Wien – Innerhalb einer Woche hat ein 55-Jähriger im vergangenen Sommer zehn Personen in mehreren Wiener U-Bahn-Stationen attackiert und zum Teil erheblich verletzt. Am Freitag wurde der 15-mal Vorbestrafte vom Landesgericht wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Zudem wies ein Schöffensenat den Pensionisten in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ein. "Sie sind eine Gefahr für andere Menschen. Wenn da einer unglücklich stürzt, ist er tot", erklärte die Vorsitzende Richterin Minou Aigner. Einem Gutachten des Gerichtspsychiaters Peter Hoffmann zufolge leidet der Mann an einer paranoiden Schizophrenie, die möglicherweise auf den jahrzehntelangen Konsum von harten Drogen zurückzuführen ist.

Angeklagter akzeptiert Urteil

Hoffmann stufte den Mann zwar grundsätzlich als zurechnungs- und damit auch schuldfähig ein, bezeichnete ihn aber als derart gefährlich, dass ohne entsprechende Behandlung nach einer Entlassung weiterhin mit Straftaten mit schweren Folgen gerechnet werden muss. Im Maßnahmenvollzug sind haftbegleitende Therapien gesetzlich gewährleistet.

Nach Rücksprache mit Verteidigerin Sonja Scheed akzeptierte der Mann die Entscheidung, Staatsanwalt Bernhard Mascha verzichtete auf Rechtsmittel. Das Urteil ist somit rechtskräftig.

Der Angeklagte war nach einer Verurteilung zu einer längeren Freiheitsstrafe bis 2014 im Maßnahmenvollzug untergebracht und wurde dann bedingt entlassen. Diese Entlassung auf Probe wurde nicht widerrufen, obwohl er danach zweimal wegen kleinerer Vergehen wieder gerichtlich abgeurteilt wurde.

Mehrere Personen verletzt

Der Mann hatte am 19. August in einer U-Bahn-Station einem Mann und einer Frau ohne ersichtlichen Grund Fußtritte versetzt. Am 22. August verabreichte er einem Mädchen, das auf dem Bahnsteig die U-Bahn wartete, Schläge und Tritte, die Schülerin erlitt einen Nasenbeinbruch. Sekunden später, nachdem die U-Bahn eingefahren war, ohrfeigte er einen Mann, der die Garnitur verließ. Am 24. August trat er in der Station Karlsplatz auf einer Rolltreppe einer 68-Jährigen mit voller Wucht in den Rücken. Die Frau stürzte und fiel mehrere Meter die Rolltreppe hinab, sie erlitt einen Oberarmbruch und einen Abriss des Oberarmhöckers.

Am 25. August schlug er auf weitere fünf Personen ein. Einer Frau riss dabei das Trommelfell, ein Mann ging nach einem Faustschlag ins Gesicht zu Boden. Am selben Tag konnte der Mann festgenommen werden. Sämtliche Betroffene, die vom Gericht als Zeugen gehört wurden, erkannten im Angeklagten den Täter wieder. Er wurde darüber hinaus von Bildmaterial aus Überwachungskameras belastet.

Wollte selbst in Psychiatrie

Wie Verteidigerin Sonja Scheed betonte, hatte sich der psychisch kranke, aber laut Gutachten zurechnungsfähige Mann vor der Gewalt-Serie in ein psychiatrisches Krankenhaus begeben: "Er hat gebettelt, dass er aufgenommen wird. Er hat nämlich befürchtet, dass etwas passiert."

Eigenen Angaben zufolge fühlt sich der 55-Jährige seit 2004 nicht gesund. "Da haben sich Stimmen in meinem Kopf eingestellt", verriet er dem Schöffensenat. Er bekäme "ziemlich intellektuelle Sachen" zu hören, "wo ich ziemlich erstaunt bin, was da so aus meinem Unterbewusstsein kommt". Auf Ersuchen von Richterin Minou Aigner, das näher auszuführen, meinte der Angeklagte zunächst: "Das ist zu hoch." Dann bezog er sich auf "technische Baupläne" und "chemische Formeln", schränkte aber zugleich ein: "In meinen schlechteren Zeiten habe ich auch Alltagsgespräche mit mir selber geführt."

Im vergangenen Sommer hätte ihn der Verlust seiner Unterkunft aufgeregt. Das hätte ihn zu den angeklagten Taten "getrieben", erläuterte der Mann: "Ich habe meine Wut und meine Aggression wochenlang zurückhalten können. Aber an manchen Stellen ist es mir nicht mehr gelungen." Das Spital, das er aufgesucht hatte, musste er nach einem Tag wieder verlassen. Er war verbotenerweise beim Rauchen in seinem Zimmer erwischt worden.

Die gewalttätigen Angriffe verharmloste der Mann. Der Frau, der er mit einem Schlag ins Gesicht einen Trommelfellriss zufügte, hätte er "einen leichten Klaps auf den Hinterkopf" versetzt, weil diese ihn "geschnitten" habe. Faustschläge ins Gesicht habe es nie gegeben: "Das stimmt nicht. Ich hab' nur meine Anwesenheit sozusagen ein bisschen übertrieben." Der Tritt auf der Rolltreppe, bei dem sich die Betroffene schwer verletzt, werde ihm fälschlicherweise zugeschrieben: "Ich war nicht dort. Wenn ich eine Frau trete, schaut die ein bisserl schlimmer aus." (APA, red, 2.3.2018)