Sozialministerin Beate Hartinger (FPÖ) muss die nationale Drogenkoordination neu besetzen.

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Wien – Seit Jahresbeginn ist die Leitung der bundesweiten Drogenkoordination unbesetzt. Die Stelle ist nach der Eingemeindung des Gesundheitsministeriums ins Sozialministerium nun ebendort angesiedelt und hat zentrale Bedeutung für das österreichische Suchthilfekonzept und die heimische Drogenpräventionspolitik. Im Büro von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hieß es auf Anfrage des STANDARD, dass die Position in den kommenden Wochen besetzt werden soll. Wer der bisherigen Drogenkoordinatorin Johanna Schopper nachfolgen soll, stehe noch nicht fest.

Interimistischer Chef der Abteilung ist der bisherige Stellvertreter Raphael Bayer, der intern für viele als logischer Nachfolger gilt. Als möglicher Kandidat wird aber auch Franz Pietsch genannt, der schon einmal, nämlich von 2001 bis 2010, Drogenkoordinator des Landes war.

Repressive Maßnahmen

Der 58-jährige Jurist und ehemalige Bundesheeroffizier war in der schwarz-blauen Ära unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel eher überraschend nationaler Drogenkoordinator geworden. Seine Karriere im Ministerium hatte er als stellvertretender Kabinettschef des früheren Gesundheitsstaatsekretärs Reinhart Waneck (FPÖ) begonnen.

Als Drogenkoordinator war Pietsch in der Fachwelt der Suchthilfe umstritten. Er habe mehr auf repressive Maßnahmen gesetzt als auf gesundheitsbezogene Maßnahmen für suchtkranke Menschen, lautete die Kritik. Unter seiner Ägide wurden beispielsweise retardierte Morphine in der Substitutionsbehandlung zu Medikamenten zweiter Wahl. Dieser von abhängigen Patienten bevorzugte Drogenersatz war vermehrt auf dem illegalen Schwarzmarkt aufgetaucht. Und diesen Trend wollte Pietsch stoppen.

Hilfe statt Strafe

Inzwischen orientiert sich das österreichische Suchthilfekonzept wieder mehr am Grundsatz Hilfe statt Strafe als an Repression. Im "Epidemiologiebericht Sucht 2017 – illegale Drogen und Tabak" heißt es, dass es gelungen sei, die Behandlungsrate von suchtkranken Menschen "massiv zu erhöhen". Etwa zwei Drittel aller rund 30.000 Opioid-Abhängigen in Österreich befinden sich in ärztlicher Behandlung, fast 19.000 davon bekommen Ersatzdrogen verschrieben. Besonders auffallend sei ein Rückgang des risikoreichen Opioidkonsums in der Altersgruppe der unter 25-Jährigen, hält der Bericht des Gesundheitsministeriums fest.

Auch beim Rauchen gab es zuletzt leicht positive Trends zu vermelden: Verkaufszahlen deuten auf einen Rückgang des Zigarettenkonsums in Österreich hin. Junge Männer beginnen laut der Studie des Gesundheitsministeriums im Langzeitvergleich seltener als zuvor, junge Frauen öfter als zuvor mit dem Rauchen. Frauen rauchen allerdings nach wie vor etwas seltener und im Durchschnitt auch weniger Zigaretten pro Tag als Männer.

10.500 Todesfälle pro Jahr

Laut Schätzungen sind in Österreich rund 10.500 Todesfälle (13 Prozent aller Todesfälle) pro Jahr auf das Rauchen von Tabak zurückzuführen. Ein Drittel der täglich Rauchenden (etwa 560.000 Personen) hat schon erfolglos versucht, mit dem Rauchen aufzuhören – der Großteil davon im Alter zwischen 30 und 59 Jahren.

Beim Thema Rauchen könnte sich wieder der Kreis zu Franz Pietsch schließen: Er war als stellvertretender Sektionsleiter in den vergangenen Jahren im Gesundheitsministerium für rechtliche Fragen des Nichtraucherschutzes zuständig und leitete auch die diesbezügliche Ombudsstelle. Der überzeugte Nichtraucher trat auch im Zusammenhang mit E-Zigaretten, in denen nicht Tabak verbrannt, sondern Flüssigkeit verdampft wird, immer wieder als Skeptiker und Warner auf.

Bleibt nur die Frage, wie das in einem Ministerium ankommt, dessen Chefin Beate Hartinger-Klein das (mittlerweile gekippte) Rauchverbot in Lokalen als "Ausgrenzung von Suchtkranken" bezeichnete. (Michael Simoner, 25.3.2018)