Ein Legetrickfilm als Aufarbeitung der Russischen Revolution: Sinaida Hippius in ihrer Wohnung in St. Petersburg ("1917 – Der wahre Oktober").


Foto: Katrin-Rothe-Filmproduktion

Wien – Maxim Gorki vergießt eine Träne, Wladimir Majakowski eilt Richtung Gefecht, und Sinaida Hippius wandelt in ihrem Salon von Fenster zu Fenster, während auf den Straßen Sankt Petersburgs Geschichte gemacht wird. Die Februarrevolution beendete 1917 die Zarenherrschaft in Russland, acht Monate später führte die Oktoberrevolution zur Machtübernahme der Bolschewiki.

Um einen unverfälschten Blick auf diesen Wendepunkt des 20. Jahrhunderts zu erhalten, lässt Katrin Rothe in ihrem Legetrickfilm 1917 – Der wahre Oktober Künstler als Zeugen auftreten. Neben Gorki, Majakowski und Hippius gleiten auch noch Alexander Benois und Kasimir Malewitsch als Pappkameraden aus Büchern, die Rothe für ihre Recherche studiert hat. Auch die Regisseurin selbst schafft es immer wieder auf die Bild- und Tonspur, um sichtbar zu machen, wie unmöglich es letztlich ist, aus dieser Vielzahl an Stimmen eine einheitliche Geschichte zu formen. Letztlich reüssiert der in mühevoller Kleinarbeit und mit einem Team an Animatoren fertiggestellte Film darin zu zeigen, wie unterschiedlich Menschen in Krisensituationen agieren.

Tricky Women

Beim Tricky-Women-Festival, das sich von 7. bis 11. März im Wiener Metrokino einmal mehr dem unabhängigen Trickfilm von Frauen widmet, nimmt das abendfüllende 1917 eine Sonderstellung im traditionell von Kurzfilmen geprägten Programm ein, ist im dortigen Schwerpunkt zu politischen und dokumentarischen Arbeiten aber bestens aufgehoben. In diesem Rahmen wird Rothe u. a. neben Betina Kuntzsch und Lauren Orme ihren Teil zu einer Ausstellung in der Kro-Art-Galerie beisteuern. Kuntzsch komprimiert in Halmaspiel das Leben ihrer Mutter auf eine Viertelstunde und bringt so die exemplarische Vita einer Frau in NS-Diktatur, DDR und Wendedeutschland zur Entfaltung. Die Waliserin Orme bereichert das Festival mit A Bird in a Cage, einem Porträt der Frauenrechtlerin Margaret Mackworth.

Jene, die es vordergründig bevorzugen, seien entwarnt: Blunzenfette Dachse und lüsterne Tiger bekommen ebenfalls ihren Auftritt. (Dorian Waller, 6.3.2018)