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Medienhäuser sind durch die Macht von Google und Facebook unter Druck geraten.

Foto: AP / Marcio Jose Sanchez

Wien – Dass Google und Facebook Struktur und Inhalte von Journalismus verändern, gilt mittlerweile als unbestritten. Ob oder wie sehr die digitalen Medienriesen die Existenz des journalistischen Systems bedrohen, wird derzeit oft und oft diskutiert, zuletzt am Montag im Rahmen einer Veranstaltung des Friedrich Funder Instituts in Wien. "Im Zweifelsfall ohne Journalisten", lautete die apokalyptische Fragestellung, die Journalismus in Zeiten neuer Technologien zunehmend unter Druck sieht.

Information wird "immer einen ökonomischen Nutzen haben"

"Keine allzu großen Sorgen", müssten sich Journalisten um ihren Beruf machen, geht es nach Kanzleramtssprecher Gerald Fleischmann (ÖVP). "Die Funktionen eines Mediensystems ändern sich unwesentlich bis gar nicht, eine dieser Funktionen ist Information, und diese wird immer einen ökonomischen Nutzen haben", sagt Fleischmann. Journalismus habe "daher immer eine Existenzberechtigung", und es sei "Aufgabe der Politik, dass die Bedingungen dafür sichergestellt seien und Journalismus unabhängig ausgeübt werden könne: "Im Zweifel niemals ohne Journalismus", sagte Fleischmann.

Die der neuen Regierung nachgesagte Praktik der Message Control, also dass Politiker ihre Botschaft gezielt aussenden und kritischen Journalismus damit umgehen würden, möge "man bitte nicht überbewerten", sagte Fleischmann. Die neue Koalition habe im Unterschied zur alten "einen Plan", das verändere die politische Debatte.

"Vertrauensbildende Maßnahmen" der Politik

Die Minister seien jetzt "Fachleute, die "in der Innenpolitik noch nicht lang Zeit hinter sich gebracht haben", sagte Fleischmann. Dass es dabei zu Beginn einen Austausch darüber gibt, wie dieses innenpolitische System funktioniere, zählt Fleischmann zu "vertrauensbildenden Maßnahmen". Er habe ein "relativ gutes Verhältnis zu einem Großteil der Journalisten". Es sei auch Aufgabe der Politik, die journalistische Kontrollfunktion sicherzustellen.

Lisa Totzauer, ORF-1-Infochefin, und aller Voraussicht nach künftige Channel-Managerin im öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist "der festen Überzeugung, dass Journalismus einen Wert hat und dass die Mehrheit der Österreicherinnen diesen Wert schätzt und begreift, worin dieser Mehrwert besteht." Sie habe mit der Fragestellung der Veranstaltung – "Im Zweifelsfall ohne Journalisten?" – ein Problem, "weil sie hat für mich schon so einen Bart, außerdem werde die "Diskussion verkehrt geführt", sagte Totzauer.

"Wir haben qualitativ sehr hochwertige Kanäle, und wir haben Quellen, die wir nicht mehr zuordnen können, und wir haben eine Vielzahl von leicht hingeschriebenen in der Anonymität befindlichen Einzelmeinungen." Journalismus ist für Totzauer "immer eine Frage des Anspruchs, ein Thema zu verstehen, Zusammenhänge zu begreifen, Vielfalt mitzunehmen. Solange wir begreiflich machen können, dass dieser Anspruch einen sehr großen Wert in unserer Gesellschaft hat, mache ich mir keine Sorgen. Wenn wir diesen Anspruch verlieren, dann mache ich mir Sorgen."

Zusammenbruch "nicht eingetreten"

"Wenn Journalismus nicht mehr finanzierbar ist, wird es ein Problem geben", sagt Thomas Götz, stellvertretender Chefredakteur der "Kleinen Zeitung". Trotzdem sei er "nicht sehr pessimistisch", der mehrfach vorausgesagte Zusammenbruch des Systems sei nicht eingetreten. Götz erinnert sich an eine Aussage des damaligen FPÖ- und jetzigen Innenministers Herbert Kickl, der die Unabhängigkeit von herkömmlichen Medien angestrebt habe. Man wolle "direkt mit den Leuten kommunizieren", habe Kickl gesagt, erzählt Götz. "Wenn das Schule macht, wird es schwer, einen Konsens herzustellen in einer Gesellschaft."

Fleischmann sieht ökonomischen Druck auf Medienhäuser durch die Macht von Google und Facebook und sieht die Politik gefordert: "Ich bin überzeugt, dass die Antwort des österreichischen Medienstandorts auf diese Marktdominanz unter die wichtigsten Projekte dieses Regierungsprogramms zu reihen ist." Er verweist auf die Medienenquete im Mai, in der eine "selbstbewusste Antwort der Politik" gefragt sei.

Gesellschaftspolitisches Bewusstsein schaffen

Totzauer ist da skeptisch: "Selbst wenn wir eine gesamteuropäische Lösung inklusive aller Privaten und Öffentlich-rechtlichen schaffen", werde das die Verhältnisse nicht mehr umkehren.

Dem Blogger Johannes Huber ("Substanz") geht Verantwortungsbewusstsein in sozialen Netzwerken ab. Man müsse "gesellschaftspolitisch ein öffentliches Bewusstsein schaffen", dem "Einzelnen erklären, dass es einen Unterschied bedeutet, ob ich im Klassenzimmer etwas behaupte, oder auf Facebook etwas verbreite". (red, 10.4.2018)