Im Umgang mit Flüchtlingen aus Afghanistan ist Europa ein gespaltener Kontinent. Das zeigen die höchst uneinheitlichen Anerkennungsraten, die zwischen einem "Schutz für fast alle" und "Schutz für fast niemanden" variieren. Auch die Abschiebepraxis zeugt von Kontrasten: neun EU-Staaten, darunter Österreich, schicken abgelehnte Asylwerber derzeit zurück, 17 tun das nicht.

Diese Asyllotterie wird sich in den kommenden Monaten um ein weiteres Feld erweitern. Es geht darum, ob Afghanen in europäischen Ländern Schutz bekommen sollen, weil sich in ihrem Heimatland blutige Anschläge häufen. Das ist unabhängig von der Frage zu beurteilen, ob ein Flüchtling individuelle Gründe hat, um Asyl zu erhalten.

Genauso hat nun in Paris ein Asylberufungsgericht entschieden. Auch beim UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR arbeitet man derzeit unter Hochdruck an einer Neueinschätzung der Lage in dem seit Jahrzehnten kriegsgebeutelten Land. Denn Afghanistan wird immer unsicherer, und das lässt Abschiebungen dorthin immer unhaltbarer erscheinen – so man die Menschenrechte ernst nimmt.

In diesem Zusammenhang wird es auch in Österreich spannend. Die Frage lautet etwa, ob Innenminister Herbert Kickl an seinem Plan, heuer forciert nach Afghanistan abschieben zu wollen, auch festhalten wird, wenn man auf internationaler Ebene umdenkt. Wenn ja, würde das nicht nur die Spaltung in der EU vertiefen. (Irene Brickner, 5.4.2018)