Bei der Vorlage des Verfassungsschutzberichtes im Mai 2016 sprach Peter Gridling, Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), von einem "dramatischen Anstieg" der Tathandlungen mit rechtsextremistischem Hintergrund. Hingewiesen wurde auch auf die "Neue Rechte", die versuche, eine "Popkultur" mit rechtsextremistischen Inhalten für junge Leute zu schaffen.

Bei der Vorlage des darauffolgenden Verfassungsschutzberichtes im Juni 2017 wurde den Identitären ein eigenes Kapitel gewidmet, in dem sie als Träger von "Codes und Signalen" für jene Rechtsextreme und Neonazis einspringen, die "zunehmend gesellschaftlich geächtet wurden".

BVT-Chef Peter Gridling sagte dazu: "Rechtsextremismus ist kein Phänomen, das am gesellschaftlichen Rand stattfindet, sondern wandert immer mehr in die Mitte der Gesellschaft."

Den nächsten Verfassungsschutzbericht wird Gridling nicht mehr präsentieren und kommentieren können. Inzwischen hat die FPÖ das Innenministerium, und Minister Herbert Kickl (FPÖ) hat ihn zunächst suspendiert, mit der klaren Absicht, ihn abzulösen.

Womit sich die Frage stellt, wie klug es war, das Sicherheitsministerium der äußersten Rechten, zu der die FPÖ und Kickl zweifellos zählen, einfach zu überlassen. In Erinnerung ist zu rufen, dass Kickl noch als FPÖ-Generalsekretär an einem Kongress der "Verteidiger Europas" in Linz als Hauptredner teilgenommen hat. Bei dieser Ansammlung von Rechtsextremen und Rechten rund um die einschlägig bekannte Zeitschrift Info-Direkt (die auch gern Putin aufs Cover hebt) hat ein Demokrat nichts verloren.

Dem vorausgegangen war eine bizarre Hausdurchsuchungsaktion im BVT wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs, durchgeführt durch eine Polizeitruppe unter dem Befehl eines FPÖ-Mandatars, bei der auch in Sachen Rechtsextremismus relevantes Material beschlagnahmt wurde. Unter anderem bei der – nicht als Beschuldigte geführten – Chefin des Extremismus-Referats. Die hat ein Dossier über die FPÖ-nahe, extrem rechte Website Unzensuriert , verfasst. Kickls Kommunikationschef stammt aus der Ecke.

Es handelt sich bei diesen Vorgängen zweifellos um den Versuch des FPÖ-Ministers Kickl, den bürgerlichen Gridling sowie auch andere ÖVP-nahe hohe Beamte (die teils schon aus dem Ministerium geflüchtet sind) loszuwerden. Der Gedanke liegt jedoch nahe, eine Behörde wie der Verfassungsschutz, der naturgemäß auch den Rechtsextremismus zu überwachen hat, solle auf diese Weise kaputtgemacht werden.

Bundespräsident Van der Bellen hat – eher ungewöhnlich – die Vorgänge "höchst ungewöhnlich und irritierend" genannt. Die Frage ist, ob auch Bundeskanzler Sebastian Kurz und die ÖVP das so empfinden. Schließlich haben sie das Innenministerium – und das Verteidigungsministerium – mit allen Geheimdiensten den Blauen überlassen. FPÖ-Politiker haben immer wieder Kontakte zur rechten Szene, gerade auch zu den Identitären.

Ob Sebastian Kurz das nun aus Desinteresse oder aus Kalkül zugelassen hat? Beides ist gleich schlecht. (Hans Rauscher, 13.3.2018)