Damit vom österreichischen Film- und Fernsehpreis Romy überhaupt Notiz genommen wird, muss offenbar eines passieren: Ein deutscher Satiriker wird ausgezeichnet, der in seine Dankesrede Witzchen über die dunklen Flecken deutsch-österreichischer Kollaboration streut. So geschehen schon 2015, als "Honig im Kopf"-Blödler Didi Hallervorden die goldene Romy "heim ins Reich führen" wollte.
Dass es Jan Böhmermann nicht so billig geben würde, war klar. Denn der 37-jährige Satire-Innovator hat in den letzten Jahren eines bewiesen: Erstens kommt es anders. Und zweitens als man denkt.
Slim-Fit-Regierung nach Strich und Satirefaden auseinandergenommen
Seine Nominierung in der Kategorie "Beliebteste Unterhaltungsshow" hatte der Blondschopf im Slim-Fit-Anzug genutzt, um im Vorfeld Österreichs Slim-fit-Regierung nach Strich und Satirefaden auseinanderzunehmen. In einer "Glitzerburka" werde er den Preis in der Hofburg in Empfang nehmen, verkündete er. Ganz "Alpenungarn" wolle er auf der Bühne bis ins Mark schockieren – flankiert von Armin Wolf, 100 syrischen Flüchtlingen und der Burschenschaft Hysteria.
Im Team von Satiregott Harald Schmidt
Böhmermanns eigene Geschichte begann 1981 in seiner Geburtsstadt Bremen. Mit 17 verlor Jan seinen Vater, einen Polizisten, der an Leukämie litt. Der frühe Verlust zwang ihn eigenen Aussagen zufolge zur raschen Selbstständigkeit. Er begann als Journalist beim Rundfunk, landete 2009 im Team von Satiregott Harald Schmidt.
2013 gelang Böhmermann der große Durchbruch mit der Late-Night-Show "Neo Magazin Royale" auf ZDF neo. Hier präsentiert er mit einem jungen Team kluger Köpfe Woche für Woche feinste Mediensatire, die zuweilen Weltpolitik und Gerichte beschäftigt: Sein Schmähgedicht über Recep Tayyip Erdogan, in dem er selbigem unterstellte, mit Ziegen zu verkehren, ging um den Globus. Bei RTL schleuste er investigativ einen seiner Mitarbeiter ein, mit dem von Zooäffchen getexteten Lied Menschen Leben Tanzen Welt schaffte er es in die Charts und demaskierte die ganze Branche.
In Österreich, sagte er, ruhe er sich gern aus: Es sei eben "ein Land, das vom Zweiten Weltkrieg und der Verantwortung für den Nationalsozialismus völlig unberührt ist". (Stefan Weiss, 8.4.2018)