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Nachdem US-Präsident Donald Trump mit seinen Strafzöllen Ernst gemacht hat, erwägt die EU einen Gegenschlag. Die geschätzten Kosten im Handelsstreit sind überschaubar – noch.

Foto: AP / Olivier Matthys

Wien – Elfmal habe Donald Trump Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem Washington-Besuch im Vorjahr gefragt, ob er einen Handelsdeal mit Deutschland schließen könne. Jedes Mal habe die Bundeskanzlerin auf die Zuständigkeit Brüssels verwiesen. Die Bundesrepublik ist Trump ein Dorn im Auge, zumal sie für über 40 Prozent des Handelsdefizits der USA mit der EU verantwortlich ist. Mit Strafzöllen auf Stahl und Aluminium, die Trump am Donnerstag feierlich unterschrieben hat, nimmt der US-Präsident Vergeltungsmaßnahmen der gesamten EU in Kauf.

Nach aktuellem Stand treffen die Zölle trotz Kampfrhetorik aus dem Weißen Haus gegen Dumpingstahl aus China am härtesten europäische Produzenten. Zum einen gilt für den weitaus größeren Stahl- und Aluminiumlieferanten Kanada vorläufig eine Ausnahme. Zum anderen sind die Zölle zuungunsten der EU-Produzenten gewichtet, die sechsmal mehr Stahl (25 Prozent Zoll) als Aluminium (zehn Prozent Zoll) in die USA liefern.

Kalmieren und drohen

Europas Politiker reagierten auf die protektionistische Maßnahme mit Aufrufen zur Mäßigung, drohten aber gleichzeitig Gegenmaßnahmen an, sollte Trump nicht einlenken. "Keiner würde in einem solchen Wettlauf gewinnen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag und vermied bewusst das Wort Handelskrieg.

Auch Österreich sieht sich unfair behandelt, wie Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck im Gespräch mit dem STANDARD erklärt. Überkapazitäten bei Stahl und Aluminium, die Trump als Motiv für die Schutzzölle anführte, seien nicht von Europa verursacht, daher dürfen europäische Firmen auch nicht die Leidtragenden sein. Sollten die USA keine Ausnahme für die EU einführen, müsse man sich wehren, betont die Ministerin: "Auch Strafzölle sind dann angebracht."

Laut dem Vizepräsidenten der Kommission, Jyrki Katainen, sei die EU auf Gegenmaßnahmen vorbereitet, im schlimmsten Fall werde sie die USA vor der Welthandelsorganisation WTO klagen.

Regelrecht vergelten

Die EU steht vor der Frage, mit welchen Mitteln sie gegen die US-Strafzölle vorgehen soll. Einer WTO-Klage steht einmal nichts im Weg. Darüber hinaus hat die EU bereits eine Liste mit amerikanischen Produkten für mögliche Strafzölle erstellt. Darauf stehen etwa Jeans, Bourbon, Motorräder oder Erdnüsse. Das sind Peanuts, gemessen am gesamten Handelsvolumen.

Gemäß WTO-Regeln dürfen Vergeltungsmaßnahmen nicht höher als die entstandenen Verluste ausfallen. Im Fall der US-Stahl- und Aluminiumzölle rechnen Experten mit Kosten von gut zwei Milliarden Euro, wie eine Schätzung des Peterson Institute for International Economics (PIIE) zeigt. Tatsächlich machen die beiden Metallprodukte weniger als zwei Prozent des gesamten transatlantischen Güterhandels aus.

Kritischer ist die Frage, ob die EU sofort zuschlagen soll. Wie legal das ist, müsste ebenfalls die WTO entscheiden, erklärt Chad P. Bown vom PIIE. Die rechtliche Schlichtung zwischen ihren beiden größten Mitgliedern dürfte die Organisation ohnehin vor eine Zerreißprobe stellen und sich über Monate und Jahre ziehen.

Inzwischen sind erste Schäden bei heimischen Firmen bereits absehbar. Der Aluminiumhersteller Amag aus Ranshofen in Oberösterreich sieht einen Schaden im einstelligen Millionenbereich. Dabei sind wegen der Ausnahmeregelung die Geschäfte der kanadischen Tochter gar nicht berücksichtigt. Die Voestalpine prüft wegen der Strafzölle geplante Investitionen in den USA. Grundsätzlich sei das Unternehmen aber maximal mit drei Prozent seines Umsatzes betroffen, heißt es in einer Stellungnahme.

Die Voestalpine steht außerdem auch auf der anderen Seite des Schutzwalls. Zwei Drittel ihres US-Umsatzes stammen aus lokaler Produktion. Wirklich gefährlich ist für international agierende Konzerne eine Spirale aus Gegenmaßnahmen, wie sie sich derzeit abzeichnet. (Leopold Stefan, Jakob Pallinger, 9.3.2018)