Dass sich die Stadt Wien über den positiven Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts zum Bau der dritten Piste am Flughafen Wien-Schwechat freut, ist doppelt originell. Denn der Spruch, der nach vielen Jahren des Streits grünes Licht für den Ausbau des Hauptstadtflughafens bedeutet, deckt die zweifelhafte Rolle des Wiener Rathauses in dieser Auseinandersetzung zu. Als staatlicher Kernaktionär forcierte das Bundesland Wien den Bau der dritten Start- und Landebahn stets. Als Anrainergemeinde, über deren Lufthoheit die Flugzeuge den Airport in Schwechat anfliegen, bekämpfte die Bundeshauptstadt den positiven Bescheid für die Umweltverträglichkeitsprüfung.

Janusköpfiger kann man fast nicht vorgehen, wenngleich die Stadtverwaltung ihren Widerstand gegen das seit mehr als zehn Jahren umkämpfte Projekt stets damit begründete, sie habe lediglich die Klärung der Frage erhofft, wie viele Flugzeuge denn nun täglich über die Wohngebiete im Süden Wiens fliegen dürfen. Die Klärung erfolgte (erwartungsgemäß) nicht, das Gericht gab aber grünes Licht für den Bau der dritten Piste. Die Anrainer dürfen nun mehr Flüge und Schadstoffausstoß über ihre Köpfe hinweg erwarten. Die Reaktion der Politiker auf den positiven Spruch fiel durch die Bank typisch österreichisch aus: Vom designierten Wiener Bürgermeister Michael Ludwig abwärts jubeln alle, obwohl noch niemand realisiert hat, an welche Auflagen der Richtersenat seine Zustimmung geknüpft hat.

Verkehrskonzept mit verdientem Namen

Dabei sind diese Auflagen, so weit absehbar, durchaus schmerzhaft für den Bauherrn und dürften für die teilstaatliche Airportgesellschaft vor allem kostspielig werden: Es muss gewährleistet sein, dass innerhalb von fünf Jahren nach Inbetriebnahme der neuen Piste eine CO2-Neutralität des Flughafens erreicht wird. Außerdem sind bereits vor Inbetriebnahme der dritten Piste in den Bereichen Abfertigung, Triebwerk-Probeläufe und stationäre Infrastruktur "Maßnahmen zu setzen, die eine Reduktion der CO2-Emissionsmengen um 30.000 Tonnen zur Folge haben".

Der Flughafen wird also Bäume, ja ganze Wälder pflanzen müssen, die Flugrouten optimieren (andere Airports fertigen trotz Nachtflugverbots deutlich mehr Maschinen am Tag ab) und vor allem ein Verkehrskonzept entwickeln müssen, das diesen Namen verdient. Verwinkelt, wie der Vienna International Airport derzeit ist, wird auf dem künftig größeren Flughafenareal samt Businesspark noch mehr Verkehr produziert. Um Fluglärm zu reduzieren, schreibt das Gericht auch noch strengere Grenzwerte für Tag- und Nachtflüge vor.

Das Flughafen-Management könnte diese Auflagen nun bekämpfen, wird dies aber wohl nicht tun. Viel zu groß ist das Risiko, vom Verwaltungsgerichtshof noch mehr aufgebrummt zu bekommen. Mit dem auf gut eine halbe Milliarde Euro taxierten Bau beginnen wird man wohl auch nicht, obwohl dies rechtlich möglich wäre. Die streitbaren Pistengegner könnten ja in der nächsten Instanz gewinnen.

Noch ist die Rechtssicherheit, die Industrie und Flugbranche ständig einfordern, nicht erreicht. Aber der Weg dahin scheint geebnet – obwohl eine gute Wirtschaftsentwicklung noch nicht als Staatsziel in der Verfassung steht. Diesen Unfug sollte die schwarz-blaue Regierung noch einmal überdenken. Die politische Energie ist in verständlichen, praktikablen und verträglichen Umwelt- und Bauvorschriften besser investiert. (Luise Ungerboeck, 29.3.2018)