Russlands Außenminister Sergej Lawrow kündigt eine Uno-Resolution zur Untersuchung des mutmaßlichen Giftgasangriffs in Douma an.

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Im Uno-Sicherheitsrat fand am Montag eine Dringlichkeitssitzung bezüglich Syriens statt.

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Russlands Botschafter Wassili Nebensja warnt den Westen davor, militärisch in Syrien aktiv zu werden.

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Moskau / New York / London / Paris – Eigentlich wollten die USA sich langsam aus Syrien zurückziehen, das Vorhaben scheint derzeit definitiv der Vergangenheit anzugehören. Nachdem US-Präsident Donald Trump eine "wichtige Entscheidung" binnen 48 Stunden als Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgasangriff auf die syrische Rebellenenklave Douma angekündigt und eine militärische Option nicht ausgeschlossen hatte, warnte Russland am Dienstag vor "schwerwiegenden Folgen" eines US-Militärschlags. Die Zeichen stehen seither auf Eskalation.

Das zeigte sich auch am Montag im Uno-Sicherheitsrat, wo sich Russland und die USA mit gegenseitigen Drohungen überzogen. Uno-Botschafter Wassili Nebensja stellte die Echtheit des mutmaßlichen Angriffs infrage. Seine US-Amtskollegin Nikki Haley betonte, ihr Land werde unabhängig von der Weltgemeinschaft handeln. Frankreich beschuldigte zwar ebenso wie die USA den Iran und Russland, Syrien bei den Angriffen unterstützt zu haben, Paris möchte aber den Giftgasnachweis in Douma abwarten. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hatte im März den tödlichen Einsatz von Chemiewaffen als "rote Linie" bezeichnet und mit "gezielten Schlägen" gedroht.

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Auch die britische Premierministerin Theresa May kündigte an, sie werde sich noch am Dienstag mit Trump zu Syrien absprechen. In Großbritannien selbst gerät sie unter wachsenden innenpolitischen Druck, sich an einem internationalen Militärschlag gegen das syrische Regime zu beteiligen.

Aufregung herrscht vor allem darüber, dass May erst rund 48 Stunden nach dem französischen Präsidenten mit Washington spricht. Paris könnte zum neuen wichtigsten Verbündeten der USA in Europa werden, spekulierte die BBC daraufhin. The Times verwies auf Quellen im Regierungsviertel, wonach Macron seinen US-Kollegen zu einem harten Vorgehen gegen Syrien "angestachelt" habe.

Dass tatsächlich ein Giftgasangriff stattfand, wird zumindest von Russland angezweifelt. Russland, so Nebensja, habe bereits vor dem angeblichen Giftgasanschlag gewarnt, dass eine solche Aktion vorbereitet werde, um Assad zu diskreditieren. Alle diejenigen, die jetzt Russland und Syrien aller möglichen Verbrechen bezichtigten, könnten "davon ausgehen, dass es keinen Giftgasangriff gegeben hat", sagte Nebensja.

Der Diplomat erklärte, Moskau sei bereit, den Experten der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) Zutritt zu gewähren. Sie könnten "schon morgen" nach Damaskus fliegen und würden von dort aus sicher zum angeblichen Tatort gebracht, um sich an Ort und Stelle von der Falschheit der Vorwürfe zu überzeugen. Auch die syrische Regierung hat die Organisation eingeladen, die Vorwürfe zu überprüfen. Russland will den Verdacht durch eine Uno-gestützte Untersuchung klären lassen und noch am Dienstag eine Resolution im Sicherheitsrat dazu einbringen.

Chemieexperten entsendet

Die OPCW wird jedenfalls Experten nach Douma schicken, teilte man am Dienstag mit. Wann das Team abreisen wird, wurde nicht gesagt. Die Bitte sei aber zeitlich mit einer Anfrage Syriens und Russlands nach Entsendung von Experten zusammengefallen.

Moskau sieht den Giftgasangriff als große Nebelwolke. "Der sonnabendliche Fake aus Douma hatte unter anderem das Ziel, die öffentliche Aufmerksamkeit vom Theater um den Fall Skripal abzulenken, in dem sich London endgültig verfahren hat, als es Russland mit unbewiesenen Anschuldigungen eindeckte und dabei seine Hauptaufgabe erfüllt hat: sich der Solidarität seiner Bündnisgenossen zu versichern und eine antirussische Front aufzubauen", sagte Nebensja. Ein Militärschlag gegen Syrien werde "schwerste Folgen" haben, warnte er.

In Syrien sind auch russische Truppen stationiert. Bereits am Dienstag meldeten Medien eine gefährliche Annäherung zwischen russischen und amerikanischen Truppen. Der US-Zerstörer Donald Cook steuerte demnach rund 100 Kilometer von der russischen Militärbasis Tartus die syrische Mittelmeerküste an, woraufhin russische Flugzeuge mindestens viermal aufstiegen.

In Douma selbst hält die Massenflucht von Zivilisten und Rebellen unterdessen an. Laut UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sind in den vergangenen vier Wochen über 133.000 Menschen geflüchtet. (ab, mhe, sbo, 10.4.2018)