Die nun entdeckten Mikrobenmatten wölben sich an den Methangasaustritten und sind am Bau der domartigen Stromatolithe beteiligt.

Foto: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen

Wien – Mit einem Alter von 3,5 Milliarden Jahren zählen sogenannte Stromatolithe zu den ältesten bekannten Fossilien der Erdgeschichte. Die charakteristischen Kalkablagerungen entstanden durch die Aktivität von Mikroorganismen. Bisher ging man davon aus, dass diese lediglich in Flachmeeren mit Wassertiefen bis zu zehn Metern entstanden, weil ihre Erbauer Sonnenlicht benötigen. Ein Forscherteam aus Deutschland, Österreich und den USA hat nun allerdings erstmals Stromatolithe in 730 Metern Tiefe entdeckt – offensichtlich errichtet von Mikroben, die auch ohne Licht auskommen.

Als Stromatolithe werden Sedimentgesteine bezeichnet, die durch das periodische Wachstum von Mikroorganismen, darunter etwa Blaualgen, entstanden sind. In großen Mikrobenmatten binden die Organismen dabei Sedimentpartikel und fällen diese im Wasser gelösten Stoffe aus. Es handelt sich also nicht um die fossilen Überreste der Mikroben selbst, sondern um die indirekten Spuren ihrer Lebenstätigkeit. Auch heute noch entstehen unter speziellen Bedingungen Stromatolithe, etwa in der Shark Bay an der Westküste Australiens.

Unerwartete Mikrobenstrukturen

Bei einer Expedition im Arabischen Meer vor der Küste Pakistans haben die Forscher vom Zentrum für Marine Umweltwissenschaften Marum in Bremen und der Universität Wien derartige Mikrobenmatten in 730 Metern Wassertiefe entdeckt. Sie waren domartig aufgewölbt und fanden sich an Stellen, wo Methan aus dem Meeresboden austritt.

Mit Hilfe eines Tauchroboters haben die Forscher einen etwa 40 Zentimeter hohen Kalkdom geborgen. In seinem Inneren fand das Team fein laminierte und ebenfalls gewölbte Kalksteinstrukturen, die ursprünglich von den Mikrobenmatten bedeckt waren.

Bei der geochemischen Analyse stellte sich heraus, dass am Bau der Stromatolithe methanabbauende marine Mikroorganismen, sogenannte Archaeen, beteiligt sind. Während in Flachmeeren die Mikroben die Energie für den Stoffwechsel aus dem Sonnenlicht gewinnen, also Photosynthese betreiben, nutzen die Mikroben in der lichtlosen Tiefsee den beim Methanabbau entstehenden Schwefelwasserstoff als "Treibstoff", betreiben also Chemosynthese.

Nitrat statt Sauerstoff

"Da die Bakterien im Arabischen Meer in dieser Wassertiefe kaum freien Sauerstoff zur Verfügung haben, nutzen sie wahrscheinlich Nitrat anstelle von Sauerstoff, was die Kalkbildung begünstigt", erklärte Jörn Peckmann von der Universität Hamburg, der bis 2015 Professor an der Uni Wien war. Von dort waren auch Daniel Smrzka und Jennifer Zwicker vom Department für Geodynamik und Sedimentologie an der Arbeit beteiligt. Bekräftigt wird diese Vermutung durch ein geochemisches Modell, das zeigt, dass Kalkbildung durch Mikroben möglich ist, die Chemosynthese betreiben.

Stromatolithe sind die häufigsten Fossilien in Gesteinsformationen, die älter als 541 Millionen Jahre sind. Ähnlich wie im heutigen Arabischen Meer gab es in den Meeren vor dieser Zeit, im so genannten Präkambrium, nur wenig Sauerstoff im Wasser. Die Entdeckung der auf Chemosynthese basierenden Stromatolithe im Arabischen Meer liefert neue Erkenntnisse darüber, wie diese alten Fossilien entstanden sein könnten.

Chemosynthese ließ Stromatolithe häufiger wachsen

"Bisher kannte man nur Photosynthese basierte Stromatolithe, zum Beispiel von den Bahamas oder der Shark Bay an der Westküste Australiens. Diese unterscheiden sich, im Gegensatz zu den Chemosynthese basierten Stromatolithe, im Aufbau und ihrer internen Struktur von vielen präkambrischen Stromatolithen", erklärt Tobias Himmler von der Universität Bremen und Koautor der im Fachjournal "Geology" erschienen Studie. Die Forschenden spekulieren daher darauf, dass Chemosynthese häufiger als bisher angenommen zum Wachstum der Stromatolithe im Präkambrium beigetragen hat. (APA, red, 23.3.2018)