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Trotz höherer Schwankungen erwartet Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinscheck auch an der Wall Street noch ein gute Jahr.

Foto: AP Photo/Mary Altaffer

Wien – Aller guten Dinge sind in diesem Fall zehn. Auch das Börsenjahr 2018 sollte eines werden, das sich dieses Attributs als würdig erweist. Diese Erwartung hegt zumindest Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek, der den internationalen Aktienmärkten noch neun bis zwölf ertragreiche Monate prognostiziert, bevor diese ihre Höchststände im aktuellen Börsenzyklus erreichen werden. Womit der im Februar 2009 gestartete Bullenmarkt, wie langfristige Aufwärtstrends auch genannt werden, ungefähr zum zehnten Bestandsjubiläum gipfeln sollte.

Diese Erwartung basiert auf folgender Rechnung: Aufgrund aktueller Daten sollte das Wirtschaftswachstum in den USA und Europa erst im Jahr 2020 unter das langfristige Potenzial zurückfallen, das Brezinschek mit 1,5 bzw. 1,3 Prozent beziffert. Da die Börsen dazu neigen, konjunkturelles Ungemach bzw. Rezessionen mit einem Vorlauf von drei Quartalen vorwegzunehmen, könnte Aktionären ab dem Jahreswechsel 2019 eine "Zäsur" drohen, wie es Brezinschek ausdrückt. Bis dahin winken ihm zufolge noch Kursgewinne, die den Dow-Jones-Index laut seiner Prognose von derzeit rund 24.700 "auf 26.000 Punkte oder etwas darüber" führen sollten.

Mehr Luft nach oben ortet er auf dem alten Kontinent, da sich in Europa die gute Stimmung in der Wirtschaft nicht im selben Ausmaß wie in den USA in den Aktienkursen niedergeschlagen habe. Dem deutschen Dax, zuletzt bei 12.300 Zählern, traut der Analyst heuer einen Anstieg in den Bereich zwischen 13.000 und 14.000 Punkten zu. Beim ATX hält er einen Zuwachs von knapp 3500 auf 3800 Punkte für "erreichbar".

Allerdings sollten sich Anleger heuer auf stärkere Schwankungen gefasst machen als 2017, vorübergehende Rücksetzer wie im Februar sind aus Brezinscheks Sicht jederzeit möglich. Insbesondere, wenn die US-Notenbank nicht nur die drei erwarteten Zinserhöhungen durchführt, sondern, wie Brezinschek vermutet, heuer viermal an der Zinsschraube drehen sollte. "Ich könnte mir vorstellen, dass das für den Markt eine zwischenzeitliche Belastung darstellt", sagt er, stellt aber klar: "Das Ende von Bullenmärkten wird immer durch einen Konjunkturabschwung ausgelöst und nicht durch irgendwelche Zinsmaßnahmen."

Zinsanstiege in Europa

Davon dürften ab 2019 auch in Europa einige ins Haus stehen. Zunächst erwartet Brezinschek, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Anleihenkaufprogramm im Volumen von derzeit 30 Milliarden Euro monatlich per Ende September monatlich auslaufen lässt. Bis März 2020 kann sich Brezinschek beim Leitzinssatz, derzeit bei null Prozent, zwei bis drei Zinsmaßnahmen vorstellen. Beim Einlagensatz für Banken, dessen Satz von minus 0,4 Prozent der Raiffeisen-Chefanalyst als "eine Art Bankensteuer" auslegt, kann er sich einen Anstieg auf einen halben Prozentpunkt im positiven Bereich vorstellen.

Als derzeit größten Risikofaktor für die Finanzmärkte nennt Brezinschek drohende Handelskonflikte: "Die Protektionismuskeule ist das Gefährlichste für mich." Einen harten Brexit samt ökonomischer Unsicherheit sieht er aber ebenso als möglichen Gefahrenherd an wie den Fachkräftemangel, der das Wachstumspotenzial beschränken könne. (aha, 22.3.2018)