US-Präsident Donald Trump unterzeichnete das Dekret für Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte am Donnerstag.

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Washington – Mit einem handelspolitischen Alleingang stellt sich US-Präsident Donald Trump erneut gegen große Teile der Welt: Strafzölle auf die Einfuhr von Stahl und Aluminium sollen die heimische Industrie schützen und ihm die Gunst der Arbeiterschaft sichern. "Ich verteidige heute Amerikas nationale Sicherheit, indem ich Importe von Stahl und Aluminium mit Zöllen belege", sagte Trump am Donnerstag. Auch die Verbündeten in Europa bleiben zunächst nicht verschont. Der Schritt ist national und international umstritten.

Trump stößt die Welt vor den Kopf.
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Katainen droht mit EU-Klage

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Jyrki Katainen, fordert Ausnahmen von den US-Strafzöllen für die EU. "Jeder weiß, dass wir enge Verbündete der USA bei Handel und Sicherheit sind", sagte er am Freitag. Die EU sei, wenn nötig, auf Gegenmaßnahmen vorbereitet, im schlimmsten Fall werde sie die USA vor der Welthandelsorganisation (WTO) klagen.

Das sei auch "die Basis für die derzeitige und künftige Zusammenarbeit" mit den USA, so Katainen. Jedenfalls müsse ein "Kollateralschaden" verhindert werden. Es sei derzeit "nicht kristallklar, wie eine potenzielle Ausnahme" aussehe. Die Kriterien lägen noch nicht vor. Die EU müsse jedenfalls "als Handelsblock" behandelt werden. "Wir können nicht akzeptieren, dass wir in verschiedene Kategorien geteilt werden."

Republikanischer Widerstand gegen Trumps Zölle

Unmittelbar nach Trumps Rede kündigte der republikanische Senator Jeff Flake an, einen Gesetzesantrag zur Aufhebung der Aluminium- und Stahlzölle einbringen zu wollen. Auch der republikanische Präsident des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, ging auf Konfrontationskurs: Er lehne pauschale Strafzölle ab, stattdessen solle es "zielgerichtete" Aktionen gegen das Stahldumping aus China geben. Strafzölle würden einen "großen Kollateralschaden" verursachen.

Bereits am Donnerstag versuchten 107 republikanische Abgeordnete des Repräsentantenhauses, Trump von seinen Strafzöllen abzubringen. Davor hatte schon der republikanische Senator Mitch McConnell Trump zur Zurückhaltung aufgefordert.

Harley-Davidson und Levi's auf EU-Liste

Mit nicht einmal drei Milliarden Euro sind die von einer möglichen Gegensanktionsliste der EU betroffenen amerikanischen Ausfuhren eher gering. Das entspricht in etwa einem Prozent der US-Exporte nach Europa.

Schmerzhaft können derartige Stiche dennoch sein – für einzelne Unternehmen wie Harley-Davidson und den Jeanshersteller Levi's ebenso wie für die Politik. Denn die EU-Kommission hat die potenziellen Sanktionskandidaten nicht nach rein wirtschaftlichen Kriterien ausgesucht. Erstaunlich viele Hersteller sind in Bundesstaaten beheimatet, aus denen prominente republikanische Politiker stammen. Harley-Davidson hat seinen Sitz in Ryans Heimat Wisconsin, sein Pendant im Senat, Mitch McConnell, kommt aus Kentucky, wo viele der auf der Sanktionsliste stehenden Bourbons wie Jim Beam und Four Roses gebrannt werden.

Voestalpine nur begrenzt betroffen

Der österreichische Stahlkonzern Voestalpine sieht sich von den US-Schutzzöllen kaum bedroht. Der Konzern erwirtschafte etwa zwei Drittel seiner US-Umsätze von rund 1,2 Milliarden Euro als lokaler Erzeuger vor Ort und sei daher größtenteils von den Maßnahmen nicht direkt berührt, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Inwieweit die übrigen Umsätze betroffen seien, werde noch geprüft. Auswirkungen könnten die US-Zölle aber nur auf etwa drei Prozent des Konzernumsatzes haben. Das wirtschaftliche Risiko sei damit selbst in einem Extremfall sehr überschaubar.

Der europäische Stahlverband Eurofer hingegen kritisierte die geplanten Maßnahmen scharf. Trumps Entscheidung sei "schädlich und kontraproduktiv" und könne zum Verlust zehntausender Arbeitsplätze in Europa führen, erklärte Eurofer am Freitag. Die europäischen Produzenten würden "erheblich unter dem Verlust eines ihrer wichtigsten Exportmärkte leiden".

Scharfe Kritik aus China

Auch China hat die Strafzölle scharf kritisiert. Sie seien ein schwerer Angriff auf die internationale Handelsordnung, schrieb das Handelsministerium am Freitag. China werde "wirksame Maßnahmen" ergreifen und seine Rechte und Interessen verteidigen. Die USA würden durch die Zölle nicht nur anderen Ländern, sondern auch sich selbst schaden.

Trumps Schritt war in aller Welt und auch in den USA selbst auf erhebliche Kritik gestoßen. Manager und Politiker befürchten, dass höhere Stahl- und Aluminiumpreise und Vergeltungsmaßnahmen aus dem Ausland der US-Wirtschaft höheren Schaden verursachen könnten, als die Zölle gutmachen.

Trump unterzeichnete die beiden Proklamationen am Donnerstag im Weißen Haus im Beisein von Stahlarbeitern. Demnach treten in zwei Wochen Zölle in Höhe von 25 Prozent auf eingeführten Stahl und von zehn Prozent auf Aluminium in Kraft – "sobald die Produkte unsere Grenze überschreiten", so Trump. "Wenn ihr Steuern vermeiden wollt, produziert in Amerika", rief er potenziellen Investoren zu.

Pressekonferenz von US-Präsident Donald Trump.
CNBC

"Wir müssen unsere Stahl- und Aluminiumindustrie ausbauen und schützen", begründete Trump die Maßnahme in einer Rede, umringt von Stahlarbeitern in Montur. Der Schutz der heimischen Stahl- und Aluminiumproduktion sei entscheidend für die nationale Sicherheit: "Wenn man keinen Stahl hat, hat man kein Land."

Zugleich richtete Trump einen Appell an Unternehmer aus aller Welt, in die USA zu kommen und dort zu produzieren. "Es wird keine Steuern auf Produkte in den USA geben", sagte er und stellte gleichzeitig weitere Maßnahmen zum Schutz der heimischen Wirtschaft in Aussicht. "Das ist erst der Anfang." An die Arbeiter gerichtet sagte er, dass sie in der Vergangenheit betrogen worden seien. "Dieser Verrat ist jetzt vorüber".

Trump kündigte an, "Spiegelsteuern" einführen zu wollen. Das heißt: gleiche Steuersätze für gleiche Produkte im gegenseitigen Warenverkehr. "Wenn wir ein Auto nach China liefern, zahlen wir 25 Prozent. Für ein chinesisches Auto, das zu uns kommt, verlangen wir 2,5 Prozent – das muss sich ändern", erklärte Trump. "Amerikanische Unternehmen werden nicht fair behandelt."

Kanada und Mexiko ausgenommen

Kanada und Mexiko seien für eine bestimmte Zeit von den Maßnahmen ausgenommen. Der Präsident beeilte sich auch, die Reichweite der Strafmaßnahmen zu relativieren. "Wir wollen nur Fairness", betonte er mit Blick auf das massive Handelsbilanzdefizit der USA. Die Zölle würden erst in 15 Tagen in Kraft treten. Außerdem würden die USA "Flexibilität" gegenüber befreundeten Staaten zeigen. Die USA seien bereit, die Strafzölle für einzelne Staaten zu ändern oder aufzuheben.

Trump stellte auch einen Zusammenhang zwischen den Strafzöllen und der Verteidigungspolitik her. Die Zollerleichterungen würden im Lichte der militärischen Beziehungen zu den einzelnen Ländern bewertet, sagte er. Mexiko und Kanada blieben ausgenommen, solange die Verhandlungen über eine Neuausrichtung des Freihandelsabkommens Nafta laufen. Er sei überzeugt, dass dabei ein Abkommen erreicht werden kann. Skeptisch zeigte sich Trump über Handelsverhandlungen mit China: "Ich weiß nicht, ob da etwas herauskommt." (red, APA, 9.3.2018)