Eine Umfrage ergab, dass 43 Prozent der Frauen noch nie eine Gehaltsverhandlung hatten. Die Bundesfrauenvorsitzende der GPA, Ilse Fetik, glaubt, das hat auch mit alten Rollenbildern zu tun.

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Wien – Wenn Frau eine Gehaltserhöhung will, muss sie mehr auf Eigeninitiative setzen. Das ergab eine repräsentative Umfrage (800 Befragte) des Ifes-Instituts im Auftrag der Gewerkschaft für Privatangestellte (GPA). "Frauen müssen sich auf die Hinterbeine stellen", sagte Georg Michenthaler, Projektleiter von Ifes.

Männer erhalten öfter (58 Prozent) als Frauen (50 Prozent) eine Erhöhung auf Vorschlag eines Vorgesetzten beziehungsweise der Geschäftsführung. Auf eigene Initiative passiert das bei 44 Prozent der Frauen und nur 39 Prozent der Männer. Michenthaler schließt daraus, dass Frauen und deren Leistungen weniger wahrgenommen werden.

43 Prozent haben noch nie verhandelt

Überhaupt noch nie haben 43 Prozent der Frauen eine Gehaltsverhandlung (33 Prozent Männer) geführt. Hauptgrund dafür sind fixe Gehaltsschemata und die Tatsache, dass Frauen öfter in Branchen mit ebensolchen tätig sind.

Mangelnden Mut oder fehlende Unterstützung geben doppelt so viele Frauen wie Männer an (20 zu elf Prozent). Darum hat die GPA die Aktionswoche Mach dich stark gestartet, für die Broschüren mit Tipps erarbeitet wurden. Für die Bundesfrauenvorsitzende Ilse Fetik werden Männer noch immer als "Ernährertypen" gesehen und Frauen "lediglich als Zuverdienerinnen".

Mehr Männer werden über dem Mindestlohn bezahlt

Als signifikant bezeichnet der Projektleiter, dass 48 Prozent der Frauen angeben, nicht über dem Kollektivvertragsniveau bezahlt zu werden – aber nur 36 Prozent der Männer. Doch bereits bei Berufseintritt werden Unterschiede und ein "Gehaltsknick" bei Frauen deutlich. So hatten 36 Prozent der Männer einen Verhandlungsspielraum für das Erstgehalt. Drei Viertel der Frauen haben ein feststehendes Angebot bekommen. Einen weiteren Einbruch gebe es nach der Karenz, so Fetik.

Gefordert sieht man auch den Gesetzgeber. Derzeit werden nur in einigen Kollektivverträgen Karenzzeiten bei der Berechnung von zusätzlichen Urlaubsansprüchen, Jubiläumsgeldern oder erweiterten Kündigungsfristen angerechnet. Hier brauch es allgemeine rechtliche Vorgaben.

Mehr Transparenz

Übersichten über Durchschnittsgehälter in bestimmten Branchen halten 40 Prozent der Befragten für nützlich. GPA-Chef und zukünftiger ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian schlägt vor, dass Unternehmen bei Bewerbungsgesprächen eine anonymisierte Liste der betrieblichen Gehälter im ausgeschriebenen Bereich vorlegen sollen.

Fehlende Sanktionen für Unternehmen ein "Witz"

In frauenpolitischer Hinsicht enthält das Regierungsprogramm für die Frauenvorsitzende nur Lippenbekenntnisse und Adressierungen an die Sozialpartner, sich darum zu kümmern. Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) hätte zwar eine Evaluierung der Einkommensberichte vor, Katzian bemängelt aber die fehlende gesetzliche Verankerung dafür. Diese wäre von der Wirtschaft bisher verhindert worden. Die fehlenden Sanktionen für Unternehmen, die keine Berichte vorlegen, nennt er einen Witz. Außerdem hält Katzian mit Verweis auf Deutschland eine Diskussion über ein Lohntransparenzgesetz in Österreich für notwendig.

Zur Schließung der Lohnschere brauche es aber eine gesellschaftspolitische Debatte über die Bewertung von Arbeit. "Das Bild, in dem bezahlte Arbeit von Männern und unbezahlte von Frauen verrichtet wird, muss aufgebrochen werden", so Katzian. Er warnt auch vor der dramatischen Zunahme der Teilzeitarbeit und der daraus resultierenden Altersarmut und Abhängigkeit. So bestehe der Beschäftigtenzuwachs in einem hohen Maß aus Teilzeitbeschäftigten. (Verena Richter, 7.3.2018)