Der rote Parteichef Christian Kern will Dienstag am frühen Nachmittag bekannt geben, ob die SPÖ einen U-Ausschuss zur Affäre rund um den Verfassungsschutz einleitet.

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SPÖ-Klubobmann Kern gibt eine Pressekonferenz zur BVT-Causa. Am Dienstag soll sich entscheiden, ob es einen Untersuchungsausschuss zum Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung geben wird. Die SPÖ könnte einen solchen alleine einsetzen. Die Pressekonferenz startet in Kürze.

Frage: Die SPÖ dürfte zur Causa rund um den heimischen Verfassungsschutz einen Untersuchungsausschuss einsetzen – ohne Neos und Liste Pilz. Warum zieht die Opposition nicht gemeinsam an einem Strang?

Antwort: Theoretisch wäre es natürlich möglich, dass die drei Oppositionsparteien zusammen einen Untersuchungsausschuss ins Leben rufen. Allerdings: Seit die Einsetzung eines solchen ein Minderheitenrecht ist, braucht es dafür lediglich die Stimmen von einem Viertel der Abgeordneten – also 46. Die Sozialdemokraten stellen 52 Parlamentarier. "Es gibt keine Vorteile für die SPÖ, wenn eine weitere Partei der Einsetzungsminderheit angehört", sagt Werner Zögernitz, Präsident des Instituts für Parlamentarismus. "Allein kann sie den U-Ausschuss zeitlich und inhaltlich steuern, ohne sich mit jemandem abstimmen zu müssen." Neos und Liste Pilz haben sich auch für eine parlamentarische Untersuchung ausgesprochen – ohne SPÖ fehlen den Kleinparteien jedoch 28 Stimmen. Die Sozialdemokraten wollen am Dienstag bekanntgeben, ob sie einen U-Ausschuss einleiten.

Frage: Was könnte die SPÖ als "Einsetzungsminderheit" veranlassen?

Antwort: Die Sozialdemokraten könnten den konkreten Untersuchungsgegenstand festlegen, Zeugen laden und Akten anfordern. Sollte die Mehrheit der Abgeordneten – etwa die Regierungsparteien – einen Zeugen ablehnen, weil sie befindet, dass er zur Aufklärung nichts beiträgt, kann die SPÖ den Verfassungsgerichtshof mit einer Prüfung beauftragen.

Frage: Die Affäre dreht sich um den Nachrichtendienst – was bringt ein U-Ausschuss, wenn es vor allem um Geheimangelegenheiten geht?

Antwort: Staatsgeheimnisse werden nicht ausgeplaudert werden, davon ist auszugehen. Ein Untersuchungsausschuss könnte aber einerseits die politische Verantwortung klären: Waren die Hausdurchsuchungen gerechtfertigt? War die Vorgangsweise korrekt? Andererseits könnten die Strukturen der verschiedenen Behörden durchleuchtet werden: Wie wird gearbeitet? Funktioniert der Apparat? Darüber hinaus sei durch die Affäre das Vertrauen der Bürger in den Sicherheitsapparat beschädigt worden, sagt Zögernitz: "Werden infolge des U-Ausschusses Mängel behoben und Fehlerquellen stillgelegt, kann er der Wiederherstellung des Vertrauens dienen."

Frage: Wo stößt ein Untersuchungsausschuss an seine Grenzen?

Antwort: Die Angelegenheiten des Verfassungsschutzes sind – wie gesagt – großteils vertraulich. Zeugen könnten sich also auf den Quellenschutz berufen, viele Akten werden öffentlich nicht zugänglich sein. Fünf Mitarbeiter des Nachrichtendienstes werden seitens der Staatsanwaltschaft als Beschuldigte geführt – und können sich deshalb im Untersuchungsausschuss der Aussage entschlagen. Außerdem: Ein U-Ausschuss würde international beobachtet werden, erläutert Zögernitz: "Es wäre womöglich kein Vorteil für den Verfassungsschutz, wenn zu tief in die Materie eingetaucht wird."

Frage: Wann könnte der U-Ausschuss tatsächlich starten?

Antwort: Wenn die SPÖ in den kommenden Tagen einen entsprechenden Antrag einbringt, sei ein "realistischer Startzeitpunkt" Mitte Mai, sagt Zögernitz.

Frage: Und wie lange wird der U-Ausschuss dann arbeiten?

Antwort: Ein Untersuchungsausschuss, der von einer parlamentarischen Minderheit veranlasst wurde, kann höchstens zwanzig Monate lang tagen. Nach 14 Monaten muss ein erster Bericht vorgelegt werden.

Frage: Könnte ein Eurofighter-U-Ausschuss gleichzeitig stattfinden?

Antwort: Ja. Eine Minderheit – also in der Regel die Opposition – kann zwar immer bloß einen U-Ausschuss gleichzeitig anleiern, eine parlamentarische Mehrheit könnte aber auch einen zweiten einsetzen. Eine Fortsetzung des Untersuchungsausschusses zum Thema Eurofighter befürworten eigentlich alle Fraktionen – auch die Regierungsparteien. Zwei Untersuchungsausschüssen zur selben Zeit stünde in diesem Fall also nichts im Weg.

Frage: Wie aufwendig ist ein Untersuchungsausschuss? Und was kostet das eigentlich?

Antwort: Die Mitglieder eines U-Ausschusses sind Parlamentarier. Rund zehn Prozent der Abgeordneten seien durch ihn für anderes blockiert, etwa ein Viertel der Nationalratsabgeordneten sei damit beschäftigt, sagt Zögneritz. Darüber hinaus würden zahlreiche Beamte daran mitwirken. Der finanzielle Aufwand sei schwer einzuschätzen, erklärt der Parlamentarismusexperte. Bei einem "großen Thema" würden aber schon Kosten "in Richtung" einer Million Euro anfallen können. (Katharina Mittelstaedt, 20.3.2018)