Lang dauerte es, bis sie standen: zweisprachige Ortstafeln. Wie für die Rechte der Kärntner Slowenen kämpfen? Darüber herrscht Streit.

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Klagenfurt – Die Plastiktischdecke ist mit grünem Gras bedruckt, darauf eine Vase mit gelben Stoffblumen: Ostern ist näher als Weihnachten. Noch näher ist die Kärntner Landtagswahl. Die Wahl? "Interessiert mich nicht", brummt der ansonsten freundliche Wirt im Wirtshaus Pri Lipi (Zur Linde) in Bajdiše/Waidisch südlich von Klagenfurt. Auch die wenigen Gäste unterhalten sich lieber über den Brennwert von Heizmaterial als über Politik. Wählen gehe sie schon, sagt die einzige Frau am Stammtisch, dämpft eine Zigarette aus und zündet sich die nächste an, "aber darüber reden? Nein."

Alte Risse

Wie so oft in Kärnten verdrängt die Angst, eine Diskussion könnte einen Spalt in die gesellige Runde treiben, das auch schwelende Bedürfnis, sich einmal so richtig auszukotzen über die da oben. Aber hier, bei den Slowenischsprachigen in Südkärnten, hat das Schweigen auch einen aktuellen Anlass: Seit ihre politische Spitze sich im Dezember mit den Neos zusammengetan hat, geht ein alter Riss wieder auf.

"Da passiert gerade eine politische Spaltung", sagt Olga Voglauer, Fraktionsvorsitzende der slowenischen Einheitsliste/ Enotna Lista (EL) in Ludmannsdorf/Bilcovs. Während andere Parteien ihre üblichen Grabenkämpfe für die Zeit des Wahlkampfs beiseitelegen, um alles dem gemeinsamen Ziel Stimmenmaximierung unterzuordnen, sehen die Verhältnisse bei der Einheitsliste anders aus: Die EL kandidiert nicht auf Landesebene, die Volksgruppe ist zu klein, um genügend Stimmen für ein Grundmandat aufzubringen. Daher ging man bei früheren Wahlen öfter Allianzen mit etablierteren Parteien ein: den Liberalen, den Grünen. Auch das war nicht immer allen recht.

Neos als Tragflügel

Doch diesmal ist es ernster. Bei der Wahl am Sonntag sollten die Neos als Tragflügel für den Einzug im Landtag dienen, beschloss EL-Vorsitzender Gabriel Hribar im vergangenen Herbst. Doch da hatte er die Rechnung ohne die weitversprengten Gemeindefraktionen gemacht. Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung stimmte die Mehrheit der Anwesenden gegen eine Allianz mit der pinken Liste. Seither ist das Wahlbündnis quasi Privatsache Hribars und einiger anderer EL-Funktionäre, die sich mit einer Handvoll deutschsprachiger Quereinsteiger und Gemeindepolitiker zur Wahlplattform "Mein Südkärnten – Moja Juzna Koroska" zusammengeschlossen haben. Der Streit ist damit aber noch lange nicht beigelegt.

Dabei sieht offiziell alles ganz friedlich aus. Medien berichteten über ein gemeinsames Antreten der Neos mit Moja Juzna Koroska, und immer wieder hieß es, auch die EL sei Teil der Plattform. Ganz so, als hätte es den Beschluss der Delegierten nicht gegeben. Auch von der EL folgte keine klare Distanzierung. Für Unbeteiligte sah es also ganz danach aus, als hätten die Kärntner Slowenen bei den Neos eine neue Heimat gefunden.

Abstimmung verlangt

Warum man sich nie öffentlich von dem Neos-Bündnis abgrenzte? "Wir wollten nicht, dass es dann wieder heißt, wir streiten nur", sagt Olga Voglauer. Die Biobäuerin ist eine der schärfsten Kritikerinnen Hribars. Auf der Mitgliederversammlung warf sie dem Obmann vor, die Basis hintergangen zu haben und mit den Neos gemeinsame Sache zu machen, ohne zuvor die Zustimmung der Landesversammlung eingeholt zu haben. Dem widerspricht Hribar auf STANDARD-Anfrage: "Blödsinn" sei das. In der Basis habe nämlich schon vorher ein Konsens darüber geherrscht, dass man diesmal an gar keiner Partei andocken wolle. Deshalb, so Hribar, war eine Abstimmung über die pinke Allianz "nicht notwendig". Dass es sie – auf Drängen Voglauers – dann doch gab, sei dennoch "gut so", meint Hribar: "Es wurden gewisse Sachen klargestellt."

Zum Beispiel die Finanzen. Von der EL fließt kein Cent in den Wahlkampf der Neos. Einige Kritiker Hribars kandidieren mittlerweile auf grünen Listen. Auch Voglauer, die sich auf der Mitgliederversammlung eigentlich für ein selbstständiges Antreten der EL starkgemacht hatte. Nicht um in den Landtag einzuziehen, wie sie erklärt, sondern um als Volksgruppe sichtbar zu sein. "Ein starkes Zeichen" wäre das gewesen. Dass sie nun doch auf einer Wahlkreisliste der Grünen antritt, erklärt Voglauer als Akt der Solidarität mit der stark geschwächten Partei. Sollten die Grünen an der Einzugshürde scheitern, dann würde das nämlich "einen starken Rechtsruck" im Landtag bringen – und ein solcher sei für die Kärntner Slowenen schon immer fatal gewesen.

Was in den Köpfen noch drin ist

Der aktuelle Zwist ist auch ein Richtungsstreit: Da ist einerseits die Fraktion rund um Hribar. Sie will in die Breite gehen, will auch deutschsprachige Kärntner ins Boot holen – darum die Gründung der Plattform mit dem neutralen Namen "Mein Südkärnten": Als Einheitsliste deutschsprachige Mitglieder anzuwerben hätte nicht funktioniert, so Hribar. "Die EL hat bei manchen den Hauch eines nationalistischen Images. Stimmt zwar nicht, ist aber in manchen Köpfen halt noch drin."

Die andere Fraktion sieht sich als Interessenvertretung der Volksgruppe. Eine solche sei auch dringend notwendig, sagt Voglauer: Für viele Initiativen, etwa zweisprachige Kindergruppen, gebe es immer weniger Geld.

Dass slowenische Projekte mehr Förderung brauchen, sieht auch Hribar so. Er glaubt daran, Anliegen wie diese im Landtag vertreten zu können, wenn die Neos den Einzug schaffen. Dass er das als EL-Obmann tun wird, ist fraglich: Auf der nächsten EL-Versammlung nach der Wahl werde man Hribar zum Rücktritt auffordern, sagt ein Kritiker. Und auch Voglauer meint: "Die Spaltung ist noch länger nicht vorbei." (REPORTAGE: Maria Sterkl, 3.3.2018)