Wien – Am Ende hat Richter Philipp Schnabel noch einen Ratschlag für Thomas N. (Name geändert, Anm.) parat: "Lassen Sie die Leute um sich in Ruh, auch wenn Sie in einer manischen Phase sind", sagt er zum 41-jährigen Angeklagten. Der leidet an einer bipolaren Störung und soll sich im vergangenen Oktober und November ziemlich aufgeführt haben: Sachbeschädigung und gefährliche Drohung werden ihm vorgeworfen.

N. ist ein eher untypischer Angeklagter. "Er kommt aus gutem Haus", sagt sein Verteidiger Herbert Eichenseder, tatsächlich ist er der Sohn eines bekannten Unternehmers. Geholfen scheint ihm die Herkunft nicht unbedingt zu haben: Nach 14 Semestern beendete er das Jus-Studium ohne Abschluss, zuletzt war er arbeitslos, in seiner Strafregisterauskunft scheinen fünf Vorstrafen auf, und derzeit verbüßt er eine sechsmonatige Haftstrafe.

Todesdrohung gegen Königsfamilie

Das erste angeklagte Delikt ereignete sich am 25. Oktober. N. hinterließ an der Windschutzscheibe eines saudi-arabischen Diplomaten einen Brief. "Tell Your royal family I want to kill You and Your worthless seed", stand dort zu lesen. "Ich hatte auf Phoenix eine Dokumentation über Saudi-Arabien gesehen und fühlte mich angehalten, meinen Unmut über die Königsfamilie kundzutun", erklärt er dazu.

Dass das Auto mit diplomatischem Kennzeichen tatsächlich einem Saudi gehörte, habe er nicht gewusst, beteuert er. Für die Ausforschung benötigte die Polizei keinen Jahrhundertdetektiv – N. hatte seinen Namen und Adresse auf den Umschlag geschrieben.

Sechs Tage davor hatte er im Jugendstil-Stiegenhaus seines Wohnhauses die Wände mit Lackfarbe besprüht und einen mittlerweile beglichenen Schaden von über 6.000 Euro verursacht. "Ich habe mir gedacht, dass es eine gute Idee ist und das Haus verschönert", kann er als Entschuldigung bieten.

Auto aufgehalten und beschädigt

Ebenfalls am 25. Oktober stellte er sich mit ausgebreiteten Armen in der Wiener Innenstadt auf die verlängerte Habsburgergasse, die die Fußgängerzone Graben kreuzt, und hielt ein monegassisches Fahrzeug auf. Laut Anklage habe er sich der Fahrerin gegenüber als Polizist ausgegeben, eine Delle in die Karosserie geschlagen und einen Seitenspiegel abgebrochen.

Der letzte Anklagepunkt ist ein Vorfall vom 25. November. In der U2 schrie er grundlos eine Frau mit Kopftuch an. "Fick dich, du Hure von Allah, Kopftuchträgerin, ich töte dich, ich schlachte dich ab!", brüllte er. "Ich geniere mich sehr dafür, kann mich aber nicht mehr daran erinnern", sagt er nun.

Das 49-jährige Opfer scheint noch immer mitgenommen, wie sich beim Auftritt der Zeugin zeigt. "Mir ist der Herr schon am Bahnsteig aufgefallen, er ist ständig auf und ab gegangen und mir nahe gekommen. Im Waggon hat er dann diese ganzen Dinge gesagt, es waren nur Frauen und Kinder da, ich habe Angst gehabt", sagt sie, während sie die Tränen zurückhalten muss. Nachdem er ausgestiegen war, spuckte N. noch auf die Scheibe, dabei konnte die Frau ein Foto von ihm machen.

Seit acht Jahren in Behandlung

"Wie geht es Ihnen in den manischen Episoden?", fragt der Richter den Angeklagten. "Ich bin angetrieben, manisch, habe Schlafstörungen." – "Und was hindert Sie daran, so zu handeln, um solche Situationen zu vermeiden?" – "Ich bin seit acht Jahren in Behandlung, es ist eine Feinjustiererei mit den Medikamenten. Wenn ich diese Katastrophe hinter mir habe und aus dem Gefängnis entlassen werde, werde ich in eine Spezialklinik gehen", sagt N. ernst.

Da die angeklagten Vorfälle schon vor der jüngsten Verurteilung stattfanden, verhängt Schnabel zu den sechs Monaten eine nicht rechtskräftige Zusatzstrafe von vier Monaten unbedingt. "Sehr stark mildernd ist die Erkrankung", begründet der Richter. "Sonst würden Sie an der Höchststrafe kratzen, und die offenen Vorstrafen würden widerrufen werden. Und wenn sich nichts ändert, werden Sie mit weit höheren Strafen rechnen müssen", warnt Schnabel noch. (Michael Möseneder, 28.3.2018)