einen Börsengang vorbereitet.

Durch die neue Aufteilung werde der Konzern schlanker, könne Synergien besser nutzen und schneller entscheiden, erklärte Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch im Anschluss an eine Sitzung. Damit kommt Volkswagen auch der Forderung von Investoren nach, die schon länger bemängeln, dass der Konzern seine Kräfte besser einsetzen könnte. Dafür sei Diess der richtige Mann, erklärte Pötsch. Analyst Frank Schwope von der NordLB begrüßte den Wechsel: "Diess ist ein Mann der Tat." Er sei die beste Wahl, um Volkswagen in die nächste Phase der Transformation zu führen.

Lob für Müller

Müller gibt seinen Posten im gegenseitigen Einvernehmen ab. Er hatte vor zweieinhalb Jahren das Steuer von Martin Winterkorn übernommen, der wegen der Dieselaffäre zurücktreten musste. Müller habe Volkswagen nicht nur durch die schwierige Zeit gesteuert, sondern strategisch neu ausgerichtet, sagte Pötsch. Er habe dafür gesorgt, dass das Unternehmen in der Spur geblieben sei. Unter Müller hatte Volkswagen trotz hoher Lasten bei der Aufarbeitung des Dieselskandals zuletzt einen Rekordgewinn eingefahren.

Mit dem größten Umbau in der 80-jährigen Firmengeschichte geht ein Sesselrücken im Vorstand einher. Neben Einkaufschef Francisco García Sanz, der auf eigenen Wunsch ausscheidet, nimmt auch Personalvorstand Karlheinz Blessing seinen Hut, bleibt aber als Berater für VW tätig. Für ihn rückt der bisherige Generalsekretär und Vertraute von Betriebsratschef Bernd Osterloh, Gunnar Kilian, in den Vorstand ein. Sanz' Aufgabenfeld übernimmt kommissarisch VW-Beschaffungsvorstand Ralf Brandstätter.

Neue Gliederung

Die zwölf Fahrzeugmarken werden in eine Volumengruppe mit VW an der Spitze, eine "Premium"-Gruppe mit Audi sowie eine "Superpremium"-Gruppe mit Porsche gegliedert. Details zur Aufteilung der anderen Automarken nannte Volkswagen nicht und verwies auf eine für Freitag geplante Pressekonferenz, bei der Diess seine Pläne näher erläutern wolle. Ein Zeitpunkt für einen Börsengang des Nutzfahrzeuggeschäfts Truck & Bus, in dem Volkswagen die Marken MAN und Scania gebündelt hat, wurde nicht genannt. Insidern zufolge ist er für das erste Quartal 2019 geplant.

Der neue VW-Boss bekommt mit der Leitung der Volumengruppe mehr direkten Einfluss auf das operative Geschäft, als Müller hatte. Die Machtfülle des früheren BMW-Managers bei Volkswagen ist vergleichbar mit der von Winterkorn. Der hatte neben seiner Aufgabe als Konzernchef auch die umsatzstärkste Marke VW geleitet. Winterkorns Vorgänger Bernd Pischetsrieder, der einst ebenfalls von BMW gekommen war, hatte bei Volkswagen bereits sogenannte Markenwelten entwickelt, die aber nie umgesetzt wurden.

Der schon mehrmals als Abschusskandidat im Dieselskandal gehandelte Audi-Chef Rupert Stadler ist vom großen Sesselrücken nicht betroffen. Er leitet künftig die Premium-Gruppe. Porsche-Chef Oliver Blume wird ordentliches Vorstandsmitglied und Chef der "Super Premium"-Gruppe, die laut Insidern neben Porsche auch die Luxusmarken Bentley, Bugatti und Lamborghini umfasst. Die beiden größten Gewinnbringer – Audi und Porsche – in einer Gruppe zusammenzufassen wäre schwierig geworden, weil keine der beiden selbstbewussten Marken der anderen die Führung überlassen hätte, sagte ein Insider. Die für die Markengruppen verantwortlichen Vorstandsvorsitzenden übernehmen zusätzliche Führungsaufgaben im Konzern, um Diess zu entlasten. (APA, Reuters 13.4.2018)