Alle sechs Monate kann das GNOME-Projekt mit einer neuen Ausgabe seines Linux-Desktops aufwarten, nun ist es wieder einmal soweit: Mit GNOME 3.28 nimmt man nicht nur Feinschliff am Bestehenden vor, es wurden auch einige zusätzliche Funktionen und sogar eine ganz neue Komponente aufgenommen.

Favoriten

Eine der auffälligsten Neuerung von GNOME 3.28 "Chongqing" findet sich dabei im Dateimanager – einst Nautilus genannt. In diesem ist es nun möglich einzelne Dateien oder Verzeichnisse als Favoriten zu markieren. Anschließend stehen sie in einer eigenen Kategorie im Sidebar rasch zum Zugriff. Eine ähnliche Funktion wurde auch in das Adressbuch GNOME Contacts eingeführt, wo zusätzlich nun wahlweise nach Vor- oder Nachname sortiert werden kann.

Der Desktop von GNOME 3.28 (samt dem Neuzugang GNOME Usage und einer Katze)
Screenshot: Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Photos

Eine ganze Reihe von Verbesserungen gibt es an der Bilderverwaltung GNOME Photos: So ist eine Import-Funktion hinzugekommen, mit der Aufnahmen von SD-Karte oder USB-Stick in die eigene Bibliothek übernommen werden können. Außerdem sind neue Bearbeitungs-Tools für Schatten und Highlights hinzugekommen, und es wurde allgemein die Performance des Programms gesteigert.

Die Neue Import-Funktion in GNOME Photos.

Bei GNOME Calendar wurde wiederum die Monatsübersicht neu gestaltet, zusätzlich werden neben den anstehenden Terminen nun auf Wunsch auch Wetterprognosen angezeigt. Die Todo-Anwendung von GNOME kann mit einer komplett neu gestalteten Darstellung aufwarten, die nicht zuletzt das Umsortieren von Listen vereinfachen soll. Der Video-Player Totem kann jetzt mit MJPEG-Dateien umgehen, und in der Music-Anwendung lassen sich Playlists nun via Drag and Drop neu organisieren.

Virtualisierung

Einige größere Änderungen gibt es bei Boxes, der simplen GNOME-Anwendung für Virtualisierungsaufgaben. So können nun Dateien, wie man es von Virtualbox und Co. gewohnt ist, problemlos zwischen Guest und Host getauscht werden, auch Drag & Drop funktioniert dabei. Zudem gibt es einen neuen Dialog, der den Download aktueller Ausgaben diverser Linux-Distributionen anbietet, um dann gleich damit eine frische virtuelle Maschine einzurichten.

Leichter Zugriff auf beliebte Linux-Distributionen in Boxes.
Grafik: GNOME

Feinschliff

In die Kategorie optischer Feinschliff fällt eine größere Überarbeitung der GNOME-Schriftart Cantarell, wobei man den Fokus auf die Erhöhung der Lesbarkeit gelegt hat. Zudem gibt es ein neues Set an Hintergrundbildern, zwischen denen die Nutzer wählen können.

Die Bildschirmtastatur von GNOME wurde für die neue Version komplett neu geschrieben, und verspricht einfacher zu nutzen zu sein. Für Touchpads gibt es eine neue Geste, um den Rechtsklick einer Maus nachzubilden. Dabei wird einfach ein Finger auf dem Touchpad behalten, und ein zweiter tippt daneben auf die Oberfläche. Der Systembereich und die Einstellungen zeigt jetzt – wenn möglich – den Akkustand von verbundenen Bluetooth-Geräten an. Deutliche Verbesserungen gab es am Thunderbolt-3-Support, so wurden etwa neue Sicherheitssperren hinzugefügt, die unautorisierte Zugriffe auf solche Geräte verhindern sollen.

Die neue Favoriten-Funktion im Dateimanager beschleunigt den Zugriff auf wichtige Files und Verzeichnisse.
Grafik: GNOME

GNOME Usage

Ein kompletter Neuzugang ist GNOME Usage. Dabei handelt es sich um ein Anwendung zur Analyse des CPU- und Speicherverbrauchs. Der Fokus liegt auf besonders einfacher Nutzung, und der Möglichkeit problematische Programme gleich von dieser Stelle aus zu beenden. Auch ein Tool zur Analyse des lokalen Speicherplatzes ist Teil von GNOME Usage. In späteren Versionen sollen dann auch Netzwerkaktivität sowie Stromverbrauch an dieser Stelle analysiert werden können. All dem folgt allerdings der Hinweis, dass sich GNOME Usage noch als "Technology Preview" versteht, also in der aktuellen Version noch mit diversen Fehlern zu rechnen ist.

Vermischtes

Dazu kommen dann noch eine Fülle an Detailverbesserungen: So wurden etwa die Einstellungen der Terminal-Anwendung neu gestaltet, der Dconf Editor wurde wiederum grafisch komplett neue designet. In GNOME Maps wird jetzt ein Bild zu Orten angezeigt, so denn der relevante Wikipedia-Eintrag ein solches zu bieten hat. Die Systemeinstellungen merken sich jetzt, welcher Bereich zuletzt verwendet wurde.

Die neue Bildschirmtastatur von GNOME.
Grafik: GNOME

Und dann gibt es noch einige vor allem für Entwickler relevante Verbesserungen: Die offizielle GNOME-Entwicklungsumgebung Builder kann etwa mit einigen Optimierungen am Sidebar sowie an der Unterstützung von Flatpak-Apps aufwarten. Auch kann sich Builder nun korrekt um GTK+ Themes sowie um Sprach-Support kümmern.

Download

GNOME 3.28 steht in Form des Source Codes der einzelnen Komponenten zur Verfügung. Zudem wird die neue Version aber schon bald in die Entwicklungsversionen zahlreicher Linux-Distributionen einfließen – darunter etwa Fedora und Ubuntu. Der Codename "Chongqing" ist übrigens eine Referenz auf den chinesischen Austragungsort des GNOME Asia Summits 2017. (Andreas Proschofsky, 14.3.2018)