Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat mit der Community Scherereien.

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Menlo Park/London – Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat im Skandal um den Missbrauch von Nutzerdaten durch die Firma Cambridge Analytica Fehler eingeräumt. Das Vertrauen der Nutzer, die ihre Daten dem Online-Netzwerk anvertrauen und erwarten, dass sie sicher sind, sei verletzt worden, schrieb Zuckerberg am Mittwoch in einer ersten Reaktion auf die seit dem Wochenende bekannten Enthüllungen.

"Ich habe Facebook gestartet und am Ende des Tages bin ich für das verantwortlich, was auf unserer Plattform geschieht." Zwar enthielt der lange Beitrag des Facebook-Chefs keine ausdrückliche Entschuldigung, er schreibt aber: "Wir tragen die Verantwortung dafür, Ihre Daten zu schützen, und wenn wir das nicht können, verdienen wir es nicht, Ihnen zu dienen".

Unrechtmäßig

Zuckerberg verwies darauf, dass die Analyse-Firma Cambridge Analytica, die unter anderem für das Wahlkampfteam von Donald Trump arbeitete, unrechtmäßig an die Daten gekommen sei. Ein britischer Professor hatte eine Facebook-App mit einer Umfrage zu Persönlichkeits-Typen auf die Plattform gebracht – und dann Daten daraus heimlich an Cambridge Analytica weitergegeben. Medienberichten zufolge waren Informationen von rund 50 Millionen Nutzern betroffen; Zuckerberg nannte keine genaue Zahl, sondern sprach lediglich von mehreren Dutzend Millionen Nutzern.

Besserer Schutz versprochen

Der Facebook-Chef versprach, die Nutzerdaten besser zu schützen. Ein Großteil der von ihm dafür angekündigten Maßnahmen zielt darauf, den Zugriff von App-Entwicklern einzuschränken. So sollen Facebook-Apps, die man drei Monate lang nicht genutzt hat, automatisch die Zugangsberechtigung verlieren.

Facebook stand schon sehr oft in der Kritik von Datenschützern und Politikern – und erholte sich wieder davon. Doch jetzt stürzt ein Skandal um die Datenanalysefirma aus dem Wahlkampf von Donald Trump das Onlinenetzwerk in seine tiefste Krise. Cambridge Analytica soll sich Daten von rund 50 Millionen Facebook-Mitgliedern beschafft haben.

"#deletefacebook"

Facebook selbst sieht sich als Opfer eines Betrugs – doch es ist alles andere als Sympathie, die dem weltgrößten Onlinenetzwerk entgegenschlägt. Politiker auf beiden Seiten des Atlantiks setzen zu einer härteren Regulierung an, Anleger stoßen Facebook-Aktien ab. Bei Twitter macht der Hashtag "#deletefacebook" (lösche Facebook) die Runde. Er wurde unter anderem von Whatsapp-Mitgründer Brian Acton aufgegriffen, der den Messagingdienst für rund 22 Milliarden Dollar an Facebook verkauft hatte und bis vor kurzem auch noch dort beschäftigt war.

Das sind Zeichen dafür, dass die öffentliche Stimmung so einhellig gegen Facebook ist wie vielleicht noch nie zuvor. Die Soziologin Zeynep Tüfekçi schreibt in der "New York Times" von "Facebooks Überwachungsmaschine". Der frühe Facebook-Investor Roger McNamee warnt, wenn die Firma nicht reagiere, würden sich Nutzer abwenden. Das könne die Plattform "dauerhaft bedrohen". Warton-Professor Michael Useem sieht einen "katastrophalen Moment" für das Netzwerk. Zuckerberg selbst meldete sich erst mehrere Tage nach den Enthüllungen zu Wort.

Fall nicht ausgestanden

Dabei konnte die Facebook-Führung noch bis vor kurzem glauben, dass der Fall Cambridge Analytica ausgestanden sei. Was passierte, ist schnell erzählt. Die Firma, die unter anderem für Trump aktiv war, suchte nach Nutzerdaten für gezielte politische Werbung – und zwar mit dem Ansatz, dass verschiedene Persönlichkeitsgruppen unterschiedlich beeinflussbar seien. Aber wie kommt man an so etwas heran, wenn Facebook es nicht verkauft? Indem man sich die Informationen von den Nutzern selbst geben lässt. Also setzte ein britischer Professor eine Facebook-App mit einer Umfrage auf, bei der Nutzern am Ende ihr psychologisches Profil versprochen wurde. Rund 270.000 Mitglieder luden sich nach Angaben von Facebook die Umfrage herunter.

Was sie nicht wussten: Ihre Daten gingen direkt an Cambridge Analytica für die Erstellung psychologischer Profile. Und nebenbei auch noch Profildaten ihrer Facebook-Freunde, etwa Likes und Interessen. Den Nutzern war das nicht bewusst. Facebook schränkte solchen Schnittstellenzugriff auf Freundes-Profile bereits 2015 ein. Als das Onlinenetzwerk über Medienberichte im selben Jahr Wind von der Aktion der Datenanalytiker bekam, wurde ihnen auferlegt, die Informationen zu löschen. Und Facebook gab sich mit der Zusicherung zufrieden, dass dies geschehen sei. Die Sache schien geregelt.

Die Reaktion von Facebook machte alles noch schlimmer

Doch zum vergangenen Wochenende wurde klar, dass einer der Beteiligten, der Datenanalytiker Christopher Wylie, sich seine Sünden von der Seele reden will. Dabei kam unter anderem die schockierende Zahl von 50 Millionen betroffenen Nutzern auf. Der Zeitung "Guardian" zufolge gerieten im Schnitt mindestens 160 weitere Facebook-Mitglieder pro Umfrageteilnehmer in den Datenpool von Cambridge Analytica.

Die Reaktion von Facebook machte alles noch schlimmer. Das Onlinenetzwerk versuchte, noch vor den Medienberichten die Initiative zu übernehmen, und sperrte Cambridge Analytica von der Plattform aus. Doch das beruhigte die Aufregung nicht. Ebenfalls gesperrt wurde der Whistleblower Wylie. (APA, red, 21.3.2018)