Es sind stürmische Zeiten für die Vereinigten Staaten von Amerika, vor allem aber für US-Präsident Donald Trump: Im Handelskonflikt mit China zeigen ihm die KP-Mandarine in Peking, dass Realpolitik aus mehr besteht als aus Großmäuligkeit; viele auch außerhalb des Washingtoner Establishments erregt der Skandal um den Missbrauch von Facebook-Daten im Wahlkampf; die Schülerproteste gegen die Waffenlobby NRA bringen auch Trump in Bedrängnis; Kriegstreiber ersetzen besonnene Fachleute in seinem Kabinett. Und dann ist da noch Stormy Daniels.

130.000 Dollar vom Anwalt

Eine Affäre mit der Pornodarstellerin rund um den Zeitpunkt der Geburt seines Sohnes Barron 2006 bestreitet Trump nicht explizit. Nur von einer Schweigegeldzahlung an Frau Daniels kurz vor der Präsidentschaftswahl 2016 will er nichts wissen. Sein Anwalt sagt, er selbst habe die 130.000 Dollar aus eigenem Antrieb und eigenen Mitteln an Daniels überwiesen. Diese wiederum will Trump unter Eid vor Gericht dazu befragen lassen – und über den Umstand, dass sie dem nachmaligen Präsidenten angeblich den Hintern mit einer Ausgabe des Wirtschaftsmagazins "Forbes" versohlen musste, die dessen Konterfei auf dem Cover hatte.

Die USA, sie sind in eine Art Spirale der Pornopolitik geraten. Das Wesen der Pornografie ist es, alles zu zeigen – ohne jede Grenze und ohne jede Scham. Sexturner bieten dabei eine fragwürdige Ästhetik des Expliziten feil, innerhalb der – politisch – auch Donald Trump operiert. Und zwar in einer derart entwaffnenden Eindeutigkeit, dass ihm Skandale aller Art bisher nichts anhaben konnten. Denn niemand im ehrenwerten Publikum hatte etwas anderes als Skandale erwartet. Im Fall Stormy Daniels allerdings scheint die Sache ironischerweise anders zu liegen: Schamlosigkeit "strikes back". Pornografie sorgt für Anstand. Obszönität rettet die US-Demokratie.

"Sex and Balances"

Aus diesem Grund hat Frau Daniels Präsident Trump in der öffentlichen Meinung bisher schon mehr und nachhaltiger zugesetzt, als es Sonderermittler Robert Mueller mit all seinen Detektiven in der Russland-Affäre vermochte. Bei Letzterem mögen viele von Trumps Unterstützern davon überzeugt sein, dass er Fake-News in die Welt setze. Stormy Daniels dagegen ist glaubwürdig. Sie spielt auf demselben Feld wie Trump. Sie ist die Nemesis für den Meister des Expliziten. Hätten die US-Gründerväter einen Begriff für die derzeitigen Verhältnisse in die Verfassung schreiben müssen, sie hätten "Sex and Balances" gewählt. (Christoph Prantner, 8.4.2018)