Der Guppy Poecilia vivipara hat sich, vom Meer umzingelt, in einem isolierten Lebensraum etabliert.
Foto: Sergio Lima

Natal – Die Inselgruppe Fernando de Noronha liegt etwa 350 Kilometer vom brasilianischen Festland entfernt. Und der Archipel ist vulkanischen Ursprungs, hat sich also direkt aus den Wellen erhoben und war nie mit dem Festland verbunden. Dennoch kann man eng verwandte Süßwasserfische auf beiden Seiten des Meeres finden – wie die Tiere den Ozean überquerten, ist nach wie vor ein Rätsel.

Bei dem Tier aus dem Archipel handelt es sich um den Guppy Poecilia vivipara, einen engen Verwandten des als Aquarienfisch beliebten Guppys Poecilia reticulata. Die Insel-Spezies ist ähnlich kleingewachsen und auf Süß- und Brackwasserzonen beschränkt; im Meer kann sie nicht überleben.

Forscher um Waldir Berbel-Filho von der Universidade Federal do Rio Grande do Norte haben nun genetische Analysen an Fischen auf beiden Seiten des Meeres durchgeführt. Diese zeigten, dass die Population, die isoliert in den Mangroven des Archipels lebt, tatsächlich von Guppys aus denjenigen Festland-Regionen abstammen muss, die der Inselgruppe direkt gegenüber liegen. Irgendwie ist der Winzling also übers Meer gekommen.

Schön, aber auch weit von der alten Heimat entfernt: der Archipel Fernando de Noronha.
Foto: Luciano Barros-Neto

Laut den Forschern gibt es zwei denkbare Erklärungen, eine davon geht von menschlicher Mithilfe aus: Guppys werden in Brasilien gerne in Wasserreservoirs ausgesetzt, um Moskitolarven zu fressen. Möglicherweise wurde diese Maßnahme, die der Vorbeugung vor Krankheiten dient, einst von der US-Armee übernommen. Die hatte nämlich während des Zweiten Weltkriegs Basen sowohl auf dem Archipel als auch an der gegenüberliegenden Küste betrieben. Diese Erklärung gilt als die wahrscheinlichere, auch wenn es keine Aufzeichnungen gibt, die das Aussetzen auf Fernando de Noronha zweifelsfrei belegen.

Die Forscher wollen aber auch nicht ganz ausschließen, dass der kleine Fisch es aus eigener Kraft geschafft hat: Eine günstige Strömung, ein bisschen Anpassungsfähigkeit und eine Portion Glück könnten zusammengekommen sein, um die Ahnen der heutigen Inselpopulation durchs Meer zu tragen. Denn wie wir seit "Jurassic Park" wissen: Das Leben findet immer einen Weg. (jdo, 3. 4. 2018)