Die Paradise Papers deckten Steuerflucht im großen Stil auf, die EU-Kommission reagierte mit schärferen Bestimmungen für Berater.

Foto: imago/Christian Ohde

Wien – Wenn die EU-Kommission aggressive Steuermodelle von Konzernen ins Visier nimmt, wird meist Beifall geklatscht. Doch der Teufel steckt oft im Detail. Die EU-Finanzminister sollen diesen Dienstag eine Regelung beschließen, nach der Steuerberater und Anwälte Steuervermeidungsmodelle den Behörden melden müssen.

Die betroffenen Berufe sehen dadurch die Verschwiegenheitspflichten in Gefahr. Klaus Hübner, Präsident der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, hält die aktuellen Pläne für überschießend. Weitere Eingriffe ins Berufsgeheimnis – er spricht schon erfolgte Einschränkungen im Zuge der Geldwäschebekämpfung an – lehnt Hübner ab.

Deutsche Sorgen

Auch in Deutschland gibt es Widerstand. Wie in Österreich wird befürchtet, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Berater und Mandant beeinträchtigt wird. Auf politischer Ebene wirft sich der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) für Anwälte und Steuerberater ins Zeug.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete vergangene Woche von einem Schreiben an das Finanzministerium, in dem Schäfer darauf hinweist, dass "die einzelnen Steuerpflichtigen anzeigepflichtig" werden sollen, wenn ihnen ein Berater eine attraktive Steuerkonstruktion unterbreite. "Das muss in jedem Fall verhindert werden", meint dazu Schäfer.

Folgen der Paradise Papers

Bereits vor einem Monat wurde bei einem Anwältekongress in Wien kritisch auf die Neuerungen hingewiesen. Rechtsberater müssten künftig ihre Mandanten verpfeifen, meinte der deutsche Experte Hans-Jürgen Hellwig, Nachsatz: "George Orwell lässt grüßen."

Der EU-Entwurf aus dem Juni des Vorjahres ist eine Reaktion auf die Paradise Papers, bei denen ein internationales Recherchenetzwerk zahlreiche Fälle großflächiger Steuervermeidung dokumentierte. Im Rahmen strengerer Transparenzvorschriften sollen deshalb Kunden bzw. Berater – neben Steuerberatern und Rechtsanwälten auch Banken oder Buchhalter – in gewissen Fällen Meldung erstatten müssen: wenn sie beispielsweise übermäßig Verluste zur Senkung der Steuerlast nützen, Sonderregelungen in Ländern beanspruchen, die gegen internationale Standards verstoßen, erfolgsabhängige Beratungsfees im Spiel sind oder Vermögenswerte oder Erlöse in mehreren Ländern abgeschrieben bzw. begünstigt werden.

Zentrale Datei geplant

Berater sind dann in der Pflicht, wenn eine steuerschonende Konstruktion grenzüberschreitend angeboten wird. Wenn es sich um eine außerhalb der EU ansässige Beratung handelt, müssen die Mandanten die Meldung machen, so die Pläne. Die Mitgliedstaaten sollen die auf den Angaben basierenden Daten dann über eine Zentralstelle automatisch austauschen, heißt es im Entwurf weiter. Dadurch würden die Regierungen frühzeitig vor neuen Risiken der Steuervermeidung gewarnt und könnten Maßnahmen gegen schädliche Vorgangsweisen ergreifen.

Offen bleibt, ob österreichische Anwälte oder Steuerberater überhaupt von der Regelung betroffen sein werden. Das zuständige Finanzministerium, das dem Entwurf am Dienstag zustimmen will, beruhigt. Das Berufsgeheimnis bleibe völlig unangetastet. Hübner betont: "Wir beraten in erster Linie die heimischen KMUs, hierzulande gibt es keine Steuervermeidungskonzerne wie in anderen europäischen Ländern." (as, 12.3.2018)