Das kleine Österreich fand immer offene Türen in der großen Volksrepublik. Doch diesmal ist der Bahnhof für Wien besonders groß. Nicht weil der Besuch des Präsidenten, des Kanzlers, vierer Minister und einer riesigen Wirtschaftsgruppe auch für China ein Superlativ ist. Mehr zählt, dass die Österreicher unbeabsichtigt zur richtigen Zeit kamen. Chinas Führung brauchte sie händeringend.

Staatschef Xi Jinping wird sich am Dienstag mitten im schwelenden Handelskrieg mit den USA in Boao zum Freihandel und zu neuen Reformen bekennen. Österreichs Delegation ist mit dabei und stärkt Xi den Rücken. Die Botschaft zielt auf sein Land: Schaut, Europa steht hinter ihm. Trump kann ihn nicht in die Ecke drängen.

Für Peking gibt es einen weiteren Grund, warum es Österreich so hofiert. Im zweiten Halbjahr übernimmt es die EU-Ratspräsidentschaft. China hofft, dass Wien ihm hilft, jüngste Schieflagen im Verhältnis zu Brüssel zurechtzurücken, Kritik an seiner umstrittenen "16+1"-Politik gegenüber Zentraleuropa und an seiner Seidenstraßen-Initiative auszuräumen. Die Bundesregierung hat klargestellt, dass sie nur vermitteln kann, wenn sich auch China bewegt. Sie lässt sich trotz boomenden Ausbaus der Wirtschaftsbeziehungen und vieler neuer Chancen nicht vor Chinas Karren spannen, hat sich beim Antrittsbesuch in Peking gut geschlagen. Wien wird hier seine "Brückenfunktion" spielen können, ohne sich und Europa auseinanderdividieren zu lassen. (Johnny Erling, 9.4.2018)