Als Folge der missglückten Kommunikationspolitik wirke die FPÖ machtgierig und perfide, die ÖVP nur schwach, so Eric Frey.

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Message-Control" war eines der zentralen Ziele der Regierung Kurz. Anders als die Vorgängerkoalition würde sie den Medien und der Öffentlichkeit die Themen vorgeben, diese in einfache Botschaften packen und jeden öffentlichen Streit vermeiden. Das ging ein paar Wochen gut. Aber politische Kommunikation besteht nicht nur aus der Umsetzung vorgeplanter Strategien, sondern auch aus einer angemessenen Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse. Und beim Umgang mit ihrer ersten echten Krise – der Affäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) – erweist sich die türkis-blaue Koalition zumindest als ungeschickt, wenn nicht als geradezu unfähig.

Die aktuellen Turbulenzen wurden der Regierung nicht einmal von außen aufgezwungen, sie sind hausgemacht. Aber sie legen die Bruchlinien in der Koalition offen, die nicht weniger tief sind als einst bei Rot-Schwarz.

Was ist geschehen? Ein machtbewusster Innenminister hat offenbar mithilfe seines treuen Generalsekretärs versucht, einen Schlüsselbereich des Sicherheitsapparates, der unter anderem den Rechtsextremismus bekämpfen soll, unter seine Kontrolle zu bringen. Herbert Kickl und Peter Goldgruber dürften dabei taktische und wohl auch rechtliche Fehler gemacht haben. Jedenfalls hatten sie nicht erwartet, dass die Sache so viel öffentliches Aufsehen erregt.

Das war höchst kurzsichtig. Die Medien, unterstützt von Informanten, berichteten ausführlich und stießen auf massives Interesse. Der Eindruck, hier sei eine Säule des liberalen Rechtsstaates bedroht, regt auch Bürger auf, die Türkis-Blau nicht von vornherein ablehnten. Und jeder Widerspruch in den offiziellen Aussagen über die Vorwürfe gegen das BVT oder die Razzien – und von denen gibt es täglich mehr – schürt bloß weiteres Misstrauen.

Missglückte Kommunikationspolitik

Auffallend ist, wie hilflos die ÖVP hier reagiert. Sie will in die Affäre nicht hineingezogen werden, wagt es aber auch nicht, durch offene Distanzierung den Koalitionspartner zu vergrämen und den Schein der Geschlossenheit zu zerstören, auf den Kanzler Sebastian Kurz so viel Wert legt. Schien es anfangs, als wolle das Justizministerium für Aufklärung sorgen, tat Ressortchef Josef Moser am Mittwoch das Gegenteil: Mit vielen Worten und wenig Überzeugung kaute er Kickls und Goldgrubers Version nach. Und als VP-Sicherheitssprecher Werner Amon den suspendierten BVT-Chef Peter Gridling als Einziger verteidigte, wies ihn Strache sofort in die Schranken. Seither halten sich die Türkisen – einschließlich Kurz – mit Kritik zurück.

Als Folge der missglückten Kommunikationspolitik wirkt die FPÖ machtgierig und perfide, die ÖVP nur schwach. Schlechter hätte es die letzte Regierung auch nicht hingebracht. Dass man das Innenministerium effektiv und rechtlich wasserdicht umfärben kann, hat einst Ernst Strasser vorexerziert. Kickl muss nun damit rechnen, dass jeder noch so kleine Schritt für einen neuerlichen Aufschrei sorgt. Im grellen Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit ist sein Spielraum begrenzt.

Voraussetzung dafür sind eine effektive Opposition, eine aktive Presse und eine unabhängige Justiz. Dafür gibt es keine Garantie, aber durch die BVT-Affäre werden diese Kontrollinstitutionen motiviert und bestärkt.

Die Schonzeit für die Regierung Kurz ist vorbei. Die Sorge, ein perfekt gemanagter Politapparat habe nun das Land im Griff, dürfte übertrieben sein. (Eric Frey, 15.3.2018)