Großbauprojekt ORF-Zentrum.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Am Montagnachmittag stellt der Finanzausschuss die Weichen für das 303-Millionen-Bauprojekt ORF-Zentrum: Er stimmt ab über einen Alternativplan von ORF-Chef Alexander Wrabetz ab, wie die ORF-Radios und ein Multimedia-Newsroom auf dem Küniglberg unterkommen – und das ohne großen Zubau, für den die Flächenwidmung aussteht. ORF-Betriebsratschef und Stiftungsrat Gerhard Moser wird wohl gegen Plan B stimmen, und er appelliert an die übrigen 34 Stiftungsräte, es ihm gleich zu tun.

>>> Update: ORF-Umbau: Finanzausschuss gibt grünes Licht für "Plan B"*

Moser, selbst Radio-Mitarbeiter im Funkhaus, setzt sich seit Jahren für den Verbleib von Ö1 und FM4 im Funkhaus in der Wiener Argentinierstraße ein. Dort bleiben laut Plan B aber nur das Landesstudio Wien und das Radiosymphonieorchester RSO.

Funkhaus und Berg

Moser findet: "Es ist, gerade in den aktuellen und bevorstehenden Zeiten, überhaupt nicht erklärbar, warum mehr als 300 Millionen Euro in Bauprojekte gesteckt werden, während gleichzeitig 300 Millionen Euro an sogenanntem Personalaufwand und zusätzlich auch noch 300 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen 'abgebaut' werden sollen. Insofern wäre es höchst an der Zeit, die ehemals megalomanen und inzwischen geschrumpften Vorhaben dorthin zurückzuführen, wo sie hingehören. Radio im Funkhaus, Fernsehen am Berg."

Der Großteil der 303,7 Millionen Euro für das Bauprojekt Küniglberg geht in die Sanierung der bestehenden Gebäude auf dem Küniglberg aus den 1970ern. Für den ursprünglich geplanten, aber nun mangels Flächenwidmung aufgegebenen Neubau für Programmmitarbeiter inklusive Radio waren rund 70 Millionen Euro veranschlagt.

Ö1, Ö3, FM4 auf den Küniglberg

Nun werden Ö1, Ö3 (bisher in Wien-Heiligenstadt) und FM4 innerhalb bestehender Gebäudelinien untergebracht, ebenso der medienübergreifende Newsroom. Das soll laut ORF-Chef Wrabetz und seinem Plan B innerhalb der ursprünglich projektierten 303,7 Millionen Euro möglich sein, ebenso größtenteils innerhalb der geplanten Bauzeit bis 2021. Bis Ende 2021 ist Wrabetz auch zum ORF-Generaldirektor bestellt – ein neues ORF-Gesetz, wie es die Regierung plant, könnte seine Amtszeit vorzeitig beenden.

Mit Wrabetz "Plan B" zeigte sich der Sprecher der seit Regierungswechsel größten Fraktion im Stiftungsrat zuletzt zufrieden. "Was doch alles geht, wenn man sich bemüht", fand Stiftungsrat Thomas Zach vorigen Mittwoch "interessant". Es waren insbesondere Zach und der bürgerliche "Freundeskreis" im Stiftungsrat, die darauf drängten, die für das Bauprojekt Küniglberg definierten Ziele einzuhalten: das Budget von gut 300 Millionen, den Zeitrahmen bis 2021, und insbesondere auch den gemeinsamen Newsroom für die ORF-Medien und die Radios auf dem Küniglberg.

Mehrheitsfähiger "Plan B"

Wrabetz sah seinen "Plan B" nach der Klausur des Stiftungsrats am vorigen Mittwoch als "mehrheitsfähig" im wichtigsten ORF-Gremium. Der Finanzausschuss stimmt über seine Empfehlung an das Plenum am Montagnachmittag ab, Das ist eine Vorentscheidung für die eigentliche Abstimmung am Donnerstag im Stiftungsrat.

Für das Funkhaus erhielt die Immobiliengruppe Rhomberg schon 2016. Sie hat bisher nur einen kleinen Teil der Flächen in der Argentinierstraße übernommen und Verzögerungen und tranchenweisem Kauf zugestimmt, weil sich die Absiedelung der Radios durch die Flächenwidmung verzögerte. Über eine Put-Option und den konkreten Verkaufsprozess soll nun bis kommenden Juni entschieden werden, hieß es bei der Klausur des Stiftungsrats zum Bauprojekt vorige Woche.

ORF-Betriebsratschef Moser erinnert vor den Abstimmungen in Finanzausschuss und Stiftungsrat an die lange und durchaus wechselvolle Geschichte des Bauprojekts Küniglberg seit den 2000er-Jahren, als sich die stellenweise Baufälligkeit und der Sanierungsbedarf des Roland-Rainer-Baues offenbarten.

Jahrzehntprojekt ORF

Zunächst sollte der ORF an einen neuen und neu für ihn gebauten Standort ziehen – die Stadt Wien wünschte sich ihn nach St. Marx, das neben Biotechnologie ein Medienstandort werden sollte. Heute sitzen dort etwa der größte private TV-Konzern ProSiebenSat1Puls4 und die republikseigene "Wiener Zeitung". Hietzings bürgerliche Bezirksverwaltung und die ÖVP Wien wollten den ORF auf dem Küniglberg halten (und sich dafür nötigenfalls auch anketten), auch der damalige SPÖ-Chef Werner Faymann wirkte nicht begeistert vom Neubau in St. Marx. Der damalige bürgerliche ORF-Finanzdirektor Richard Grasl setzte sich ebenfalls für den Verbleib ein – und die Konzentration aller Wiener ORF-Aktivitäten (bis auf das Lager Liesing) auf dem Hietzinger Hügel. Den Zuschlag für den Programmzubau erhielten Riepl Kaufmann Bammer Architekten in einem mehr als prominent besetzten internationalen Architekturwettbewerb.

Mosers Erklärung

Moser fasst zur Erklärung seiner Ablehnung des Plan B die Geschichte aus seiner Sicht und Erinnerung pointierter so zusammen (er nennt den nunmehrigen Plan B lieber Plan B1):

"Zuerst kam der damalige ORF-Kurator Pius Strobl und wollte das Unternehmen abzüglich der Hälfte seiner Mitarbeiter auf der "grünen Wiese" neu aufstellen. Soviel zum Thema grün.
Dann gab es eine große Baufläche in St. Marx, der der ORF ihren finalen Glanz als "Medienzentrum" verleihen sollte. (Plan A)
Das wiederum gefiel insbesondere den ÖVP-Stiftungsräten nicht. No na net bei einem Wiener SPÖ-Projekt.
Dann fanden sich aus unerfindlichen Gründen die Stiftungsratsmehrheiten (SPÖ. ÖVP) zusammen und verfügten die Konzentration auf dem (baulich und finanziell nicht weiter durchdachten) Küniglberg.
Es folgte Plan B: Alles auf den Berg, ein trimedialer Newsroom, gedacht auch als architektonisches Vorzeigeprojekt.
Bis heute sind die ökonomischen, politischen und sozialen Auswirkungen dieser Stiftungsratsentscheidung nicht nachvollziehbar und daher auch nicht absehbar.
Nachdem und erstaunlicherweise wieder VP-Kreise gegen diesen Plan wetterten, jene Hietzinger Bezirksvertretung, die davor 'alles' für den gesamten ORF auf dem Küniglberg 'gab', kam es zu Plan B1: eine abgeschlankte Version des bisherigen. Wider jede ökonomische und journalistische Vernunft. Es war zum Beispiel gerade die räumliche Trennung zwischen Hietzing und Wieden, die in der Schüssel-Ära den "Volksempfänger" verhinderte."

So erklärt Moser, warum er für "Radio im Funkhaus, Fernsehen am Berg" ist. Donnerstag entscheidet darüber der Stiftungsrat.

Es ist seine letzte Sitzung vor Ablauf der Funktionsperiode von Publikumsrat und Stiftungsrat, die sich im Mai neu konstituieren sollen. Mit noch deutlicherer ÖVP-FPÖ-Mehrheit als am Donnerstag. (fid, 19.3.2018)