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Die Regierung lehnt eine CO2-Steuer weiter ab. Vielmehr will man über einen CO2-Mindestpreis auf EU-Ebene diskutieren.

Foto: Reuters/Peter Andrews

Lachende junge Menschen, saftig-grüne Wiesen, Windräder, unterlegt von elektronischer Musik: Das Video bei der Präsentation zur jahrelang angekündigten Klima- und Energiestrategie der Bundesregierung erweckt den Eindruck, die Energiewende hätte schon längst stattgefunden. Konkrete Antworten, wie Österreich dorthin kommen soll, blieben Umweltministerin Elisabeth Köstinger und Verkehrsminister Norbert Hofer Journalisten am Dienstag bei einer Pressekonferenz in der Wirtschaftsuniversität Wien schuldig. Die Zeit für Fragen war kurz bemessen, der Videoclip konnte nicht warten.

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion ganz ohne Wissenschafter, dafür mit viel Eigenlob (in anderen Regierungskonstellationen wäre ein solches Strategiepapier "nicht möglich gewesen", so Hofer) stellten die Minister die "#mission2030" vor. "Teilt diesen Hashtag auf Twitter und lasst eure Follower wissen, dass ihr auf einem wichtigen Event seid", ließ die Moderatorin im Vorfeld wissen. Dazu gab es regionale Bioschmankerln. Die Strategie werde das "Ende der fossilen Energie" einläuten, sagt Köstinger. Gelingen soll das ganz ohne Verbote, Steuern oder anderen Belastungen.

Konkrete Eurobeträge fehlen

Woher das Geld für die Umsetzung der zehn Leuchtturmprojekte kommen soll, ließen die Minister offen: Konkrete Eurobeträge in Bezug auf das Gesamtvorhaben sind in dem rund 60-seitigen Papier nicht zu finden. Beziffert wurden hingegen einige Teilbereiche: In den Ausbau des Bahnverkehrs sollen laut Hofer in den nächsten Jahren rund 14 Milliarden Euro fließen. "Im Umweltbereich wird nicht gekürzt", verspricht Köstinger. Ganz im Gegenteil: In diesen sollen "einige hundert Millionen Euro" investiert werden. Weitere Mittel stünden zudem der Forschung zur Verfügung. Auch den Privatsektor will die Regierung für Klimaagenden mobilisieren und Anlegeroptionen im Bereich der grünen Finanz ausbauen.

"Nicht Paris-kompatibel"

"Mit dem aktuellen Umweltbudget wird es nicht funktionieren", kommentiert Christiane Brunner, ehemalige Umweltsprecherin der Grünen, die Klimastrategie. Brunner räumt ein, dass die Strategie ein erster Schritt in die richtige Richtung sei, dennoch sei das Papier "nicht ambitioniert genug, die Ziele sind noch nicht Paris-kompatibel".

Damit spricht sie einen der langfristigen Rahmenpunkte an, unter dem die Klimastrategie verfasst wurde: das Pariser Abkommen. Namensgebend für die Mission 2030 ist hingegen die nächste von der EU festgelegte Dekarbonisierungsetappe. Österreich muss demnach seine CO2-Emissionen bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2005 um 36 Prozent außerhalb des Emissionshandels reduzieren. Bisher sind die Emissionen in Österreich um nur acht Prozent zurückgegangen. "Wir müssen aufhören, Politik für irgendwelche Prozentsätze zu machen", sagt Köstinger dazu. Ein Umdenken würde ohne Länder und Gemeinden jedoch nicht funktionieren. Welche Instanz wofür zuständig ist, wird in dem Papier genauso spärlich erwähnt wie konkrete Instrumente und ein klarer Zeithorizont für die Umsetzung. Während diese Punkte in einer früheren Version, die dem STANDARD vorliegt, für jedes Leuchtturmvorhaben konkretisiert waren, wurden sie aus dem finalen Papier gestrichen.

Keine CO2-Steuer

Auch die oft geforderte Einführung einer CO2-Steuer lehnt die Regierung weiter ab, um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs nicht einzuschränken, wie es heißt. Vielmehr wolle man über einen CO2-Mindestpreis auf EU-Ebene diskutieren. Wirtschaft und Klima würden sich gegenseitig ergänzen, meint Hofer.

Zahlreiche Umweltorganisationen hatten im Vorfeld kritisiert, dass das Strategiepapier durch Wirtschaft und Industrie weichgezeichnet wurde. "Die Kritik im Vorfeld zeigt, dass wir einen guten und konstruktiven Weg der Mitte gewählt haben", sagte Köstinger dazu und ergänzt: "Die harsche Kritik gehört auch zum Kerngeschäft der Umweltschutzorganisationen." Greenpeace hatte etwa angemerkt, dass Ziele, Zeitpläne, Maßnahmen, Zuständigkeiten und Finanzierung fehlen.

Absichtserklärungen "mit Leben füllen"

Für Jürgen Schneider, Klimaexperte des Umweltbundesamts, ist die Strategie ein Meilenstein in einem "längeren intensiven Prozess." Die bisher vorgestellten Maßnahmen seien die Eckpunkte dafür. Nun müssten die Absichtserklärungen "mit Leben gefüllt werden", meint Schneider. Das Umweltbundesamt wurde in die Erstellung der Strategie nicht miteinbezogen, man habe jedoch "Zahlen, Daten und Fakten geliefert".

In den kommenden fünf Wochen soll das Strategiepapier in Begutachtung gehen. Dabei sind nicht nur Experten gefragt, betont Köstinger, auch Bürger können sich an dem Prozess beteiligen. Eine finale Version der Strategie will die Regierung schließlich im Juni präsentieren. (Nora Laufer, 3.4.2018)