Bild nicht mehr verfügbar.

Wanda Robson hat einst ein Buch über ihre berühmte Schwester geschrieben.

Foto: REUTERS/Chris Wattie

Bild nicht mehr verfügbar.

Viola Desmond wird auf dem Zehn-Dollar-Schein in ungewöhnlichem Hochformat abgebildet, damit sie besser zur Geltung kommt.

Foto: Reuters

Als die junge Schwarze Wanda Robson in Halifax in der kanadischen Provinz Nova Scotia lebte, wurde sie von weißen Mitschülern als "Nigger" beschimpft. In manchen Läden ignorierte sie das Personal einfach. Eine Friseuse sagte zu ihr vor Kundschaft: "Wir bedienen keine Leute wie Sie." Heute, im Alter von 91 Jahren, muss sie Worte dafür finden, dass ihre Schwester Viola Desmond den Zehn-Dollar-Schein ziert: "Ich kann nicht glauben, dass nach all den Jahren Viola auf einer Banknote zu sehen ist."

Viola Desmond wurde damit von Kanadas Regierung als Kämpferin gegen Diskriminierung geehrt. Die Präsentation der Banknote erfolgte am Weltfrauentag am 8. März. Damit ist sie die erste Schwarze, die in Kanada eine Banknote ziert. Wanda Robson, die heute in North Sydney in der Provinz Nova Scotia lebt, ist ungemein stolz auf ihre zwölf Jahre ältere verstorbene Schwester: "Sie ließ sich nicht als Mensch zweiter Klasse behandeln."

In einem aufsehenerregenden Vorfall im Jahr 1946 wehrte sich Viola Desmond gegen die Rassentrennung, neun Jahre bevor Rosa Parks in den USA die Bürgerrechtsbewegung mit auslöste. Im Roseland-Kino im Städtchen New Glasgow war es Schwarzen einst nur erlaubt, sich auf den Balkon zu setzen. Desmond, die damals als 32-Jährige bereits eine erfolgreiche Geschäftsfrau für Kosmetikprodukte war, nahm jedoch im Hauptsaal Platz. Als man sie wegweisen wollte, wehrte sie sich. Daraufhin sperrte man sie für zwölf Stunden ins Gefängnis.

Wegen eines Cents verurteilt

Es gab in Kanada kein Gesetz wie in den USA, das Rassentrennung vorschrieb. Aber im Alltag wurde sie früher stillschweigend praktiziert. Man klagte Desmond an, sie habe die höhere Steuer für den teureren Sitz im Hauptsaal nicht bezahlt – die Differenz betrug ein Cent. Desmond wurde sie wegen Betrugs verurteilt, focht dann das Urteil mit Unterstützung ihrer Baptistenkirche an, unterlag aber in höchster Instanz.

"Sie ist für sich aus Selbstachtung eingestanden", sagt Wanda Robson zum STANDARD, "und hat es auch für die schwarze Gemeinde getan." Desmond setzte sich auch danach für Schwarze ein. Sie schuf für sie Arbeitsplätze in ihrer Firma und gründete eine Kosmetikerinnenschule für schwarze Frauen. Sie kaufte Häuser und vermietete sie an Schwarze. "Unsere Mutter hat uns Selbstvertrauen eingeimpft", erinnert sich Robson. Die Familie lebte in einer weißen Wohngegend in Halifax, was für sie nicht einfach war.

In Nova Scotia befand sich einst die größte Ansammlung von freien Schwarzen in Nordamerika, noch vor der Abschaffung der Sklaverei in Amerika im 19. Jahrhundert. David Woods, der Theaterstücke über Viola Desmond schrieb, betont, dass es in der Provinz noch bis in die 1970er-Jahre getrennte Schulen und Hotels gab. Schwarze konnten früher weder Lehrer noch Krankenschwestern werden. "All das begann mit der Bürgerrechtsbewegung zu bröckeln", sagt Woods.

Rehabilitation erst im Jahr 2010

Desmond starb 1965 an einer Krankheit. Gerechtigkeit wurde ihr erst 2010 zuteil, der Staat Kanada entschuldigte sich offiziell bei ihrer Familie und strich sie posthum aus dem Strafregister. Anfang 2018 wurde sie zur nationalen historischen Person erklärt, und nun also die Banknote.

Heute, sagt Robson, sei es in Kanada viel besser geworden. Aber kürzlich habe die Polizei ihren Sohn angehalten und grundlos kontrolliert. Sie vermutet, weil er als Schwarzer einen teuren Lexus fuhr. Der Sohn habe sich nicht beklagt. Viola Desmond dagegen hätte nicht den Mund gehalten, glaubt Wanda Robson: "Meine Schwester war radikaler und immer direkt." (Bernadette Calonego aus Vancouver, 31.3.2018)