"Thumbs up" für Waffengeschäfte und viele gemeinsame Businessprojekte: der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman und US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus.

Foto: Screenshot/Al Arabiya

Washington/Wien – Sein Großvater Ibn Saud hätte über das saloppe "Thumbs up"-Foto wohl eher den Kopf geschüttelt, aber auch bei US-Präsidenten ist das ja noch nicht so lange Usus: Mohammed bin Salman, Königssohn, Kronprinz und Verteidigungsminister, war bei seinem Presseauftritt nach dem Besuch bei Donald Trump gar nicht so cool, wie man es vom mächtigsten Mann Saudi-Arabiens vielleicht erwarten würde. Er wirkte aufgeregt, und die Milliarden sprudelten nur so aus ihm heraus, die Riad und Washington gemeinsam machen würden, Arbeitsplätze hier und dort, direkte und indirekte, die Gelegenheiten müssten nur ergriffen werden, "tackle the opportunity", der Ausdruck gefiel ihm so sehr, dass er ihn mit seinem harten Akzent gleich dreimal wiederholte.

Mit Trump gemeinsam durfte der 32-jährige Thronfolger, der zum ersten Mal in dieser Funktion die USA besucht, einen Bilderbogen mit Waffensystemen betrachten, die die Saudis bereits eingekauft haben. Gleichzeitig wurde im US-Senat ein Versuch gestoppt, die militärische Unterstützung für Saudi-Arabien, das im Krieg im Jemen der Menschenrechtsverletzungen beschuldigt wird, herunterzuschrauben.

Für Saudi-Arabien sind die USA in dieser Phase der Neuorientierung enorm wichtig, was sich schon darin ausdrückt, dass ein jüngerer Vollbruder des Kronprinzen, Khaled bin Salman, Botschafter in Washington ist. Eine gewisse Ironie des Schicksals besteht darin, dass die USA die saudische Reformbereitschaft insofern beschleunigt haben, als sie durch ihre Schieferölproduktion Saudi-Arabien zur Niedrigölpreispolitik veranlassten, die zu Budgetnöten geführt hat.

Vision 2030

Die Charmeoffensive von MbS, wie er meist genannt wird, in den USA wird drei Wochen dauern. Die "Vision 2030" des Kronprinzen, die manche Experten als aufgewärmte McKinsey-Studie bezeichnen, sieht ein völlig neues Saudi-Arabien mit einer diversifizierten Wirtschaft vor. Um das zu verkaufen, braucht es aber auch eine kulturelle und gesellschaftliche Öffnung, bei der vor allem die neue Rolle der – unter anderem autofahrenden – Frauen einen Imagewandel herbeiführen soll.

So betätigte sich Mohammed bin Salman im Vorfeld der US-Reise in einem Interview mit dem Fernsehsender CBS denn auch als Mufti: Laut Islam sei es nicht nötig, dass eine Frau die Abaya – das lange schwarze Gewand – trage und den Kopf verhülle. Es genüge, dass sie sich "dezent" kleide.

In saudischen Medien wurde der Vorstoß als "kühn" und "inspirierend" bezeichnet, Lob gab es von Frauen aber vor allem für die Ansage, dass Frauen gleich viel wie Männer verdienen sollten. Und niemand erwartet, dass die schwarzen Gewänder jetzt allesamt in der Ecke landen.

Konservative Kritik wird leiser

Falls es konservative Kritik an der neuen Linie gibt, dann wird sie jedenfalls nicht gehört. Als bereits vor einiger Zeit der Geistliche Ahmed al-Ghamdi gemeinsam mit seiner unverschleierten Gattin im saudischen TV auftrat und beteuerte, dass Frauen auch Make-up erlaubt sei, rief ihn der Großmufti Abdulaziz Al Sheikh – ein Nachfahre Mohammed Ibn Abdulwahhabs, des Namensgebers des Wahhabismus – noch zur Rückkehr auf den rechten Weg auf. Es ist nicht anzunehmen, dass der Großmufti inzwischen seine Meinung geändert hat. Al-Ghamdi meldete sich übrigens im Februar mit der Behauptung zu Wort, dass der Valentinstag, bisher als Frivolität sondergleichen eingeschätzt, nicht unislamisch sei. Al-Ghamdi ist kein obskurer Gelehrter, er war einmal Chef der Religionsbehörde von Mekka – in Europa würde er aufgrund seines Aussehens wohl für einen besonders strengen Salafisten gehalten werden.

MbS sprach auch die gemeinsame Sicherheitspolitik an – Saudi-Arabien ist ja auch deshalb von Trump begeistert, weil er die Verständigungspolitik von US-Präsident Barack Obama mit dem Iran revidiert hat. Weniger dürfte MbS gefallen haben, dass Trump die Terrorismusfinanzierung ansprach: Saudi-Arabien wird den Ruf nicht so leicht los, dass von dort Geld an sunnitische Extremisten fließt. Das Lob Trumps, dass Saudi-Arabien "sehr hart daran arbeitet", das abzustellen, schien die Vorwürfe zu bestätigen. Da ist in der PR-Arbeit, für die Saudi-Arabien Millionen ausgibt, noch Luft nach oben. (Gudrun Harrer, 22.3.2018)

WELT