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Wien – Bevor Thomas Frank auf der Bühne stand, stand er an einer CNC-Maschine. Das sind computergesteuerte, zu Präzisionsarbeiten geeignete Werkzeugmaschinen im Anlagenbau (Computerized Numerical Control). Dem aufgeweckten jungen Mann war das aber zu eintönig. Wenn man ihn heute als sich freitanzenden Gendarmen (Höllenangst) oder als rasend die Staatsdokumente stempelnden Kanzler Dollfuß (Alles Walzer, alles brennt) am Volkstheater sieht, weiß man, warum.

Wie gut, dass Thomas Frank nicht an eine hüftsteife Berufswelt verlorengegangen ist. Der Drang zum Tun und Machen und dabei, wenn möglich, auch einen Spaß haben, ist der Antrieb dieses Schauspielers. Davon profitieren Regisseure und Kollegen. Und auch wenn es Papa Frank noch immer nicht ganz glauben kann, dass sein Sohn tatsächlich Schauspieler geworden ist, hat dieser, heute 38 Jahre alt, eine überaus beständige Ensemblekarriere vorzuweisen. Gleich nach dem Abschluss am Max Reinhard Seminar 2007 ging Frank ans Schauspielhaus Graz zu Anna Badora und folgte ihr dann auch 2015 ans Volkstheater nach Wien.

Sitzende Lieblingsbeschäftigungen

Ab Mittwoch spielt er da den strauchelnden Künstler und Möchtegernbräutigam Brindsley Miller in Peter Shaffers Komödie im Dunkeln. Die Gefahr, dabei in Finsternis über sündteure Möbel zu stürzen, ist groß. Das hat Thomas Frank aber im kleinen Finger. Auch wenn er sich selbst als "Wirtshausmenschen" bezeichnet, sich also auch zu sitzenden Lieblingsbeschäftigungen bekennt, ist sein kräftiger, aufbegehrender Körper das Instrument, der Garant und die schlagende Behauptung, die eine Figur zum Vorschein bringt. Als hochnotkomischer Gutsverwalter in Tschechows Iwanow beispielsweise plumpste Frank samt heftig befuchtelter Schrotflinte in einem Bravourakt der Ungeschicklichkeit geradezu lebensgefährlich vom russischen Sitzmöbel.

Ein mit Herz und Verstand gespielter Slapstick, der Thomas Frank als einen Mann vom Komödienfach ausweist, eine Zuschreibung, die als stehender Begriff heute beinahe obsolet geworden ist. Denn Spielstile greifen längst ineinander, Tragisches wird heute nicht mehr im hohen Deklamationston verhandelt, vielmehr mit tragikomischem Zugriff.

Prädestiniert für das Heitere

Thomas Frank scheint aber prädestiniert für das Heitere und gilt am Haus als "Komödienwunderwaffe". Bei genauer Betrachtung aber ist er noch viel mehr, nämlich so etwas wie der Nicholas Ofczarek des Volkstheaters. Ein Schauspieler, der innen brodeln kann und bei dem Vorsicht geboten ist, wenn er sich wie Peter Falk doch noch einmal umdreht.

Als Wendelin in Johann Nestroys Höllenangst schreit er im Angesicht des vermeintlichen Luzifers so inbrünstig gegen die blanke Panik an, dass man im Publikum die Existenz des Teufels und seine Wirkung schlagartig als gegeben hinnimmt.

In Heidenreichstein im Waldviertel, nahe der tschechischen Grenze, wo Thomas Frank aufgewachsen ist, war (und ist) nicht gerade die Hölle los. Die Laientheatergruppe war die Lösung. In dieser spielte schon die Mutter. Und auch der Wiener Urgroßvater väterlicherseits hatte weiland die Theaterbühne der Schulbank vorgezogen. Also: Sich zusammenzufinden, das gefiel Thomas Frank. Der Gemeinschaftsgedanke des Theaters war später auch Motiv für den Berufsschwenk vom Anlagenmonteur zum Schauspieler. Vom Wunsch nach Zusammenhalt profitieren auch heute die Kollegen am Theater. Denn wenn im privaten Haushalt eine Lampe zu montieren ist, dann ist Thomas Frank die erste Adresse und immer zur Stelle.

Sprich nie von der Traumrolle

Auch wenn er die Gesetze der Physik genau kennt, so kapituliert ein Schauspieler doch auch gern vor dem Aberglauben. Man sieht es Thomas Frank nicht an, aber mindestens zwei Grundregeln beachtet er: Sprich nie von deiner Traumrolle, sonst geht sie nicht in Erfüllung. Und geh nie pfeifend auf die Bühne, denn das war einst das Geräusch der Gaslampen vor der Explosion.

So sehr genießt Thomas Frank die Verwandlungskunst, dass er einzelnen Kostümen nachtrauert. Verständlich, wenn man weiß, welch tolle Teile er schon trug. Zu den Lieblingsstücken gehört ein mintfarbiger 70er-Jahre-Anzug mit leichtem Glockenschnitt. So einen hätte er gern wieder. (Margarete Affenzeller, 7.4.2018)