Reinraum im Infineon-Werk in Villach. Rund um den Halbleiterkonzern hat sich ein Netzwerk aus IT-Spin-offs entwickelt.

Foto: Infineon / Henry Welisch

Klagenfurt – Ein Blick auf statistisches Material der Kärntner Wirtschaft überrascht: Das von außen als pure Tourismusdestination wahrgenommene Bundesland hat in seiner ökonomischen Substanz eigentlich ganz andere Fundamente: die Industrie, die IT-Branche, den produzierenden Sektor.

Hochgerechnet liegt der gesamte volkswirtschaftliche Effekt der Kärntner Industrie samt den mit ihr zusammenhängenden Dienstleistungsbranchen bei 54 Prozent der regionalen Bruttowertschöpfung. Das heißt: Mehr als die Hälfte der Wertschöpfung und knapp die Hälfte der Beschäftigten des Bundeslands kommen aus dem Produktionssektor.

Der Tourismusanteil, wofür Kärnten eigentlich bekannt ist, macht lediglich 6,5 Prozent aus – inklusive der erweiterten Freizeitwirtschaft sind es 15 Prozent.

"Die Chancen des Bundeslandes liegen eindeutig im Bereich der Industrie und Innovation. Da tut sich Gewaltiges", sagt der Sprecher der Kärntner Industriellenvereinigung, Gilbert Waldner.

Rund um den Halbleiterkonzern Infineon in Villach habe sich in den letzten Jahren eine Elektronik-Kompetenzregion entwickelt, die in die Steiermark und nach Oberösterreich ausstrahle. Stichwort: "Silicon Austria – Silicon Alps". Die Zuwachsraten seien "hoch erfreulich", auch die F&E-Quote ziehe deutlich an, sagt Waldner. "Die wirtschaftliche Situation in Kärnten ist wirklich überraschend gut", sagt auch Arbeiterkammerpräsident Günther Goach im Gespräch mit dem Standard. Vor allem der Hochtechnologiebereich rund um Infineon mache optimistisch, bestätigt Goach.

Allein im Umfeld des Konzerns seien in den letzten Jahren 82 Spin-offs mit neuen, hochqualifizierten Arbeitsplätzen entstanden.

Allein: Die allgemeine Arbeitslosigkeit im Land mache nach wie vor Sorgen, sie sei nach Wien die zweithöchste im Bundesgebiet. Die Stimmung bessere sich zwar langsam, aber der Altersbereich der 50 plus bleibe der ganz große Problembereich.

Und auch die Abwanderung aus dem Bundesland in die größeren Städte wie Graz oder Wien bereite Kopfzerbrechen. Vor allem auch, weil Kärnten momentan über die höchste Quote an Maturanten und Maturantinnen verfüge, die aber zum Großteil nicht in Kärnten gehalten werden könnten und für das Studium wegzögen.

"Dabei bräuchten wir dringend qualifizierte Arbeitskräfte. Weil eben auch die Industrie boomt", sagt Waldner.

Das Land kann hier nur marginal Hilfe anbieten. "Es fehlt natürlich an Budgetmitteln. Wenn wir nur einen Teil der jährlich zu zahlenden 40 Millionen wegen des Hypodesasters hätten, kämen wir schon weit", sagt Goach. Aber er sei zumindest "froh, dass die Zeit der Brot und Spiele und der Druck, der in den Haiderjahren geherrscht hat, nun vorbei ist". (Walter Müller, 2.3.2018)