Zu Deutschland gehören laut dem neuen Innenminister Horst Seehofer "freie Sonntag, kirchliche Feiertage und Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten".

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Wien – Der neue deutsche Innenminister Horst Seehofer hält den Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" für falsch. "Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Deutschland ist durch das Christentum geprägt. Dazu gehören der freie Sonntag, kirchliche Feiertage und Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten", sagte der CSU-Chef der "Bild"-Zeitung.

"Die bei uns lebenden Muslime gehören aber selbstverständlich zu Deutschland", räumte Seehofer ein. "Das bedeutet natürlich nicht, dass wir deswegen aus falscher Rücksichtnahme unsere landestypischen Traditionen und Gebräuche aufgeben."

Kritik von SPD, Grünen und Linken

Für Kanzlerin Angela Merkel gehört hingegen auch der Islam zu Deutschland. Das hat ihr Sprecher Steffen Seibert am Freitag bekräftigt. Die historische Prägung Deutschlands sei "natürlich eine christliche, eine jüdische". Aber inzwischen lebten in Deutschland Millionen von Muslimen. "Auf der Basis unserer Werte und Rechtsordnung" gehörten auch deren Religion "inzwischen zu Deutschland".

Der Koalitionspartner SPD ging zu Seehofers Aussage auf Distanz. Anstatt "uralte Debatten aufzuwärmen", solle sich Seehofer "um die wirklich wichtigen innenpolitischen Themen in seinem Haus kümmern und die Ärmel hochkrempeln", sagte SPD-Innenexperte Burkhard Lischka der "Mitteldeutschen Zeitung",.

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) bezeichnete Seehofers Äußerung als "Signal der Ausgrenzung". Ein Heimatminister, der am ersten Tag seiner Amtszeit angesichts brennender Moscheen und Morddrohungen gegen den Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek, nicht Solidarität bekunde, "hat sich umgehend disqualifiziert und handelt sträflich verantwortungslos", erklärte sie. Der Grünen-Abgeordnete Jürgen Trittin sagte im Südwestrundfunk: "So setzt die CSU ihren fatalen Kurs fort und macht Wahlkampf für die AfD." Ein Heimatminister, der es als erste Aufgabe sieht, "die Heimat zu spalten, der ist fehl am Platze".

"Scheindebatte befeuert"

Kritik kam auch von der Linken. Seehofer habe "ein Zugeständnis an die AfD" gemacht. "So ein Innenminister gehört nicht zu einem religiös und weltanschaulich vielfältigem Land", erklärte die religionspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Christine Buchholz. Seehofer befeuere eine "Scheindebatte, wenn er fordert, nicht aus falscher Rücksichtnahme 'unsere landestypischen Traditionen und Gebräuche aufzugeben'." Niemand fordere, Weihnachten oder Ostern abzuschaffen, fügte Buchholz hinzu. "Wenn jemand den freien Sonntag infrage stellt, ist das der Einzelhandel, aber nicht die Muslime."

FDP-Chef Christian Lindner findet die neu angeheizte Debatte über die Zugehörigkeit des Islam zu Deutschland "überflüssig". "Weder verlangt irgendwer die Übernahme islamischer Sitten, noch ist das Christentum Staatsreligion", sagte er der "Rheinischen Post". "Diese Debatte lenkt ab und ist überflüssig."

Die AfD begrüßte die Aussagen des neuen Innenministers. Die Botschaft habe Seehofer "wortwörtlich unserem Grundsatzprogramm entnommen", sagte der zum rechten Flügel der AfD gehörende Andre Poggenburg aus Sachsen-Anhalt.

"Mit uns leben"

Der Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" war durch den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff 2010 geprägt worden. Kanzlerin Merkel hat ihn mehrfach und ausdrücklich unterstützt.

Seehofer kündigte an, erneut Islamkonferenzen einzuberufen, um über Integrationsprobleme von Muslimen zu diskutieren. "Wir müssen uns mit den muslimischen Verbänden an einen Tisch setzen und den Dialog suchen und da, wo nötig, noch ausbauen", sagte er. "Meine Botschaft lautet: Muslime müssen mit uns leben, nicht neben oder gegen uns. Um das zu erreichen, brauchen wir gegenseitiges Verständnis und Rücksichtnahme. Das erreicht man nur, wenn man miteinander spricht."

Mit Hochdruck will Seehofer zudem die Einrichtung zentraler Aufnahmestellen ("Ankerzentren") vorantreiben, in denen Asylwerber nach ihrer Ankunft untergebracht werden sollen, bis über Ihren Antrag entschieden ist. "Dieses Gesetzesvorhaben wollen wir noch bis zur Sommerpause angehen." Ein erstes "Ankerzentrum" soll bis zum Herbst entstehen. (APA, red, 16.3.2018)