Unnötige Operationen an Rücken oder Knie. Deutsche Spitäler werden zunehmend wie profitorientierte Unternehmen geführt. Diesen Schluss legt der Dokumentarfilm von Meike Hemschemeier nahe.

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Graz – In Graz fand von 7. bis zum 10. März die 19. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin (EbM) statt. Die EbM ist noch eine relativ junge wissenschaftliche Strömung, der es vor allem darum geht, patientenorientierte Entscheidungen auf der Basis von gesichertem, durch Studien nachgewiesenem Wissen zu treffen.

In Graz wurde nun auch der mit 2.000 Euro dotierte Journalistenpreis "Evidenzbasierte Medizin in den Medien" verliehen. Die Preisträgerin ist die Dokumentarfilmerin Meike Hemschemeier, die mit ihrem Beitrag "Operieren und kassieren. Ein Klinik-Datenkrimi" die Jury überzeugte. Der Beitrag entstand im Auftrag des WDR und wurde am 19.06.2017 in der ARD ausgestrahlt.

Kaiserschnitte, Kniegelenke und Rückenoperationen

Meike Hemschmeier zeigt in ihrer Doku, dass in Deutschland häufig allein der Wohnort darüber entscheidet, ob ein Patient operiert wird oder nicht. Sie hat dazu mit ihrem Team in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Heidelberger Instituts für Theoretische Studien Daten von 130 Millionen Krankenhausaufenthalten aus den vergangenen sieben Jahren analysiert.

Die wichtigsten Ergebnisse: In den alten Bundesländern werden deutlich mehr Kaiserschnitte gemacht als in den neuen Bundesländern. In Bayern werden wiederum überdurchschnittlich viele Kniegelenkprothesen eingebaut und in Osthessen dreimal so viel Menschen am Rücken operiert als im gesamten Bundesgebiet.

Das könne nicht mit medizinischer Notwendigkeit begründet werden, sondern zeige auf, wie unzureichend das Kontrollsystem von Behörden und Krankenkassen sei: "Selbst bei Verdacht auf unnötige und teure Operationen gibt es kaum Handlungsmöglichkeiten. Hemschemeiers Beitrag stellt schonungslos dar, dass Ärzte eingebunden sind in ein System von Fehlanreizen", heißt es in der Begründung der Jury.

Fokus auf Patientenwohl

In ihrer Laudatio hob die deutsche Gesundheitswissenschafterin Sylvia Sänger hervor, dass nicht Gewinnorientierung oder Fragen des Erhalts von Krankenhäusern die Motivation ärztlichen Handelns sein dürfe. Vielmehr müssten Entscheidungen in der medizinischen Versorgung auf der Grundlage des bestverfügbaren Wissens und der ärztlichen Expertise unter Berücksichtigung der Präferenzen der Patienten getroffen werden. (red, 13.3.2018)