Nur wenig erhöht den Blutdruck österreichischer Geheimdienst-Mitarbeiter so rasch wie Artikel über deren Aktivitäten. Der Grund: die Sorge um ihr Image bei ihren ausländischen Partnern. Gilt ein Nachrichtendienst als "löchrig wie Schweizer Käse", überlegen sich seine Verbündeten zehnmal, ob sie ihr Wissen mit ihm teilen. Wissen, das etwa zur Bekämpfung des islamistischen Terrors und zur Spionageabwehr dringend gebraucht wird.

Dementsprechend ist das Vorgehen des Innenministeriums in der BVT-Affäre unverständlich und dilettantisch. Wenn die "Einsatzgruppe zur Bekämpfung von Straßenkriminalität" unter der Führung eines FPÖ-Lokalpolitikers eine Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung durchführt und delikates Datenmaterial beschlagnahmt wird, dann sind Schlagzeilen garantiert – und ausländische Geheimdienste verschreckt.

Kaum noch Informationen

Doch deutsche oder US-Dienste lieferten bereits vor der aktuellen Affäre kaum noch Informationen. Aus Sorge, diese könnten an die Öffentlichkeit geraten und so Informanten in Gefahr bringen. Dazu kommt, dass die drei österreichischen Dienste im Ausland besonders kritisch beäugt werden, seit sie unter der Kontrolle von FPÖ-Ministern stehen, deren Partei enge Kontakte nach Russland pflegt. Die Angst vor einer fünften Kolonne Moskaus ist groß.

Der ehemalige BVT-Chef Gert-René Polli sieht im BVT Korruption auf der einen Seite und Führungsmangel auf der anderen. Er beklagt im ZiB 24 -Interview ein "Netzwerk von Günstlingen". Seiner Einschätzung nach handelt es sich um den "vorläufigen Höhepunkt einer Vertrauenskrise der Zusammenarbeit europäischer Nachrichtendienste und darüber hinaus mit den heimischen Behörden". Polli erwähnte auch, dass die Chefs der österreichischen Nachrichtendienste nicht zu einer Versammlung "fast aller europäischen Dienste-Chefs" im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar eingeladen wurden.

Das freiheitliche Innenministerium hat Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in die Bredouille gebracht. Unmittelbar vor dem Start seines Leuchtturmprojekts, der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs, ist der Verfassungsschutz von wichtigen Informationen abgeschnitten und damit nur noch bedingt einsatzbereit. In Zeiten von IS-Terror und subversiven Aktivitäten des russischen Staates ist das besonders beunruhigend. (Markus Sulzbacher, 11.3.2018)