Integrationsklasse beim Deutschlernen: kein Extra-Geld mehr für Extraklassen.

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Die Regierung kürzt die Mittel für Kinder mit Sprachdefiziten im kommenden Schuljahr drastisch. Jener Topf im Bildungsministerium, in dem bis jetzt 80 Millionen Euro lagen, soll künftig nur mehr halbvoll sein.

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) argumentiert das so, dass das Geld ja nicht verschwinde, sondern ins "normale" Bildungsbudget geflossen sei. Wenn das so ist, wäre das im Prinzip sogar besser für die Planung von Integrationsprojekten an Schulen. Sondertöpfe haben nämlich immer den groben Schönheitsfehler, dass sie immer nur von Jahr zu Jahr befüllt und verlängert werden – das macht Planung extrem schwierig.

Der Haken

Die Sache hat allerdings einen Haken: Die Auflösung des Integrationstopfes wäre dann eine gute Sache, wenn die größte Not diesbezüglich bereits gelindert wäre. Ist sie aber nicht. Die Mehrheit jener jungen Menschen, die im Zuge der großen Fluchtbewegung im Sommer 2015 nach Österreich gekommen sind, kann noch immer nicht perfekt Deutsch. Jedenfalls nicht so perfekt, dass sie ohne gröbere Probleme dem normalen Regelunterricht in der Schule folgen und ihren Bildungsabschluss machen könnten.

Das gilt übrigens auch für viele andere Jugendliche. Im Jahresrhythmus schlägt etwa die Wirtschaftskammer Alarm, weil eine erkleckliche Anzahl von Lehrlingen kaum Lesekompetenz haben. Viele davon mit Migrationshintergrund, aber bei weitem nicht alle. Genau für diese Problematik ist der Integrationstopf gedacht: Wien beispielsweise hat aus diesen Mitteln insgesamt 150 Lehrkräfte für Sprachförderung, 43 zusätzliche Schulsozialarbeiter, 125 Personen für begleitende integrative Maßnahmen sowie sechs mobile interkulturelle Teams bezahlt. Ob es die in Zukunft gibt und wer die Kosten künftig übernimmt, steht derzeit in den Sternen.

Der Protest

Auch der AMS-Chef hat kürzlich gegen den geplanten "Kahlschlag" bei den Mitteln für das Integrationsjahr protestiert. Auch hier soll das Geld von 100 auf 50 Millionen Euro halbiert werden. Die Begründung von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein: Es gebe weniger Flüchtlinge, also brauche man auch weniger Förderung für sie. Dem hat AMS-Chef Kopf einigermaßen scharf widersprochen: Die Förderung von Asyl- und Schutzberechtigten sei schließlich keine soziale, sondern primär eine ökonomische Frage, konterte er.

Er trifft damit genau den Punkt, den auch ein ehrenamtlicher Helfer, Architekt von Beruf, kürzlich im STANDARD ansprach: Flüchtlinge fit zu machen für ein selbstbestimmtes, erfülltes (und auch leistbares) Leben in ihrer neuen Heimat ist keine Frage von Gutmenschentum. Es ist schlicht und einfach im volkswirtschaftlichen Interesse, dass hier neue Steuer- und Beitragszahler heranwachsen.

Das Interesse

Überhaupt muss es im Staatsinteresse sein, dass die heranwachsende künftige Erwachsenengeneration und alle folgenden so gebildet werden, dass alle ihre Chancen auf Arbeit, Einkommen, sozialen Aufstieg und Selbstverwirklichung haben. Dass ein Drittel der Schulkinder nach der neunten Schulstufe schon weithin sichtbar ein L für "Loser" auf der Stirn trägt statt eines K für "Know-how", kann sich Österreich schlicht nicht leisten.

Nur auf Strenge, Härte, Kürzungen, Strafen – und, wenn geht, Abschiebungen – zu setzen ist daher nicht sehr weitblickend. Auf Dauer wird Sündenbockpolitik auch nichts helfen.

Integration in der Schule zu leisten heißt übrigens nichts anderes, als die Schüler individuell, mit ihren Stärken und Herausforderungen zu unterrichten. Das schadet übrigens auch österreichischen Kindern nicht. (Petra Stuiber, 15.3.2018)