Als Rot (rechts) und Blau (links) sich einig waren im Sommer 2015, da war es gut lachen.

Foto: APA/Robert Jäger

Nun regiert im Bund Türkis-Blau. Sowohl Landeshauptmann Hans Niessl als auch sein Stellvertreter Johann Tschürtz kommen da manchmal ins Grübeln.

Foto: APA/Reobert Jäger

Nach der Wahl in Kärnten am 4. März hütete sich Burgenlands Hans Niessl – der ganz schön in Saft gehen kann, wollte ihm jemand von außen was raten –, Peter Kaiser was zu raten. Mit wem der klare Wahlsieger in Kärnten sich zusammentue, sei ganz allein seine Sache. Nur so viel: Er werde sie gut machen.

Johann Tschürtz, Niessls blauer Vize, hütete sich nicht. Ganz im Gegenteil. Er empfahl wortreich das burgenländische Modell: Rot-Blau. "Es wäre", richtete er den Kärntner Kameraden, aber auch Genossen aus, "sicherlich aus meiner Sicht die beste Koalition. Man sieht es auch im Burgenland, dass wirklich etwas weitergeht. Es gibt ein Tempo, das hat es vorher nicht gegeben. Das gibt es auch nur dann, wenn man wirklich miteinander zusammenarbeitet, und deshalb glaube ich, dass es auch in Kärnten eine sehr gute Konstellation wäre."

Schnurrender Motor

Tschürtz hat nicht ganz unrecht damit. Der rot-blaue Motor scheint im Burgenland tatsächlich zu schnurren, was nicht zuletzt daran liegt, dass die im rot-schwarzen Proporz einbetoniert gewesenen Vorgängerregierungen – trotz mancher Erfolge wie der tadellosen Abwicklung der Ziel-1-Perioden – sich schlicht satt hatten, weil sie anders ja nicht konnten. Solches Aneinandergebundensein fördert, man sah das ja auch auf Bundesebene, die für jede Politik letale Tendenz, sich in Lauerstellung nur noch miteinander zu beschäftigen – und nicht so sehr mit dem Volk, dem großen Lümmel.

Der rot-blaue Motor schnurrt bisher aber auch deshalb, weil die Machtverhältnisse geklärt sind. Da kann Johann Tschürtz noch so zufrieden von Augenhöhe reden und von gegenseitiger Wertschätzung: Jetzt, zur Halbzeit des einst so umstrittenen rot-blauen Projekts, darf man dem Burgenland immer noch eine rote Alleinregierung mit blauen Spielwiesen attestieren.

Aktion 20.000

Nicht allen blauen Protagonisten scheint das zu taugen. Bis 2020, dem Ende der Legislaturperiode, und mit Rückenwind aus dem Bund, wird das wohl noch zu so mancher Fisimatenz führen. Landesrat Alexander Petschnig ist ohnehin schon in einen akzentuierteren Modus übergegangen. Dass der rote Seniorpartner sich etwa über die Abschaffung der Aktion 20.000 mokierte, parierte Petschnig, der das ehemals schwarze Wirtschaft- und Tourismusreferat besetzt, mit dem süffisanten Hinweis darauf, dass diese Aktion ja ohnehin ein reines Wahlzuckerl gewesen wäre. Ein simpel gestricktes noch dazu. Jetzt sei die Zeit der Zuckerl halt vorbei.

Sicherheitspartner

Petschnigs Chef, Johann Tschürtz, hat sein Herzensprojekt – die "Sicherheitspartner" – allerdings zu einem guten Teil aus genau dieser zuckersüßen Aktion finanziert. Nun kann er sich verständlicherweise nicht gegen die Abschaffung des rot-schwarzen Wahlzuckerls ins Zeug legen. Also sagte er, man – "man" beim Parteifreund, Innenminister Kickl oder in der Landesregierung oder so – werde schon neue Finanzierungsmöglichkeiten auftun. Gar ausweiten ließe sich solcherart die Sache.

Beim Auftun neuer Finanzierungsquellen trifft Tschürtz freilich auf den zuweilen schon als Landeshauptmann agierenden Noch-nicht-ganz-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil in seiner Gestalt als Finanzreferent. Und der wird sich – wagen wir einen prophetischen Blick in Richtung Budgetverhandlungen – wohl hüten. Immerhin arbeitet Regierungs- und Parteikollege Norbert Darabos bereits an einem einschlägigen Schulterschluss aller Landessozialreferenten gegen das Aus der Aktion.

Autobahn-Gwirks

Ein regierungsinternes Gwirks gibt es auch bei einem der zentralen Verkehrsprojekte des Landes, der Verlängerung der A3 bis zur Grenze nach Sopron. Die vier davon betroffenen Gemeinden leisten schon seit langem dagegen Widerstand. Doskozil und SP-Umweltlandesrätin Astrid Eisenkopf schworen diesen Gemeinden medienöffentlich Stein und Bein, dass gegen ihren Willen nicht gebaut werde.

Petschnig erkannte darin eine leichte Düpierung von Infrastrukturminister Norbert Hofer, da "die Asfinag ohnehin jeden Aspekt dieses Projekts mit dem Land, den Gemeinden und der Bevölkerung in engstem Kontakt abstimmt". Außerdem müsse man ja erst die konkrete Planung abwarten. "So gesehen verstehe ich die Wortspenden der Kollegen Doskozil und Eisenkopf in Richtung von Bundesminister Hofer nicht, der ausschließlich an einer Verbesserung der Infrastruktur in unserem gemeinsamen Heimatland interessiert ist."

Gefallene Beißhemmungen

Alexander Petschnig – das erklärt, wenn schon nicht Zielrichtung, so doch ein wenig den Ton seiner Wortmeldungen – ist offenbar ein wenig frustriert darüber, nicht in die Bundesregierung berufen worden zu sein. Er ist im Zivilen Finanzer. Und als klar war, dass weder im Finanz- noch im Wirtschaftsministerium Platz für ihn sei, hielt er auch mit seiner Meinung zur Personalpolitik des türkisen Finanzministers Hartwig Löger nicht hinterm Berg. "Der Weg der personellen Ausdünnung der Finanzverwaltung, der von ÖVP-Finanzministern von Grasser bis Schelling konsequent verfolgt wurde, wird nun von Herrn Löger leider unbeirrt weitergegangen."

Petschnigs Beißhemmung ist also eh in alle Richtungen eher unterentwickelt. Mag sein, so ließ der gebürtige Kärntner unlängst wissen, liege das am Karawankenschatten: "In Kärnten findet man mehr Gefallen an pointierten Botschaften, dort wird auch härter formuliert."

Rechter Linksverbinder

Die burgenländische FPÖ, das jedenfalls lässt sich konstatieren, hat in relativer Ruhe ein wenig an eigener, pannonischer Kontur gewonnen. Tschürtz spielt bundesweit gewissermaßen den Linksverbinder. Noch ist das Burgenland die einzige rot-blaue Konstellation. Wohl darum wünscht er sich solch eine Koalition auch in Kärnten. Um nicht gar so allein zu sein, falls es drängende türkis-blaue Wünsche aus Wien gibt.

Braune oder artverwandte Rülpser – von denen es im Burgenland ja einige besonders grausliche gab, gar einen verurteilten Wiederbetätiger – haben den burgenländischen Koalitionsfrieden bislang jedenfalls nicht getrübt. Tschürtz hat damit ohnehin nichts am Hut. Und die, die eventuell anfällig wären für burschenschaftliches, deutschnationales Getue, hat er in seinem bislang letzten Machtkampf gebogen. Géza Molnár musste damals als Klubdirektor gehen. Für ihn kam Alexander Petschnig.

Molnár ist seit 2016 Klubobmann im Landtag und bildet mit seinem Vis-à-Vis – derzeit die Mattersburger Bürgermeisterin Ingrid Salamon – den parlamentarischen Arm von Rot-Blau. Und als solcher tut der mensurpflichtige Bursche (Akademisches Corps Hansea) diese parlamentarische Arbeit in der Manier eines alten Hasen. Molnár, seit 2015 Abgeordneter, ist aber erst 34.

Großes Duell

Apropos kommender blauer Mann: Die SPÖ hat ihre personellen Weichen mit Hans Peter Doskozil schon gestellt für 2020. Die FPÖ scheint diesbezüglich noch im Wiglwogl. Selbst Tschürtz könnte sich – "no na", sagt er – einen anderen Spitzenkandidaten vorstellen. Ein interessantes Duell wäre es allemal, wenn Doskozil und Norbert Hofer gegeneinander in den burgenländischen Wahlring steigen würden.

Genau deshalb spitzen ja viele die Ohren und lauschen auf den Ton innerhalb der Regierung. Ob sich's vielleicht noch zuspitzt, so wie sich's grad anlässt. (Wolfgang Weisgram, 15.3.2018)