Wie gefährlich ist Präsident Donald Trump für die Welt und für die USA? Selbst viele, die ihn für einen Scharlatan und notorischen Lügner halten, haben bis vor kurzem gesagt: nicht sehr. Trotz seiner jähzornigen Twitterei schienen der Nationale Sicher-heitsberater H. R. McMaster, Außenminister Rex Tillerson und Verteidigungsminister James Mattis seinem ignoranten Draufgängertum Grenzen gesetzt zu haben. Angesichts der großen Delegation, die ihn vor zwei Monaten zum Weltwirtschaftsforum in Davos begleitet hat, meinte ein europäischer Spitzenmanager zur Financial Times: "Trumps' Tweets scheinen verrückt zu sein, sein Team ist es nicht."

Während des ersten chaotischen Jahres der Trump-Präsidentschaft funktionierten zwei Säulen relativ normal: der Nationale Sicherheitsrat unter General McMaster und der Nationale Wirtschaftsrat, geleitet von dem Ökonomen Garry Cohn. Der erste wurde vor einigen Tagen durch den gefürchteten Falken John Bolton abgelöst, während Cohn aus Protest gegen Trumps Handelskriegsdrohungen demissionierte. Tillerson erfuhr von seiner Ablöse durch einen Tweet Trumps. An wichtigen Stellen des Apparats in seiner Umgebung erscheinen Scharfmacher wie CIA-Chef Pompeo als designierter Außenminister oder der Wirtschaftsjournalist Larry Kudlow, ein Leichtgewicht vom Trump-freundlichen Fox-TV-Kanal.

Die größte Gefahr für die Zukunft bedeutet wohl das öffentlich bekundete Hochgefühl Trumps angesichts des Ausscheidens einer ganzen Reihe von Personen aus dem Weißen Haus, die ihm, ob es um Nordkorea oder Zölle ging, zur Mäßigung und Zurückhaltung geraten haben. Bei einem Abendessen sagte Trump wörtlich: "Es ist wirklich sehr aufregend und erfrischend. Ich mag Chaos, es ist wirklich gut." Bedeutende Zeitungen wie die New York Times oder die Washington Post sehen die größte Gefahr in der Person des neuen Sicherheitsberaters Bolton, der so wie der künftige Außenminister Pompeo nur Trumps schlimmste nationalistische Instinkte und Stimmungen verstärken wird.

Wenn man am Rande einer USA-Vortragsreise mit Diplomaten, Journalisten und Politologen von Washington und New York bis Berkeley und Los Angeles spricht, spürt man sogar die Angst vor der ungezügelten Herrschaft Trumps, der bei einer Pressekonferenz mit dem schwedischen Ministerpräsidenten kürzlich händereibend strahlte: "Ich mag Konflikt. Ich mag, ihn anzusehen, und glaube, das ist der beste Weg." Von "America first"-Nationalisten umgeben, steuert dieser durch Machtgefühl enthemmte, rach- und fernsehsüchtige Narziss einen brandgefährlichen außen- und innenpolitischen Kurs.

Wir sollten uns nichts vormachen, was Trumps autokratische Tendenzen angeht. Er ist nicht harmlos. "Die Diktatoren lieben ihn, und er liebt sie", lautete eine NYT-Schlagzeile. Trumps "America first" ist nicht mehr der Anker der liberalen Demokratie und der Nachkriegsordnung. Wir wissen nicht einmal, wie weit dieser von sich besessene und durch Sexskandale diskreditierte Mann zu gehen bereit ist, um seine Kritiker und vor allem den Sonderermittler Mueller (Russland-Kontakte!) zum Schweigen zu bringen. (Paul Lendvai, 26.3.2018)