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Rex Tillerson mit seinem saudischen Amtskollegen Adel al-Jubeir im Juli 2017 im königlichen Terminal des Flughafens in Jeddah.

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Washington/Wien – Was immer der wichtigste Grund oder der unmittelbare Anlass für die Entlassung von Außenminister Rex Tillerson war, US-Präsident Donald Trump nannte in seiner ersten Stellungnahme den Iran als Beispiel für Meinungsverschiedenheiten: Er halte den Atomdeal für "schrecklich", hingegen sei er für Tillerson "okay" gewesen, sagte Trump zu Journalisten. Dass Tillersons Nachfolger im State Department, Mike Pompeo, hier mit Trump völlig im Gleichklang schwingt, ist bekannt: allen voran den Europäern, die frenetisch nach Wegen suchen, das Abkommen, das das iranische Atomprogramm auf Jahre einschränkt, zu erhalten.

In Brüssel wird der Wechsel von Tillerson zu Pompeo in dieser Beziehung mit Sorge zur Kenntnis genommen, wie dem STANDARD bestätigt wird: Die ohnehin schon schwachen Aussichten, Trumps Forderungen für eine "Reparatur" des Atomdeals zu erfüllen, scheinen weiter zu schwinden. Der Stichtag ist der 12. Mai, da müssten die USA die Sanktionsaufhebungen unter dem Deal bestätigen. Trump hat dafür die Bedingung gestellt, dass jene Punkte nachverhandelt werden, die der Deal nicht abdeckt, die jedoch die USA – und auch die EU – am Iran stören: von der Raketenentwicklung bis zur destabilisierenden Regionalpolitik.

Iran-Treffen in Berlin, Wien

Morgen, Donnerstag, ist in Berlin eine Konsultationsrunde angesetzt, zwischen den USA, der Iran- Taskforce der EU sowie den drei EU-Ländern, die den JCPOA verhandelt haben, wie das Abkommen offiziell heißt (Joint Comprehensive Plan of Action): Deutschland, Großbritannien und Frankreich (die E3). Tillersons Vertreter in dieser Gruppe ist/war sein Chefstratege im Kabinett, Brian Hook – bleibt zu sehen, wie lange er bleibt. Einstweilen war jedoch auch sein Termin in Wien, ein Treffen der "Joint Commission", die die Umsetzung des JCPOA begleitet, am Freitag bestätigt.

Bei den EU/E3 sowie den anderen Vertragspartnern Russland und China gibt es keine Illusionen darüber, dass Teheran zu Neuverhandlungen des Atomdeals bereit sein könnte. Aber man bemühte sich zuletzt auf einer neuen Verhandlungsschiene um Konzessionen des Iran.

Dazu wären jedoch auch US-Garantien nötig, dass das ganze Paket danach auch wirklich hält, sagt ein Kenner der Verhandlungen. Das dürfte – gesetzt den Fall, dass es überhaupt gelingt, den Iran zu überzeugen – schwierig werden, auch wenn mit Verteidigungsminister James N. Mattis ein Minister in der US-Regierung bleibt, der die Meriten des Atomdeals anerkennt. Auch Central-Command-Chef Joseph Votel, in dessen Kommandobereich der Nahe Osten fällt, sprach sich erst am Dienstag bei einer Anhörung im Senat für eine Beibehaltung des Abkommens aus. Pompeo hatte hingegen, bereits bevor er CIA-Direktor wurde, angekündigt, dass er den Atomdeal mit Freuden zu Fall bringen werde.

Pompeos Fans in Nahost

Was die einen stört, freut die anderen: Die Iran-Gegner in Nahost sehen die Beförderung Pompeos mit Freude. Tillerson galt – anders als Pompeo – in seinen Beziehungen zu Israel als "reserviert", schreibt am Mittwoch die israelische Tageszeitung Haaretz. In Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) war Tillerson unbeliebt, nicht nur wegen seiner Iran-Haltung, sondern auch, weil er in der Krise mit Katar auf Diplomatie setzte.

Ein vor kurzem geleakter E-Mail-Verkehr von emiratischen Lobbyisten enthält einen Hinweis, dass Abu Dhabi darauf hoffte, dass Tillerson gefeuert werde: Er hatte Trumps Unterstützung für ihre harte Boykottpolitik gegen Katar konterkariert. Besonders verübelt wurde Tillerson die Initiierung eines "Strategischen Dialogs" zwischen den USA und Katar, für dessen Eröffnung Ende Jänner gleich fünf katarische Minister willkommen geheißen wurden.

Nach dem Abgang Tillersons wird hingegen ein anderer Gast nächste Woche umso lieber nach Washington kommen: Königssohn und Verteidigungsminister Mohammed Bin Salman reist zum ersten Mal als saudischer Kronprinz in die USA. Er ist ein wichtiger Baustein in Trumps "ultimate deal", der Israel und die Araber in einer Front gegen den Iran zusammenführen soll, wobei auch quasi nebenbei die Palästinenserfrage gelöst werden könne.

Riad ist dabei, ein Gipfeltreffen der Arabischen Liga im April vorzubereiten (zu dem auch Katar eingeladen ist): Arabische Diplomaten erwarten, dass Saudi-Arabien versuchen wird, seine neue Linie, die manche als Verkauf der Palästinenser ansehen, durchzusetzen. In Washington wird MbS, wie der Kronprinz genannt wird, der Rücken gestärkt werden.

Ein "Dreieck des Bösen"

Ein kleines Problem hat MbS seinen US-Freunden jedoch jüngst bei einem Besuch in Ägypten geschaffen: In einem Journalistengespräch kreierte er ein neues "Dreieck des Bösen": Iran, islamistische Extremisten – und die Türkei. Die USA, namentlich Tillerson bei einem Ankara-Besuch, versuchten hingegen, die Beziehungen zu ihrem Nato-Partner wieder zu verbessern, auch auf Kosten der mit ihnen verbündeten Kurden der YPG in Syrien. (Gudrun Harrer, 15.3.2018)